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'''Keyword:''' Arbeit
'''Keyword:''' Ohr


'''Links:''' [[Alchemie]], [[Individuation]], [[Leben]], [[Sinn]], [[Werk]]
'''Links:''' [[Auge]], [[Klang]], [[Kopf]], [[Meditation]], [[Musik]], [[Sprache]], [[Spirale]], [[Stille]]


'''Definition:''' Hesiod (8. Jh. v. Chr.) preist das Arbeiten (ergazomai, ergon, vgl."Werk") als die bessere Art des Streits (Eris), deren Schattenseite zu Hader und Krieg führt. Die Etymologie des deutschen Worts ist ungeklärt. Geläufig ist die Herleitung von ahdarabeit= "Mühsal" (Kluge), jedoch auch von idg. orbho= "verwaist; Waise".
'''Definition:''' Das Ohr ist ein Sinnesorgan, mit dem akustische Signale (Schall Töne, Geräusche) wahrgenommen werden.


'''Information:''' Nimmt man das "Verwaistsein" des Menschen i. S. der existenziellen" Geworfenheit" (der auch die "Vertreibung aus dem Paradies entspricht), so bringt sie Mangel und die Bemühung hervor, diesen Zustand zu kompensieren bzw. zu verwandeln. Im Wesen der Arbeit liegt ein Wandlungsgeheimnis. In der Alchemie ist "die Waise" ein Ausdruck für den verborgenen "Stein der Weisen", den lapis, der erst durch das alchemistische Werk sichtbar wird. Albertus Magnus verwendet die griechische Bezeichnung orphanus für diesen Edelstein. Nichts ist äußerlich geringer und nichts in der Natur wertvoller als diese Kostbarkeit, die zugleich ein Symbol des durch Erkennntnis gewandelten Menschen ist. Das existenziell gegebene Verwaistsein des Menschen und das Annehmen dieses unzulänglichen Zustandes sowie von Mühsal und Arbeit als schöpferischer Möglichkeit der Verwandlung rücken hier in einen Sinnzusammenhang.
'''Information:''' Beim Hören dringen Schallwellen durch den Gehörkanal zum Trommelfell, wo sie in Vibrationen umgesetzt werden. Diese werden wiederum zur Gehörschnecke geleitet. Dort werden sie von Millionen kleiner Härchen in elektrische Nervenimpulse umgesetzt, die das Gehirn verarbeiten kann. Der Hörbereich (Hörzone) des menschlichen Ohrs reicht von etwa 16 Hertz bis 20. 000 Hertz. Im Alter lässt das Hörvermögen für hohe Frequenzen jedoch deutlich nach.


'''Interpretation:''' Nachdem körperliche Arbeit in der Antike wenig geschätzt war, brachte der Hl. Benedikt von Nursia (um 500) mit seiner Regula St. Benedicti eine Wende, indem er Gebet und Arbeit zu gleichbedeutenden Säulen des Gottesdienstes machte. Aufschlussreicher als das bekannte Gebot "ora et labora" (bete und arbeite) ist der Satz: "Homo debet colere terramsi vult colere Deum" (der Mensch muss die Erde bearbeiten (pflegen/kultivieren/ehren), wenn er Gott verehren/dienen will).
'''Interpretation:''' Ohr und Hören sind sprachverwandt. Dem Ohr wird eine weibliche, passiv aufnehmende Funktion zugeschrieben im Gegensatz zum [[Auge]], das die männlich aktive, geistige Seite symbolisiert. Es ist nächtlich (kann in der Dunkelheit hören), während das Auge dem Tag zugeordnet ist (kann in der Dunkelheit nicht sehen). Was mit dem Ohr aufgenommen – ge-hört – wird, kann hörig machen oder zum Ge-horchen zwingen. Entsprechend seiner anatomischen Beschaffenheit bestehen Bezüge zur [[Spirale]], zur [[Schnecke]], zum [[Labyrinth]], zur weiblichen Empfängnisbereitschaft.


