Axt und Reise: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Axt
'''Keyword:''' Reise


'''Links:''' [[Aggression]], [[Macht]], [[Messer]], [[Schwert]], [[Waffe]]
'''Links:''' [[Abschied]], [[Auto]], [[Bewegung]], [[Held]], [[Heros-Prinzip]], [[Nachtmeerfahrt]], [[Pilger]], [[Reiten]], [[Rucksack]], [[Wanderung]], [[Weg]]


'''Definition:''' Die Axt (ahd. ackus: verwandt mit Ahorn, Ähre, Eck, Egge) ist ein Werkzeug zum Fällen von Bäumen und zur Holzbearbeitung. Sie besteht aus einem Stiel mit darauf sitzendem Keil und wird überwiegend mit beiden Händen geführt.
'''Definition:''' Ein Reise (etymo.: von “raiso“ vordeutsch: „Reise, Aufbruch“, abgeleitet von german: „reis-a-st“ „aufgehen, sich erheben“) zu unternehmen bedeutet, den vertrauten Lebensraum vorübergehend zu verlassen, um sich mit den unterschiedlichsten Verkehrsmitteln ([[Auto]], Bahn, [[Schiff]], [[Flugzeug]], [[Fahrrad]] usw.) auf die Reise oder zu Fuß auf die [[Wanderung]], auf den [[Weg]] zu begeben, um ein angestrebtes Ziel zu erreichen oder eine (meist unbekannte) Gegend, Land, Ort oder Stadt zu erkunden und dadurch kennenzulernen.


'''Information:''' Schon aus vorgeschichtlicher Zeit ist sie als Werkzeug und als Waffe (Streit-Axt) bekannt. Zunächst wurde sie aus Knochen oder Geweih, später aus Kupfer oder Bronze und schließlich aus Eisen gefertigt.
'''Information:''' Zentral ist beim Reisen die Erfahrung des „Unterwegsseins“, die Suche nach dem richtigen Weg, das Entdecken und sich Erschließen von neuen, bisher fremden Gegenden, Ländern, Kulturen, Begegnungen mit Menschen, wie auch die Auseinandersetzung mit Hindernissen und Schwierigkeiten unterschiedlichster Art, die sich dem Reisenden schicksalhaft in den Weg stellen. Häufig werden Aspekte des eigenen unbekannten oder ungelebten [[Selbst]] auf fremde, „exotische“ Länder, Menschen oder die „intakte“ Natur dort projiziert, deren Existenz einem ursprünglicher, weniger entfremdet und ganzheitlicher vorkommt.


