Arm (Körperteil) und Geist: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Arm (Körperteil)
'''Keyword:''' Geist


'''Links:''' [[Hand]], [[Heros-Prinzip]], [[Schulter]]
'''Links:''' [[Atem]], [[Essenz]], [[Erleuchtung]], [[Genius]], [[Himmel]], [[Licht]], [[Logos]], [[Logos-Prinzip]], [[Luft]], [[Sonne]], [[Wort]]


'''Definition:''' Der Arm (ahd. arm, indogerm. Wurzel ar: fügen, zupassen), die obere Extremität des Menschen und Affen besteht aus Oberarm, Unterarm und [[Hand]], sowie aus Muskeln, Sehnen, Bändern und Nerven. Durch das bewegliche Schulterblatt und Schultergelenk, das Ellenbogengelenk, Handgelenk und die Fingergelenke, wird der Arm zur beweglichsten Gliedmaße.
'''Definition:''' Aus der ursprünglichen Bedeutung von Geist als "Erregung, Ergriffenheit" (vgl. z. B. Begeisterung, Geistesblitz) entwickelten sich später die Bedeutungen von "Geist, Seele, Gemüt und überirdisches Wesen, Gespenst." Durch die Christianisierung wurden die Begriffe lat. spiritus und griech. pneuma mit dem Geistigen verbunden (z. B. spiritus sanctus: Heiliger Geist). Im modernen Sprachgebrauch wird "Geist" meist als Bewusstsein, Denken, Verstand, Vernunft, Intelligenz, Klugheit usw. verstanden.


'''Information:''' Der Arm des Menschen und Affen ist die Weiterentwicklung des Vorderfußes der Tiere zum Greifwerkzeug, ihm entspricht die Vordergliedmaße, die bei den anderen Wirbeltieren, als Vorderbein, Flügel oder Brustflosse ausgebildet ist. Die Arme der wirbellosen Tiere, z. B. der Seesterne, sind lange Körperfortsätze, die auch Fangarme genannt werden. Der Arm des Menschen dient nicht nur als Greifwerkzeug, mit seiner Pendelbewegung trägt er auch zur Ausbalancierung des aufrechten Ganges bei.
'''Information:''' Grundsätzlich lässt sich zwischen subjektivem und objektivem Geist unterscheiden. Unter subjektivem Geist versteht man oft das Bewusstsein. Was man unter objektivem Geist versteht, hängt von dem zugrunde liegenden Menschen- und Weltbild ab. In positivistischer Sicht, die annimmt, das Bewusstsein sei das einzige Geistige im Menschen, versteht man unter objektiv Geistigem das Objekt der Geisteswissenschaften: kulturelle Leistungen einschließlich der Sprache. Seit dem Paradigmenwechsel von der Bewusstseins- zur Tiefenpsychologie, der gleichzeitig ein Evolutionsschritt zu einem neuen Menschenbild ist, werden Kulturleistungen dem subjektiv Geistigen zugeordnet: als exteriorisierter subjektiver Geist.


'''Interpretation:''' Der Arm als Greifwerkzeug ist Mittel für Aktivität, Aggression, Kraft, Zupacken, Zugreifen, sich Holen im Leben und Selbstverteidigung aber auch für Streicheln, Umarmen, Nähe, Sicherheit und Schutz vermittelnd. Offene, ausgestreckte Arme zeigen Kontaktfreudigkeit, Bereitschaft, Zärtlichkeit zu geben oder zu empfangen.
Unter objektiv Geistigem versteht man nun das Unbewusste. Meistens spricht man allerdings in der Tiefenpsychologie vom objektiv Psychischen. Im neuen Weltbild, das beim zweiten Schritt der Bewusstseins-Mutation – Hand in Hand mit dem neuen Menschenbild – zustande kommt, umfasst das objektiv Geistige aber nicht nur das Unbewusste, sondern die gesamte Natur, vom Atom bis hinauf zum Menschen. Allerdings wird jetzt nicht mehr von dem Geist und der Materie gesprochen, sondern – dank der Erfindung des komplementären Denkens – vom geistigen und materiellen Aspekt der an sich einheitlichen raumzeitlichen Gebilde. Unterschieden werden müssen diese beiden Aspekte, weil das Bewusstsein die objektive Wirklichkeit in der Weise erfasst, dass es sie in Begriffspaare zerlegt ([[Dualität]], Polarität).