Der Wortstamm von lat. = colere, das sowohl aktives Bearbeiten, Gestalten, Verwandeln (cultura) bedeutet achtsame Verehrung, sorgfältige Berücksichtigung (cultus, religio), hat zum Kern eine Bedeutung von "Sich-bewegen-um; umwenden". Dies kann i. S. gleichförmig sich wiederholender Akte verstanden werden, aber auch in der aufmerksamen Zuwendung durch mehrere "Umkreisungen" bzw. Arbeitsgänge hindurch. Das "Wenden, Umwenden" findet sich auch im gr. Wortstamm "trep" (= "drehen, wenden, sich wenden"; vgl. auch die "Tropen", Wendekreise), welche dem franz. travailler und dem Span. trabajar zugrunde liegen. Im Sich-bewegen-um, Tun, Umwenden, Umwandeln geschieht Verwandlung. Wenn jedoch zwischen arbeitendem Subjekt und dem, was es tut, keine innere Beziehung besteht, entsteht das, was K. Marx als "entfremdete Arbeit" bezeichnet hat. Der Mensch wird sich selbst fremd, wenn er das, was er tut oder herstellt, nicht als Eigenes erkennen und libidinös besetzen kann. Andererseits ist Gleichförmigkeit an sich noch kein Grund zur Entfremdung. Im positiven Fall, z. B. bei stark rhythmisch betonter Arbeit steinzeitlich lebender Stammeskulturen (Maisstampfen etc.) macht gerade die gleichförmige Ritualisierung eines Arbeitsvorgangs Zustände der Losgelöstheit aus der alltagsbeherrschenden Ich-Fixierung möglich.
Ohr, Hören und Stille gehören zusammen, denn Botschaften können nur aufgenommen werden, wenn ansonsten Stille herrscht. In der christlichen Ikonographie wird die Befruchtung der Jungfau Maria gelegentlich als ein Eindringen des [[Heiligen]] Geistes in Gestalt der [[Taube]] in ihr Ohr dargestellt. Wem das Ohr geöffnet wird, wer „Ohren hat, zu hören“ (Mt. 11, 15), der vernimmt eine wichtige Botschaft, eine Offenbarung: „ [...] die Ohren hast du mir aufgetan“, heißt es in dem Psalm Davids (40. Ps., 7). O. und Wort stehen in enger Beziehung. Christus sagt: “lasset meine Worte zu euren Ohren eingehen.
Apg. 2, 14)


Meditationsmethoden machen von dieser Wirkung Gebrauch. Der Unterschied zur entfremdeten Arbeit liegt im Interesse, in der freien, bejahenden Entscheidung und im Erleben von Sinnhaftigkeit.
Auch Ohr und [[Klang]] stehen in enger Übereinstimmung, so heißt es im ersten Sonett an Orpheus von R. M. Rilke: „ [...] O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr! / Und alles schwieg [...] “ In der germanischen Mythologie flüstern die zwei Raben Hugin (Denken) und Munin (Erinnerung) Odin alles, was sie in der Welt beobachten, direkt ins Ohr.


Schöpferische Arbeit ist die gestalterische Grundlage eines jeden "Werks" (s. d.), des großen "opus" der Alchemie sowie der vielen kleinen Werke, die wir im Alltag vollbringen. Im Großen wie im Kleinen wird Arbeit als die dem Menschen eigentümliche Möglichkeit und Mittel zu Gestaltung, Wandlung und Erkenntnis, wenn nicht gar Erlösung (Alchemie) sichtbar. Helden in Mythos und Märchen müssen häufig dienen bzw. große Arbeiten verrichten (Herakles).
Auch das Böse kann durch das Ohr eingehen. Der [[Teufel]] bläst es hinein. Auf diese Vorstellung geht die Redewendung „Wer hat dir das eingeblasen?“ zurück.