'''Interpretation:''' Sie gilt seit der Jungsteinzeit als Symbol des Krieges und der Zerstörung, aber auch der Arbeit. Als Instrument der Schlachtung von Opfertieren ist sie Kultsymbol, außerdem Machtsymbol und Würdezeichen ([[Doppelaxt]]). In Afrika ist die wegen ihrer Verzierungen funktionslose Axt oft Symbol der Häuptlingswürde, altägyptische Äxte sind durch an ihnen angebrachte Symbole, wie z. B. Greif oder Goldfalke, als Sieg versprechende Waffen gekennzeichnet.
Die wichtigsten Entdeckungsreisen im Altertum galten zunächst Afrika und Vorderasien und fanden in Zusammenhang mit Kriegszügen und Handel statt. Im Mittelalter erreichten die seekundigen Wikinger Island und Grönland. Marco Polo bereiste Zentralasien, Persien, China und Indien und hinterließ umfangreiche Reiseliteratur. Seit dem Beginn der Neuzeit brachen die europäischen Seefahrernationen zu ihren großen Entdeckungsreisen auf, dem Erkunden der Weltmeere und Erschließen fremder Kontinente. Im Vordergrund standen evolutionäre, politische und wirtschaftliche Gründe (Kolonialisierung), später die Missionierung. Seit dem 18. Jh. wurden Reisen ins außereuropäische Ausland vor allem von Naturforschern unternommen, um ihrem wissenschaftlichen Forschungsdrang nachzugehen. Im 18. und 19. Jh. dienten Reisen in Europa insbesondere der Bildung der besitzenden Klasse (Goethes „Italienische Reise“). Die professionell organisierte Erholungsreise des 20. Jh., eine gesellschaftliche Entwicklung der modernen Industriegesellschaft ist entstanden durch die Ausdehnung von Freizeit, Lebensalter, Konsum und Bildung, infolge des technischen Fortschrittes der Verkehrsmittel, und durch organisierte Reiseangebote der Tourismusbranche (Tourismus, engl. „tour“ = Ausflug). Dies ermöglicht, dass Reisen in fremde Länder und Kulturen zu einem z. B. ein- oder zweiwöchigen „Urlaubs“-Vergnügen auch des kleineren Geldbeutels werden kann, was mit der tatsächlichen Erfahrung des Reisens allerdings nur noch wenig zu tun hat: Um sich zu erholen, verweilt man in künstlich geschaffenen Urlaubsgettos in landschaftl. begünstigten Gegenden und nimmt die Erfahrung des Unterwegseins lediglich auf sich, um die Anfahrtswege zu bewältigen. Wie in einer Gegenbewegung gibt es seit den 70er Jahren Globetrotter und Weltenbummler, die meist mit geringem Gepäck ([[Rucksack]]) für längere Zeit die Erfahrung des Reisens in seiner ursprünglichen Qualität und den direkten Kontakt mit der Bevölkerung des Reiselandes suchen.


Die Axt als Waffe bedeutet Energie, Aggression, Macht und Durchsetzungswillen. Wegen ihrer auch schneidenden, zerteilenden Eigenschaft kann sie für den Scharfsinn, das verstandesmäßige Zergliedern des Menschen, stehen.
Reiseberichte und -schilderungen geben uns seit früher Zeit Erfahrungen des Reisens wieder (z. B. Marco Polo, Alexander von Humbold, als moderner Reise-Schriftsteller z. B. Bruce Chatwin u. a. mit „Traumpfade“, „Der Traum des Ruhelosen“) In „Kunst des Reisens“ (A. de Botton) wird die Poesie des Unterwegssein in Essays über große Reisende und Maler der vergangenen Jahrhunderte dargestellt. (wie u. a. Humboldt, Flaubert, van Gogh)


Durch die Beobachtung, dass beim Gebrauch der Axt Funken sprühen können, wurde sie in symbolische Verbindung zum Blitz gebracht, in vorgeschichtlicher Zeit war sie Sinnbild des vom Himmelsgott geschleuderten Blitzes. In christlichem Kontext ist die Axt das Attribut des Hl. Joseph des Zimmermanns und des Hl. Bonifatius, der damit die dem Donnergott geweihte Eiche bei Geismar fällte. Märtyrer, die mit dem Beil hingerichtet wurden, wie Barnabas, Matthäus, Matthias und Thomas Becket, werden häufig mit diesem Gegenstand dargestellt.
Im Buddhismus werden Geburtenkreislauf, die Abfolge der Inkarnationen der geistigen Individualität bis zu ihrer Erlösung ins Nirwana mit einer Reise verglichen. Bekannte Helden der griech. Mythologie (u. a. Odysseus, Theseus und die Argonauten) reisten in einer Suchwanderung über das Meer, versuchten Prüfungen und Herausforderungen zu bestehen, um Ungeheuer zu besiegen oder wie bei der Argonatenfahrt das goldene Vlies zu erlangen, letztendlich ein Streben nach Vollkommenheit und Bewußtwerdung, Transformation und dem Finden des spirituellen Zentrums.