Indische Gottheiten besitzen oft mehr als zwei Arme, wodurch ihre Kraft und Allmacht demonstriert wird. In der hinduistischen und buddhistischen Ikonographie werden die unterschiedlichen Kräfte der Götter dargestellt, indem sie verschiedene Symbole in ihren vielen Armen tragen. In der christlichen Liturgie bedeuten die erhobenen Arme des Betenden Frömmigkeit, die Öffnung der Seele und das Bitten um Gnade. In der christlichen Malerei des Mittelalters wird Gott häufig durch den Arm oder die Hand dargestellt, der aus dem Himmel in das Bild greift. Im Christentum wird durch den Arm Gottes Rache bzw. Strafe symbolisiert, er ist das Zeichen unumschränkter Herrschaft und des göttlichen Willens.
Um zu begreifen, was unter dem Geist-Aspekt der Natur verstanden wird, muss der Wandel der Vorstellung des objektiv Geistigen im Zuge der Bewusstseins-Evolution ins Auge gefasst werden. Das Begriffspaar von Materie und Geist ist ein wichtiger Ertrag schon der Evolution vor dem Hintergrund der archaischen Weltsicht. So wird am Ende dieser Phase – im Hochmittelalter das Diesseits als materiell aufgefasst, das Jenseits hingegen als geistig. Erarbeitet worden ist die archaische Vorstellung des Geistigen in der Weise, dass man die jenseitigen Wesen, die man sich ursprünglich von gleicher Konsistenz wie den Menschen vorgestellt hat, Schritt für Schritt entmaterialisiert. Dieses Vorgehen trägt jedoch seine strukturelle Beschränktheit in sich. Wie eine konvergierende Zahlenfolge strebte es einem Grenzwert zu: dem rein geistigen Wesen. Da man sich ein konkretes, zu selbstständiger Existenz fähiges Wesen ganz ohne Stoff nicht vorstellen kann, stößt der Entmaterialisierungsprozess – und damit die Bewusstseins-Evolution mit der scholastischen Philosophie an eine Grenze. Der Prozess konnte erst weitergehen, als ein grundlegend neuer, nicht mehr konkretistischer Begriff des Geistigen gefunden wurde. Diese Spannung ist wahrscheinlich der Anlass für die Mutation des Bewusstseins. Nun ereignen sich phylogenetische Wandlungsschritte des Bewusstseins nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie ontogenetische. Auch der evolutionäre Wandel des Geist-Begriffs vollzieht sich so, wie es in vielen Kulturen im Mythologem vom Leiden, Tod und Auferstehung eines Gottes veranschaulicht wird.


Der im Kampf Unterlegene erhebt als Zeichen seiner Kapitulation und des Flehens um Erbarmen die Arme. Der Gegner versteht die Geste des Besiegten als Unterwerfung und Aufgabe jeglicher Verteidigung. Ein Arm ist beim Grüßen erhoben und die Geste beim Schwur, der ausgestreckte Arm ist auch häufig Symbol der richterlichen Gewalt. Als langen Arm des Gesetzes bezeichnet man eine Person oder Institution, die im Auftrag handelt, wie z. B. den Polizeibeamten. Der rechte Arm oder die [[Hand]] von jemandem ist dessen Hilfe und Stütze.
Als zu Beginn der Neuzeit die empirischen Wissenschaften entstehen und dabei die Gesetzlichkeit des Naturprozesses nachgewiesen wird, wird die für die archaische Weltsicht charakteristische Vorstellung vom Einwirken jenseitiger Geist-Wesen in die Natur (Wunder) eliminiert. Damit erfolgt der im Mythologem beschriebene »Tod«. Der wissenschaftliche Materialismus, der dabei – unter Mitwirkung der Aufklärungsphilosophie – zu Stande kommt, kann somit als eliminatorischer Materialismus bezeichnet werden. Er schließt nicht die Vorstellung des objektiv Geistigen an sich aus, sondern nur die archaische. Unter dem Blickwinkel der Bewusstseins-Evolution betrachtet ist er – wie die gesamte positivistisch-materialistische Weltsicht – eine (notwendige) Weltsicht des Übergangs.