Hegel charakterisiert Arbeit geradezu als Mittel zur Bewusstwerdung des Menschen. In der Anthropologie wird sie deshalb zu den bestimmenden Merkmalen der Spezies Mensch gerechnet. Arbeit führt von Natur zu Kultur, bewirkt Veränderung der Wertigkeit des Bearbeiteten und wirkt zurück auf den Arbeitenden. Sie hat differenzierende und integrierende Wirkung und ist notwendig, um Ideen in der Erfahrung zu verankern. Sie ist ein Mittel, dem Gestaltlosen zur Gestalt zu verhelfen, verborgenes Potenzial "zur Welt zu bringen".
Die heutige Moderne steht unter der Dominanz des Auges, während die mythische Zeit unter dem Zeichen des Ohres stand. Schon Odysseus, der erste „moderne“ [[Held]] verweigerte sich den Versuchungen der mythischen Vergangenheit, indem er sich und seinen Männern die Ohren verstopfte, um den Gesang der Sirenen nicht zu hören. In ostasiatischen Kulturen ist ein großes Ohr mit langen Ohrläppchen ein Zeichen von Weisheit und geistiger Vervollkommnung.


Arbeiten (im Süddeutschen "schaffen" genannt) bewirkt Weltschöpfung, und, zurückwirkend auf den Arbeitenden, Selbstschöpfung. Auch der therapeutische Prozess ist ein schöpferischer Arbeitsprozess. Freud nannte die Fähigkeit zu Lieben und zu Arbeiten als Kriterien seelischer Gesundheit. In wie hohem Maß Arbeit nötig zur Selbstvergewisserung ist, zeigt die starke Beeinträchtigung des Selbstwerts durch Arbeitslosigkeit. Das Arbeitenmüssen in Träumen kommt häufig bei starkem Vorherrschen intuitiver Kräfte vor und weist auf die Notwendigkeit, die Realitätsfunktion zu entwickeln, hin.
Der Ohrring dient außer als Schmuck bis in die heutige Zeit der Abwehr von Krankheiten und sonstigem Unheil (in der Schweiz soll ein goldener Ring im Ohr Augenkrankheiten verhindern). Ein Ohrring im linken Ohrläppchen ist das Zeichen der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Homosexuellen.
 
Die Offenheit des Ohres und seine leichte Beeinflussbarkeit sind in sprachlichen Formulierungen ausgedrückt, wie einen „Floh im Ohr“ haben, „ohrenbetäubender Lärm“ und einen „Ohrwurm“ haben, wenn sich eine Melodie in unserem Kopf dauernd wiederholt.
 
Es ist das Geheimnis aller religiösen Erfahrung, aber auch aller Psychotherapie, Voreingenommenheiten und Vorbehalte abzulegen, um sich zu öffnen, um zu hören, um zuzuhören. Der Therapeut hört dem Patienten zu, und der Patient hört sich selbst zu, den Phänomenen seines Unbewussten, seinen Bildern, dem, was in Träumen und Imaginationen aus ihm spricht (aus ihm gehört werden will). Der Therapeut „leiht“ dem Patienten sein Ohr und ermöglicht ihm dadurch, sich selbst zu hören und sich selbst, d. h. seinem Selbst zu begegnen. So konnte ein Patient sagen, „seit Sie mir zuhören, verstehe ich mich viel besser“.


'''Literatur:''' Standard
'''Literatur:''' Standard


'''Autor:''' Romankiewicz, Brigitte
'''Autor:''' Daniel, Rosmarie

Version vom 15. November 2011, 12:07 Uhr

Keyword: Ohr

Links: Auge, Klang, Kopf, Meditation, Musik, Sprache, Spirale, Stille

Definition: Das Ohr ist ein Sinnesorgan, mit dem akustische Signale (Schall Töne, Geräusche) wahrgenommen werden.

Information: Beim Hören dringen Schallwellen durch den Gehörkanal zum Trommelfell, wo sie in Vibrationen umgesetzt werden. Diese werden wiederum zur Gehörschnecke geleitet. Dort werden sie von Millionen kleiner Härchen in elektrische Nervenimpulse umgesetzt, die das Gehirn verarbeiten kann. Der Hörbereich (Hörzone) des menschlichen Ohrs reicht von etwa 16 Hertz bis 20. 000 Hertz. Im Alter lässt das Hörvermögen für hohe Frequenzen jedoch deutlich nach.