Axt und Beil sind in älterer Zeit nicht immer zu unterscheiden. In der Bibel begegnet die Axt, die bereits an die Wurzel der Bäume gelegt ist, als Symbol des jüngsten Gerichts. In Dokumenten der Freimaurerei findet sich die Axt auf der Spitze einer Pyramide, vermutlich handelt es sich dabei um ein Symbol, das auf die Freilegung von Geheimnissen hinweist.
Das Motiv des [[Anthropos]], des ersten Menschen, der symbolisch durch die vier Elemente. gekennzeichnet ist, wird oft dargestellt durch entsprechende Reisen in vier Himmelsrichtungen wie die des Osiris, die Abenteuerzüge des Herakles, die Reisen des Henoch und die symbolische Peregrinatio „mystische Reise“ bei Michael Maier.


Die Axt an die Wurzel legen bedeutet, ein Übel gründlich beseitigen, d. h. radikal von der Wurzel her vernichten. Die Redewendung hat biblischen Ursprung in der Bußpredigt Johannes des Täufers (Matth. 3, 10; Luk. 3, 9): "Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. Darum, welcher Baum nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen." Die Axt im Haus erspart den Zimmermann, so heißt es sprichwörtlich nach Schillers Wilhelm Tell. Wenn jemand ungesittet, rücksichtslos vorgeht, sozusagen ungehobelt im Benehmen ist, benimmt er sich wie eine Axt im Walde. Jemandem den Scheitel mit der Axt ziehen ist die saloppe Ausdrucksweise für jemanden erschlagen. Man kann der Axt den Stiel nach- oder sie stracks hinwerfen, d. h. alles verloren geben bzw. vorschnell aufgeben. Wenn man ohne die erforderlichen Mittel etwas anfängt, so geht man ohne Axt in den Wald und wenn man seinem Feind eine Hilfe erweist, dann gibt man ihm den Stiel zu seiner Axt. Der Axt einen Stiel finden bedeutet, eine Handhabe finden, insbesondere gegen jemanden.
Auch von [[Hermes]] Trismegistos, werden Reisen erzählt, was viell. zur Peregrinatio Maiers Anlass gegeben hat. Wahrscheinlicher allerdings ist die Vorstellung vom [[opus]] magnum, als einer Wanderschaft oder Irrfahrt wie etwa der Argonatenzug nach dem bei den Alchemisten beliebten „aureum vellus“ Goldenen Vlies. (Jung GW., Bd. 12 § 457)


Eine Sonderform der Axt ist die Doppelaxt, sie wurde, nach einem vorgriechischen Wort, Labrys genannt. Es handelt sich hierbei um eine Axt mit zwei symmetrischen Schneiden, die Rücken an Rücken angeordnet sind. Der Doppelaxt kommt sowohl als Handwerkszeug, Kultgegenstand und Kriegswaffe Bedeutung zu. Sie war in vorgeschichtlichen Kulturen, insbesondere im vorderen Orient und auf Kreta verbreitet. Vermutlich verkörperte die Doppelaxt auf Kreta die Gegenwart der Gottheit, ihr wurde übernatürliche Macht zugeschrieben. In ihrer Bedeutung als Kultsymbol wurde sie ursprünglich der Titanin Rhea zugeordnet, später als Donnerkeil Zeus, dem Gott des Blitzes und Donners. Beim westafrikanischen Stamm der Yoruba ist die Doppelaxt ebenfalls ein Donnerkeil. Der Yoruba-Gott Schango trägt als Zeichen seiner Macht eine Steinaxt. Wenn sein Zorn erregt wird, schleudert er diese Waffe auf seine Untergebenen nieder. Es gibt die Annahme, bei der Doppelaxt handle es sich um eine stilisierte Darstellung des Schmetterlings, auf einigen Äxten finden sich tatsächlich eingravierte Schmetterlinge. Die Doppelaxt wird außerdem durch ihre halbmondförmig geschweiften Schneiden als lunares Symbol mit den Mondphasen, den Mondsicheln für zu- und abnehmenden Mond und dem Matriarchat in Verbindung gebracht. Sie wird heute vor allem als Symbol homosexueller Frauen verwendet.
Die Symbolik der Reise ist eng verbunden mit der des Kreuzweges, der Wahl des Weges zur Rechten oder zur Linken. Weiterhin kennen viele Völker die Vorstellung von einer Reise, die die Verstorbenen nach ihrem Tode unternehmen müssen, um ihre Seele zu reinigen und weiterzuentwickeln (z. B. in den ägypt. und tibetan. Totenbücher, in der Gnosis, Judentum, Chistentum).
 