Man kann redensartlich jemandem, der bis über beide Arme in etwas steckt, unter die Arme greifen, d. h. ihm aus einer augenblicklichen Notlage oder Verlegenheit heraus helfen. Die ursprüngliche Vorstellung hierbei ist, dass man einem Fallenden zu Hilfe kommt, indem man ihn unter den Armen auffängt, bevor er zu Boden sinkt. Bereits in der Antike entstand die Redewendung einen langen Arm haben, was bedeutet, dass man großen Einfluss und Macht hat, der Arm gibt die Reichweite eines Menschen an. Vermutlich geht die Redensart auf Ovid zurück, in dessen Heroiden Helena Paris die warnende Frage stellt, ob er nicht wisse, dass Könige lange Arme haben.
Als dann im 20. Jh. – noch unter der Dominanz des materialistischen Energieparadigmas – immer mehr Sachverhalte entdeckt werden, die mit dem Energiebegriff nicht erfasst werden können, kommt bei führenden Naturwissenschaftlern die Ansicht auf, der Materialismus sei überholt; es sei an der Zeit, den Begriff des Geistigen wieder einzuführen. Allerdings muss dieser – entsprechend dem Mythologem – in neuer Gestalt auferstehen. Auf jeden Fall muss er mit dem heutigen, empirisch fundierten Wissen über die Natur kompatibel sein. Geistige Sachverhalte müssen allerdings nicht erst entdeckt werden. Es geht nur darum, an dem bisher erarbeiteten, jedoch materialistisch aufgefassten (apperzipierten) Wissen über die Natur – im Sinne des komplementären Denkens – zwischen einem materiellen und einem geistigen Aspekt zu unterscheiden. Die Definition der Physiker, Materie als angeordnete Energie aufzufassen, bietet eine Möglichkeit. Diese Definition enthält zwei Aussagen: Zum einen, dass Materie aus Energie besteht, zum andern, dass dabei Energie angeordnet ist. Man kann somit an jedes raumzeitliche Gebilde – vom Atom bis hinauf zum Menschen – zwei Fragen stellen. Fragt man, was darin angeordnet ist, ergibt sich mit der Antwort »Energie« der materielle Aspekt; fragt man, wie dieses Was angeordnet ist, ergibt sich – dass das Angeordnetsein mit dem Energiebegriff nicht erfasst werden kann – der geistige Aspekt. Verfolgt man nun, wie das Angeordnetsein der Energie im Zug der Evolution immer komplexer wird, entfaltet sich ein immer fassettenreicherer Begriff des objektiv Geistigen bzw. des Geist-Aspekts der Natur. So sieht man beim Schritt zum Lebendigen u. a. Innerlichkeit in die Existenz treten: die Fähigkeit zu Erkennen, zur Verarbeitung und zu Abgabe von Information. Das dieser Fähigkeit zu Grunde liegende (unbewusste) kognitive System nimmt im Zug der Bioevolution – Hand in Hand mit morphologischem und physiologischem Angeordnetsein – ebenfalls an Komplexität ständig zu. Seine komplexeste Ausformung findet es im menschlichen Unbewussten, aus dem dann – im Verlauf eines individuellen Lebens – jeweils Bewusstsein, d. h. subjektiv Geistiges hervorgeht. Die im Evolutionsprozess zum Ausdruck kommende Dynamik, welche zu immer komplexeren Anordnungen führt, kann mit dem Energiebegriff der Physik (Energie hat die Tendenz, »in die Senke zu fallen«) ebenfalls nicht erfasst werden. Sie ist dem Geist-Aspekt zuzuordnen. In ihr manifestiert sich eine ganz besondere Fassette des objektiv Geistigen: die Kreativität. Diese Einsicht führt zu einer neuen, nicht mehr materialistischen Evolutionstheorie.