Interpretation: Ohr und Hören sind sprachverwandt. Dem Ohr wird eine weibliche, passiv aufnehmende Funktion zugeschrieben im Gegensatz zum Auge, das die männlich aktive, geistige Seite symbolisiert. Es ist nächtlich (kann in der Dunkelheit hören), während das Auge dem Tag zugeordnet ist (kann in der Dunkelheit nicht sehen). Was mit dem Ohr aufgenommen – ge-hört – wird, kann hörig machen oder zum Ge-horchen zwingen. Entsprechend seiner anatomischen Beschaffenheit bestehen Bezüge zur Spirale, zur Schnecke, zum Labyrinth, zur weiblichen Empfängnisbereitschaft.

Ohr, Hören und Stille gehören zusammen, denn Botschaften können nur aufgenommen werden, wenn ansonsten Stille herrscht. In der christlichen Ikonographie wird die Befruchtung der Jungfau Maria gelegentlich als ein Eindringen des Heiligen Geistes in Gestalt der Taube in ihr Ohr dargestellt. Wem das Ohr geöffnet wird, wer „Ohren hat, zu hören“ (Mt. 11, 15), der vernimmt eine wichtige Botschaft, eine Offenbarung: „ [...] die Ohren hast du mir aufgetan“, heißt es in dem Psalm Davids (40. Ps., 7). O. und Wort stehen in enger Beziehung. Christus sagt: “lasset meine Worte zu euren Ohren eingehen.“ Apg. 2, 14)

Auch Ohr und Klang stehen in enger Übereinstimmung, so heißt es im ersten Sonett an Orpheus von R. M. Rilke: „ [...] O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr! / Und alles schwieg [...] “ In der germanischen Mythologie flüstern die zwei Raben Hugin (Denken) und Munin (Erinnerung) Odin alles, was sie in der Welt beobachten, direkt ins Ohr.

Auch das Böse kann durch das Ohr eingehen. Der Teufel bläst es hinein. Auf diese Vorstellung geht die Redewendung „Wer hat dir das eingeblasen?“ zurück.

Die heutige Moderne steht unter der Dominanz des Auges, während die mythische Zeit unter dem Zeichen des Ohres stand. Schon Odysseus, der erste „moderne“ Held verweigerte sich den Versuchungen der mythischen Vergangenheit, indem er sich und seinen Männern die Ohren verstopfte, um den Gesang der Sirenen nicht zu hören. In ostasiatischen Kulturen ist ein großes Ohr mit langen Ohrläppchen ein Zeichen von Weisheit und geistiger Vervollkommnung.

Der Ohrring dient außer als Schmuck bis in die heutige Zeit der Abwehr von Krankheiten und sonstigem Unheil (in der Schweiz soll ein goldener Ring im Ohr Augenkrankheiten verhindern). Ein Ohrring im linken Ohrläppchen ist das Zeichen der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Homosexuellen.

Die Offenheit des Ohres und seine leichte Beeinflussbarkeit sind in sprachlichen Formulierungen ausgedrückt, wie einen „Floh im Ohr“ haben, „ohrenbetäubender Lärm“ und einen „Ohrwurm“ haben, wenn sich eine Melodie in unserem Kopf dauernd wiederholt.

Es ist das Geheimnis aller religiösen Erfahrung, aber auch aller Psychotherapie, Voreingenommenheiten und Vorbehalte abzulegen, um sich zu öffnen, um zu hören, um zuzuhören. Der Therapeut hört dem Patienten zu, und der Patient hört sich selbst zu, den Phänomenen seines Unbewussten, seinen Bildern, dem, was in Träumen und Imaginationen aus ihm spricht (aus ihm gehört werden will). Der Therapeut „leiht“ dem Patienten sein Ohr und ermöglicht ihm dadurch, sich selbst zu hören und sich selbst, d. h. seinem Selbst zu begegnen. So konnte ein Patient sagen, „seit Sie mir zuhören, verstehe ich mich viel besser“.

Literatur: Standard

Autor: Daniel, Rosmarie