Apokalypse

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Keyword: Apokalypse

Links: Antichrist, Engel

Definition: Apokalype (griech. apo: weg; griech. kalyptein: verhüllen, bedecken, verbergen, verheimlichen) bedeutet Enthüllung, Entdeckung, Offenbarung und ist die Vision vom Ende der gegenwärtigen Welt und ihrer Verwandlung in eine neue Welt.

Information: Im Christentum bezeichnet Apokalypse das letzte Buch der Bibel: die Offenbarung des Johannes. In drastischen Bildern wird das kurz bevorstehende Ende dieser Welt, das Endgericht ("Und die Toten wurden gerichtet aufgrund dessen, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken", Off. 20, 12) und das darauf folgende Gottesreich geschildert. Endzeitankündigungen von Jesus vor der Passion sind aber auch in den anderen Evangelien aufgenommen, tauchen auch im Alten Testament bei verschiedenen Propheten auf. Mythologische Vorläufer gibt es z. B. im babylonischen Gilgameschepos, der persische Zoroastrismus geht von der Idee eines Endkampfes zwischen "Gut und Böse" oder "Licht und Finsternis aus.

Während Moses nach der Begegnung mit Gott auf dem Sinai und der Offenbarung der Gesetze sein Antlitz verbirgt (2. Mose 34, 29 ff.), verstehen die frühen Christen die Apokalypse als Freiheit und Erlösung: "Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit! In ihm schauen wir die Herrlichkeit Gottes unverschleiert" (2. Kor. 3, 17 f.).

Diesen Wandel von der Gebundenheit an die Gesetzesbuchstaben durch die Auferstehung wird als Umbruch von Äonen verstanden. Die Messiasgläubigen warteten auf die nahe Erfüllung der Verheißung: "Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; der erste Himmel und die erste Erde sind verschwunden, und die Urflut ist nicht mehr [...] Und der auf dem Throne saß, sprach: Siehe:, ich mache alles neu" (Off. 21).

Die Erwartung der Apokalypse und das damit verbundene Endgericht spielte auch in den zwei Jahrtausenden nach Christus immer wieder eine Rolle und wurden von Kunst und Literatur gestaltet (Dürer: Die apokalyptischen Reiter; Dante: Die göttliche Komödie). Im 20. Jh. greift der Film "Apocalypse now" (Francis Coppola, 1979) das Thema anhand des Vietnamkrieges aus. Der Film geht zurück auf einen Roman von J. Conrad: Herz der Finsternis, 1902. In dem in Afrika spielenden Roman wird dargestellt, wie der zunächst scheinbar außen liegende Konflikt zwischen gut und böse eigentlich ein innerer Konflikt des Helden ist. Der Held hat seinen eigenen Schatten-Impulsen nachgegeben, führt das aber zurück auf das Böse in seiner Umgebung.

Interpretation: Die Tiefenpsychologie erkennt in der Apokalyptik die archaisch-mythische Gestaltung eines gewaltigen inneren Umbruchs. Mangels Bewusstheit wurde dieser zunächst nach außen projiziert und erschien als kosmische Umwandlung. Nicht reale Sterne, wie in der Apokalypse gesehen, sondern Leitsterne fielen vor zweitausend Jahren mancherorts vom inneren Himmel und verursachten Orientierungslosigkeit und Weltuntergangsstimmung. Uralte Traditionen zerfielen; Palästina war von Fremden besetzt. Gefühle von Unbehaustheit und Identitätsverlust nahmen überhand. Die Apokalypse ist das Abbild einer psychischen Katastrophe.

Das Erscheinen apokalyptischer Fantasien kann in Zusammenhang mit Umbrüchen in der Geschichte und in der Bewusstseinsentwicklung der Menschheit wie auch von Einzelnen gedeutet werden: Radikale Veränderungen und daraus entstehende Ängste und pessimistische Unheilserwartungen sowie Sehnsucht nach und Hoffnung auf Erlösung werden metaphorisch beschrieben als drohender Untergang, als kosmische Katastrophe. Das Neue, das Böse, Dunkle und Gefährliche, die persönlichkeitsgefährdende eigene innere Dynamik erscheint dabei häufig zunächst als verführerischer Widersacher oder als Tier und ist oft schwer zu erkennen, sozusagen Wolf im Schafspelz. Engel und Lichtgestalten sowie ihnen zugehörige Attribute (Schwert, Posaune) erscheinen als Ankündiger der Apokalypse und als offenbarende Figuren.

Literatur: Standard, Kaufmann (2006)

Autor: Kaufmann, Rolf