Die Feststellung, zu kurze Arme haben, wendet die Redensart ins Gegenteil, sie steht für geringen Einfluss, was voraussichtlich mit Misserfolg verbunden ist. Einen am steifen Arm verhungern lassen wird als Drohung oder Warnung verstanden, wenn jemand ausgesprochen unnachgiebig den Gegner rücksichtslos in die Knie zwingt. Mit verschränkten Armen dabeistehen oder zusehen entspricht einem völlig passiven, untätigen Verhalten, es beschreibt gleichgültiges Zuschauen, eine Verweigerung der Hilfsbereitschaft.
'''Interpretation:''' Da das Geistige nicht sichtbar und greifbar ist, wurde es oft als "unstofflich" im Gegensatz zum Materiellen und Körperlichen gesehen. Das Geistige als eine "immateriell" gedachte Form von subtiler, bestenfalls "feinstofflicher" Energie wurde symbolisiert in Gestaltungen, die das Unsichtbare, Motivierende, Bewegende ausdrücken: Atem, Licht, Luft, Musik, Sprache, Wind, Wort, Zahl.
Wenn man durch energisches Eingreifen gerade noch rechzeitig eine Handlung verhindert, so fällt man jemandem in den Arm. Der Ausdruck bezieht sich ursprünglich auf eine Kampfsituation, in der der Angegriffene auf den erhobenen Arm des Angreifers zustürzt, um ihn abzuwehren.


Auch die Wendungen "die Arme freihaben" und sich "die Arme freihalten" ist ursprünglich auf den Kampf bezogen, und meint heute, ungehindert handeln und seine Kraft und Zeit nach eigenem Entschluss einsetzen zu können. Bei einer zufälligen Begegnung, die man gerade vermeiden wollte, spricht man davon, jemandem in die Arme zu laufen. Bei einer erwünschten, erwarteten oder auch unverhofften Begegnung steht die Redensart "einen mit offenen Armen aufnehmen oder empfangen" symbolisch für die Geste der freudigen Begrüßung. Wenn man jemanden "auf den Arm nimmt", hat das die übertragene Bedeutung, dass man den Geneckten wie ein kleines Kind behandelt, das man wirklich auf den Arm nimmt und mit dem man scherzt und spielt.
'''Literatur:''' Obrist, W. (1999): Die Natur – Quelle von Ethik und Sinn


Wenn die gesteckten Ziele unerreichbar sind, das Erhoffte sich nicht erfüllen kann, greift man "mit den Armen höher, als die Hände reichen" und wenn man rasch davon läuft, sich beeilt, spricht man davon, die "Beine unter den Arm zu nehmen". Den "Kopf unter dem Arm tragen" meint umgangssprachlich, dass jemand sehr krank ist. Die Redensart beruht auf der Vorstellung, dass Gespenster oft ihren Kopf unter dem Arm tragen, was auch bildliche Darstellungen enthaupteter Märtyrer zeigen.
'''Autor:''' Obrist, Willy
 
'''Literatur:''' Standard
 
'''Autor:''' Müller, Lutz

Version vom 5. November 2011, 14:26 Uhr

Keyword: Geist

Links: Atem, Essenz, Erleuchtung, Genius, Himmel, Licht, Logos, Logos-Prinzip, Luft, Sonne, Wort

Definition: Aus der ursprünglichen Bedeutung von Geist als "Erregung, Ergriffenheit" (vgl. z. B. Begeisterung, Geistesblitz) entwickelten sich später die Bedeutungen von "Geist, Seele, Gemüt und überirdisches Wesen, Gespenst." Durch die Christianisierung wurden die Begriffe lat. spiritus und griech. pneuma mit dem Geistigen verbunden (z. B. spiritus sanctus: Heiliger Geist). Im modernen Sprachgebrauch wird "Geist" meist als Bewusstsein, Denken, Verstand, Vernunft, Intelligenz, Klugheit usw. verstanden.