Die Seelen müssen verschiedene Hindernisse (wie Schwertbrücken oder Begegnungen mit Dämonen) überwinden, sie werden oft von Führern (z. B. von Engeln –Vergil und Beatrice bei Dante) geleitet.
 
Das Motiv des Reisens, des Unterwegssein kommt in Märchen häufig vor, jedoch meist in der ursprünglichen Form der Reise zu Fuß als (Such-) Wanderung, da Helden nach C. G. Jung meist wesenhaft Wanderer sind.
 
Ein weiteres wichtiges archetypisches Motiv der Reise ins [[Unbewusste]] ist die Unterweltsfahrt oder [[Nachtmeerfahrt]]. „Die letzte Reise antreten“ bedeutet zu sterben. Nach C. G. Jung kann der nahe Tod eines Menschen sich in Träumen durch Wiedergeburtssymbole wie Ortsveränderungen, Reisen und dergleichen ankündigen. (Jung Bd. 8, & 809, S. 451)
 
'''Interpretation:''' Zentral im Motiv der Reise ist der Aspekt des Aufbruchs, der bewusste Beginn von etwas Neuem, das in Verbindung mit der Dimension Zeit in die Zukunft hinein führt, wie auch die dynamische Kraft des „Weiterbewegens“ im Sinne von weiterkommen / weitergehen können ([[Wanderung]]), also Lebensenergie im Sinne vitaler, expansiver Vorwärtsbewegung ([[Progression]]). Selbst eine kleine Reise stellt eine Veränderung des seelischen Erlebens dar, sie ist immer Abschied von Erlebtem und Erwartung von Kommenden. Im deutschen Sprichwort „Man weiß wohl, wie man ausreist, aber nicht, wie man zurückkehrt“ ist der Prozess der Wandlung, aber auch die Begegnung mit schicksalhaften Aspekten und äußeren Herausforderungen, denen sich der Reisende stellen muss, angesprochen.
 
Das Symbol der Reise steht weiter für die Lebensreise, die Bewältigung des persönlichen Schicksals wie auch die Aufgabe der Individuation, den Differenzierungs- und Integrationsprozess, der die Entwicklung der individuellen Persönlichkeit zum Ziel hat.
 
Das archetypische Motiv der großen Fahrt / Reise beinhaltet einerseits die Bewältigung der Herausforderungen des äußeren, individuell zu leistenden Lebens von der Geburt bis zum Tod mit all seinen vielfältigen Eindrücken, Erfahrungen, Höhen und Tiefen, andererseits Aspekte der inneren Reise, die darin besteht, dass der Mensch nach dem Sinn des Lebens zu fragen beginnt und sich auf die Suche nach seinem spirituellen Zentrum macht. Bei einer realen Reise oder auch dem Motiv des Reisens in Träumen werden zugrunde liegende archetypische Aspekte des [[Heldenmythos]] deutlich: der reisende „Held“, der seine Angst überwindet, um sich in unbekannte, fremde Bereiche vorzuwagen, dabei manch (Drachen)-Kämpfe zu bestehen hat, mit dem Ziel [[die]] schwer erreichbare Kostbarkeit oder den Schatz zu erringen. Die gefährliche Reise hat nach Campbell (S. 63) die Wiedererlangung der göttl. Kräfte im Herzen des Helden zum Ziel. In unseren Träumen stellt sich das archetypische Motiv der Reise in vielfältigen Facetten des modernen Unterwegssein dar: Das Reisen mit den verschiedenen Verkehrsmitteln ([[Auto]], [[Eisenbahn]], [[Fahrrad]], [[Flugzeug]], [[Rakete]], [[Schiff]],) das Befinden auf Gleisen, Bahnhöfen, Abschied, Verspätung, Verpassen eines Anschlusses, Erlebnisse mit dem Gepäck, Fahrkarten und Mitreisenden, Entdecken eines fremden Landes verdichtet sich zu unverwechselbaren Erfahrungen und spiegelt in unseren Träumen bildhaft Stationen unseres individuellen Lebensweges und seiner Bewältigung dar, auch mit Aspekten von Initiation und notwendigen Prüfungen, die abgelegt werden müssen.
 
