Adam und Mysterium coniunctionis: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Adam
'''Keyword:''' Mysterium coniunctionis


'''Links:''' [[Adam]], Kadmon, [[Christentum]], [[Christus]], [[Eva]]
'''Links:''' [[Anima]], [[Animus]], [[Alchemie]], [[Bindung]], [[Eros-Prinzip]], [[Mandala]], [[Mystik]], [[Mystos-Prinzip]], [[Mysterium]], [[Opus magnum]], [[Polarität]], [[Selbst]], [[Stein der Weisen]], [[Unus mundus]]


'''Definition:''' Adam, gemäß dem biblischen Schöpfungsbericht Inbegriff des Menschen, der seine Existenz einem doppelten Ursprung verdankt.
'''Definition:''' Mysterium coniunctionis (lat.: Vereinigung, das Geheimnis der Gegensatzvereinigung) bezeichnet den Prozess und auch den Zustand, in dem etwas Getrenntes, voneinander Unterschiedenes - primär das männliche und das weibliche Prinzip - miteinander vereinigt werden bzw. sind.


'''Information:''' Einerseits ist er "der von der Erde Genommene" (hebr. adamah); dies begründet seine Gemeinsamkeit mit der gesamten Schöpfung, aber auch deren Vergänglichkeit. Andererseits verkörpert er das Ebenbild Gottes. Nach der einen Quelle, der sogenannten Priesterschrift Genesis 1, 26 – 30, stellt Adam die Krönung des Sechstagewerks dar. Daraus wird seine Gottähnlichkeit (nicht Göttlichkeit!) abgeleitet.
'''Information:''' Der Begriff, der in der Sprache des [[Mythos]] wie der [[Mystik]] seinen festen Platz hat und die gottmenschliche Einheit (unio mystica) symbolisiert, hat in der [[Alchemie]] einen spezifischen Ausdruck gefunden. In der Alchemie geht es darum, auf der materiellen Ebene Prozesse der Analyse und Synthese ("solve et coagula" - löse und verbinde) durchzuführen, um das gesuchte hochwertige Produkt, z. B. [[Gold]] oder das Lebenselixier als "Quintessenz" der Vereinigung der zuvor getrennten Elemente zu gewinnen. In jedem Fall handelt sich um die Schaffung einer neuen Qualität. Diese kann sich z. B. in der Gestalt des Homunkulus bzw. des [[Kind]]es, vor allem aber in der des "Steins der Weisen" (lapis philosophorum) manifestieren.


'''Interpretation:''' Adam ist der Repräsentant der Menschheit. Insofern ist jeder Mensch, Mann wie Frau Adam. Sie haben an seinem Sein wie an seinem Schicksal teil. Die grundlegende Bedeutung Adams tritt auch in der außerbiblischen Literatur der Religionsgeschichte in Erscheinung, etwa im Mandäismus, Manichäismus, im Koran (z. B. Sure 2, 30 ff; 7, 1 ff.). Jüdische und christliche Momente vermengen sich mit einer vielgestaltigen z. T. gnostisch gefärbten Adamüberlieferung. Er ist Sohn bzw. Tochter des göttlichen Vaters und unterliegt damit der daraus sich ergebenden Ordnung, d. h. einer seinem Schöpfer gegenüber unverbrüchlichen Gehorsamspflicht, deren Nichteinhaltung im Sündenfall, dem Ungehorsamsakt des Sündigens, den Bruch zwischen Gott und Mensch verursacht. Nach christlicher Deutung vermag der Mensch diesen Unheilszustand nicht aus eigener Kraft aufzuheben. Er bedarf eines Heilands oder Erlösers, der ihn in Gestalt Jesu Christi durch dessen Leiden und Sterben in den Ursprungszustand zurückführt und die unmittelbare Gottesnähe wieder herstellt.
'''Interpretation:''' Indem C. G. Jung die Bildsprache der Alchemie für das Verstehen innerseelischer Wandlungs- und Werdevorgänge fruchtbar machte, verweist er auf den archetypischen Charakter, der mit der Gegensatzvereinigung verbunden ist. Sie stellt sich dar in der schöpferischen Wechselbeziehung des Bewussten und des Unbewussten. Und nachdem Gegensätze ([[Polarität]]) aus dem seelischen Leben nicht wegzudenken sind, tritt das Motiv wiederholt in Träumen auf, bei denen die Zusammenfügung des Lichten und des Dunklen thematisiert ist. Auffällig ist die hierbei sich ergebende starke Faszinationskraft. Jung, der in der C. den Archetypus des psychischen Geschehens erblickte, der entweder positiv oder negativ gepolt sein kann, widersprach Freud, wenn dieser für die "Verdrängung des Gegensatzes" eintrat, weil dadurch die Ausdehnung eines Konflikts, z. B. der Neurose, bewirkt werde. Deshalb konfrontiere die Therapie die Gegensätze und ziele so auf eine dauernde Vereinigung derselben hin. Dies ergebe sich bereits aufgrund der seelischen Beschaffenheit."Die Struktur der Psyche ist in der Tat dermaßen kontradiktorisch oder kontrapunktisch, dass es wohl keine psychologische Feststellung oder keinen allgemeinen Satz gibt, zu dem man nicht sofort auch das Gegenteil behaupten müsste" (Jung, GW 16, §177 f).