Information: Grundsätzlich lässt sich zwischen subjektivem und objektivem Geist unterscheiden. Unter subjektivem Geist versteht man oft das Bewusstsein. Was man unter objektivem Geist versteht, hängt von dem zugrunde liegenden Menschen- und Weltbild ab. In positivistischer Sicht, die annimmt, das Bewusstsein sei das einzige Geistige im Menschen, versteht man unter objektiv Geistigem das Objekt der Geisteswissenschaften: kulturelle Leistungen einschließlich der Sprache. Seit dem Paradigmenwechsel von der Bewusstseins- zur Tiefenpsychologie, der gleichzeitig ein Evolutionsschritt zu einem neuen Menschenbild ist, werden Kulturleistungen dem subjektiv Geistigen zugeordnet: als exteriorisierter subjektiver Geist.

Unter objektiv Geistigem versteht man nun das Unbewusste. Meistens spricht man allerdings in der Tiefenpsychologie vom objektiv Psychischen. Im neuen Weltbild, das beim zweiten Schritt der Bewusstseins-Mutation – Hand in Hand mit dem neuen Menschenbild – zustande kommt, umfasst das objektiv Geistige aber nicht nur das Unbewusste, sondern die gesamte Natur, vom Atom bis hinauf zum Menschen. Allerdings wird jetzt nicht mehr von dem Geist und der Materie gesprochen, sondern – dank der Erfindung des komplementären Denkens – vom geistigen und materiellen Aspekt der an sich einheitlichen raumzeitlichen Gebilde. Unterschieden werden müssen diese beiden Aspekte, weil das Bewusstsein die objektive Wirklichkeit in der Weise erfasst, dass es sie in Begriffspaare zerlegt (Dualität, Polarität).

Um zu begreifen, was unter dem Geist-Aspekt der Natur verstanden wird, muss der Wandel der Vorstellung des objektiv Geistigen im Zuge der Bewusstseins-Evolution ins Auge gefasst werden. Das Begriffspaar von Materie und Geist ist ein wichtiger Ertrag schon der Evolution vor dem Hintergrund der archaischen Weltsicht. So wird am Ende dieser Phase – im Hochmittelalter das Diesseits als materiell aufgefasst, das Jenseits hingegen als geistig. Erarbeitet worden ist die archaische Vorstellung des Geistigen in der Weise, dass man die jenseitigen Wesen, die man sich ursprünglich von gleicher Konsistenz wie den Menschen vorgestellt hat, Schritt für Schritt entmaterialisiert. Dieses Vorgehen trägt jedoch seine strukturelle Beschränktheit in sich. Wie eine konvergierende Zahlenfolge strebte es einem Grenzwert zu: dem rein geistigen Wesen. Da man sich ein konkretes, zu selbstständiger Existenz fähiges Wesen ganz ohne Stoff nicht vorstellen kann, stößt der Entmaterialisierungsprozess – und damit die Bewusstseins-Evolution mit der scholastischen Philosophie an eine Grenze. Der Prozess konnte erst weitergehen, als ein grundlegend neuer, nicht mehr konkretistischer Begriff des Geistigen gefunden wurde. Diese Spannung ist wahrscheinlich der Anlass für die Mutation des Bewusstseins. Nun ereignen sich phylogenetische Wandlungsschritte des Bewusstseins nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie ontogenetische. Auch der evolutionäre Wandel des Geist-Begriffs vollzieht sich so, wie es in vielen Kulturen im Mythologem vom Leiden, Tod und Auferstehung eines Gottes veranschaulicht wird.

Als zu Beginn der Neuzeit die empirischen Wissenschaften entstehen und dabei die Gesetzlichkeit des Naturprozesses nachgewiesen wird, wird die für die archaische Weltsicht charakteristische Vorstellung vom Einwirken jenseitiger Geist-Wesen in die Natur (Wunder) eliminiert. Damit erfolgt der im Mythologem beschriebene »Tod«. Der wissenschaftliche Materialismus, der dabei – unter Mitwirkung der Aufklärungsphilosophie – zu Stande kommt, kann somit als eliminatorischer Materialismus bezeichnet werden. Er schließt nicht die Vorstellung des objektiv Geistigen an sich aus, sondern nur die archaische. Unter dem Blickwinkel der Bewusstseins-Evolution betrachtet ist er – wie die gesamte positivistisch-materialistische Weltsicht – eine (notwendige) Weltsicht des Übergangs.