Das Neue Testament (Römerbrief 5, 12 ff.) bezeichnet Christus als den "zweiten Adam" und den neuen Menschen, durch dessen Heilstat der erste Mensch, mit ihm die gesamte Menschheit – einst wie heute – erneuert worden sei. Es komme nun darauf an, dass der Einzelne dieser objektiven Tatsache im Glaubensakt seine subjektive Antwort gebe. Das habe für die Allgemeinheit unter dem Symbol der Taufe als sakramentaler Vollzug, in der Mystik durch den inneren Akt einer Wiedergeburt (im Sinne von Johannes 3, 3), d. h. einer spirituellen Erneuerung zu geschehen.
'''Literatur:''' Standard
 
Die traditionelle Theologie in Judentum und Christentum betont die geschlechtliche Polarität des Menschen, die in Adam in Gestalt der Eva als Stammmutter der Menschheit veranlagt sei. Die gnostische bzw. mystische und theosophische Tradition in Judentum und Christentum setzt einen anderen Akzent, indem sie von der androgynen, d. h. von der männlich-weiblichen Ursprungsgestalt Adams spricht.
 
Der protestantische Theosoph Jakob Böhme (1575 – 1624) hebt darauf ab, indem er betont: So wie Christus das gefallene Menschenbild durch seinen Tod von neuem erhoben hat, so komme es darauf an, daß der Einzelne durch den Akt der Wiedergeburt seine verlorene männlich-weibliche Ganzheit wieder erlange.
 
"Als Christus am Kreuz unser jungfrauliches (d. h. geschlechtlich undifferenziertes) Bild wieder erlöste vom Manne und Weibe und mit seinem himmlischen Blute in göttlicher Liebe tingierte, als er dies vollbracht hatte, so sprach er: Es ist vollbracht [ [...] ] " (Mysterium magnum, Kap. 19, 7). Dieser laut N. Berdjajew (in: Bestimmung des Menschen) "einzige große anthropologische Mythus" vom Androgynen wurde unter Einbezug kabbalistischer Vorstellungen in der neueren Geistesgeschichte weiterentwickelt, z. B. bei Vertretern der Böhme-Schule, etwa Gichtel, Arnold, Swedenborg, Oetinger, Saint-Martin, Fr. von Baader u. a.
 
'''Literatur:''' Benz (1955), Betz (1977), Wehr (1986)


'''Autor:''' Wehr, Gerhard
'''Autor:''' Wehr, Gerhard

Version vom 6. Dezember 2011, 14:18 Uhr

Keyword: Mysterium coniunctionis

Links: Anima, Animus, Alchemie, Bindung, Eros-Prinzip, Mandala, Mystik, Mystos-Prinzip, Mysterium, Opus magnum, Polarität, Selbst, Stein der Weisen, Unus mundus

Definition: Mysterium coniunctionis (lat.: Vereinigung, das Geheimnis der Gegensatzvereinigung) bezeichnet den Prozess und auch den Zustand, in dem etwas Getrenntes, voneinander Unterschiedenes - primär das männliche und das weibliche Prinzip - miteinander vereinigt werden bzw. sind.

Information: Der Begriff, der in der Sprache des Mythos wie der Mystik seinen festen Platz hat und die gottmenschliche Einheit (unio mystica) symbolisiert, hat in der Alchemie einen spezifischen Ausdruck gefunden. In der Alchemie geht es darum, auf der materiellen Ebene Prozesse der Analyse und Synthese ("solve et coagula" - löse und verbinde) durchzuführen, um das gesuchte hochwertige Produkt, z. B. Gold oder das Lebenselixier als "Quintessenz" der Vereinigung der zuvor getrennten Elemente zu gewinnen. In jedem Fall handelt sich um die Schaffung einer neuen Qualität. Diese kann sich z. B. in der Gestalt des Homunkulus bzw. des Kindes, vor allem aber in der des "Steins der Weisen" (lapis philosophorum) manifestieren.

Interpretation: Indem C. G. Jung die Bildsprache der Alchemie für das Verstehen innerseelischer Wandlungs- und Werdevorgänge fruchtbar machte, verweist er auf den archetypischen Charakter, der mit der Gegensatzvereinigung verbunden ist. Sie stellt sich dar in der schöpferischen Wechselbeziehung des Bewussten und des Unbewussten. Und nachdem Gegensätze (Polarität) aus dem seelischen Leben nicht wegzudenken sind, tritt das Motiv wiederholt in Träumen auf, bei denen die Zusammenfügung des Lichten und des Dunklen thematisiert ist. Auffällig ist die hierbei sich ergebende starke Faszinationskraft. Jung, der in der C. den Archetypus des psychischen Geschehens erblickte, der entweder positiv oder negativ gepolt sein kann, widersprach Freud, wenn dieser für die "Verdrängung des Gegensatzes" eintrat, weil dadurch die Ausdehnung eines Konflikts, z. B. der Neurose, bewirkt werde. Deshalb konfrontiere die Therapie die Gegensätze und ziele so auf eine dauernde Vereinigung derselben hin. Dies ergebe sich bereits aufgrund der seelischen Beschaffenheit."Die Struktur der Psyche ist in der Tat dermaßen kontradiktorisch oder kontrapunktisch, dass es wohl keine psychologische Feststellung oder keinen allgemeinen Satz gibt, zu dem man nicht sofort auch das Gegenteil behaupten müsste" (Jung, GW 16, §177 f).

Literatur: Standard

Autor: Wehr, Gerhard