Als dann im 20. Jh. – noch unter der Dominanz des materialistischen Energieparadigmas – immer mehr Sachverhalte entdeckt werden, die mit dem Energiebegriff nicht erfasst werden können, kommt bei führenden Naturwissenschaftlern die Ansicht auf, der Materialismus sei überholt; es sei an der Zeit, den Begriff des Geistigen wieder einzuführen. Allerdings muss dieser – entsprechend dem Mythologem – in neuer Gestalt auferstehen. Auf jeden Fall muss er mit dem heutigen, empirisch fundierten Wissen über die Natur kompatibel sein. Geistige Sachverhalte müssen allerdings nicht erst entdeckt werden. Es geht nur darum, an dem bisher erarbeiteten, jedoch materialistisch aufgefassten (apperzipierten) Wissen über die Natur – im Sinne des komplementären Denkens – zwischen einem materiellen und einem geistigen Aspekt zu unterscheiden. Die Definition der Physiker, Materie als angeordnete Energie aufzufassen, bietet eine Möglichkeit. Diese Definition enthält zwei Aussagen: Zum einen, dass Materie aus Energie besteht, zum andern, dass dabei Energie angeordnet ist. Man kann somit an jedes raumzeitliche Gebilde – vom Atom bis hinauf zum Menschen – zwei Fragen stellen. Fragt man, was darin angeordnet ist, ergibt sich mit der Antwort »Energie« der materielle Aspekt; fragt man, wie dieses Was angeordnet ist, ergibt sich – dass das Angeordnetsein mit dem Energiebegriff nicht erfasst werden kann – der geistige Aspekt. Verfolgt man nun, wie das Angeordnetsein der Energie im Zug der Evolution immer komplexer wird, entfaltet sich ein immer fassettenreicherer Begriff des objektiv Geistigen bzw. des Geist-Aspekts der Natur. So sieht man beim Schritt zum Lebendigen u. a. Innerlichkeit in die Existenz treten: die Fähigkeit zu Erkennen, zur Verarbeitung und zu Abgabe von Information. Das dieser Fähigkeit zu Grunde liegende (unbewusste) kognitive System nimmt im Zug der Bioevolution – Hand in Hand mit morphologischem und physiologischem Angeordnetsein – ebenfalls an Komplexität ständig zu. Seine komplexeste Ausformung findet es im menschlichen Unbewussten, aus dem dann – im Verlauf eines individuellen Lebens – jeweils Bewusstsein, d. h. subjektiv Geistiges hervorgeht. Die im Evolutionsprozess zum Ausdruck kommende Dynamik, welche zu immer komplexeren Anordnungen führt, kann mit dem Energiebegriff der Physik (Energie hat die Tendenz, »in die Senke zu fallen«) ebenfalls nicht erfasst werden. Sie ist dem Geist-Aspekt zuzuordnen. In ihr manifestiert sich eine ganz besondere Fassette des objektiv Geistigen: die Kreativität. Diese Einsicht führt zu einer neuen, nicht mehr materialistischen Evolutionstheorie.

Interpretation: Da das Geistige nicht sichtbar und greifbar ist, wurde es oft als "unstofflich" im Gegensatz zum Materiellen und Körperlichen gesehen. Das Geistige als eine "immateriell" gedachte Form von subtiler, bestenfalls "feinstofflicher" Energie wurde symbolisiert in Gestaltungen, die das Unsichtbare, Motivierende, Bewegende ausdrücken: Atem, Licht, Luft, Musik, Sprache, Wind, Wort, Zahl.

Literatur: Obrist, W. (1999): Die Natur – Quelle von Ethik und Sinn

Autor: Obrist, Willy