Im Motiv der Reise kann auch eine Erneuerunstendenz der Psyche erkennbar werden, wichtig ist die Art der Reise und ihr Verlauf, welche Schwierigkeiten sich dem Reisenden in den Weg stellen und wie diese bewältigt werden.
 
Eine junge Frau, der eine berufliche Umbruchsituation zu schaffen macht, träumt: „Ich bin alleine auf Reisen und erkunde zuerst eine fremde Gegend, die nicht so einladend ist. Dabei treffe ich auf andere Reisende, mit denen es jedoch angenehm ist zu reden. Schließlich bin ich auf einer Art Burg oder Festungsanlage, wo ich eine Mutprobe ablegen soll. Ich soll mich nach rechts abseilen und dann einen Fluss durchschwimmen, was mir vertrauter ist, als das Abseilen. Obwohl ich sehe, dass die Burgmauer am Ende nur sehr niedrig ist, stelle ich die Aufgabe nicht in Frage, mich an höchster Stelle abzuseilen. Es sind wohlwollende Leute um mich herum, die mir helfen können. Ich beauftrage eine Frau, die sich damit besonders gut auskennt, mir belastbare Knoten in mein Seil zu machen. Sie ist sehr geschickt darin und ich erinnere sie daran, dass das Seil mein Gewicht aushalten muss.


'''Literatur:''' Standard
'''Literatur:''' Standard


'''Autor:''' Müller, Lutz
'''Autor:''' Kuptz-Klimpel, Annette

Version vom 17. November 2011, 10:09 Uhr

Keyword: Reise

Links: Abschied, Auto, Bewegung, Held, Heros-Prinzip, Nachtmeerfahrt, Pilger, Reiten, Rucksack, Wanderung, Weg

Definition: Ein Reise (etymo.: von “raiso“ vordeutsch: „Reise, Aufbruch“, abgeleitet von german: „reis-a-st“ „aufgehen, sich erheben“) zu unternehmen bedeutet, den vertrauten Lebensraum vorübergehend zu verlassen, um sich mit den unterschiedlichsten Verkehrsmitteln (Auto, Bahn, Schiff, Flugzeug, Fahrrad usw.) auf die Reise oder zu Fuß auf die Wanderung, auf den Weg zu begeben, um ein angestrebtes Ziel zu erreichen oder eine (meist unbekannte) Gegend, Land, Ort oder Stadt zu erkunden und dadurch kennenzulernen.

Information: Zentral ist beim Reisen die Erfahrung des „Unterwegsseins“, die Suche nach dem richtigen Weg, das Entdecken und sich Erschließen von neuen, bisher fremden Gegenden, Ländern, Kulturen, Begegnungen mit Menschen, wie auch die Auseinandersetzung mit Hindernissen und Schwierigkeiten unterschiedlichster Art, die sich dem Reisenden schicksalhaft in den Weg stellen. Häufig werden Aspekte des eigenen unbekannten oder ungelebten Selbst auf fremde, „exotische“ Länder, Menschen oder die „intakte“ Natur dort projiziert, deren Existenz einem ursprünglicher, weniger entfremdet und ganzheitlicher vorkommt.

Die wichtigsten Entdeckungsreisen im Altertum galten zunächst Afrika und Vorderasien und fanden in Zusammenhang mit Kriegszügen und Handel statt. Im Mittelalter erreichten die seekundigen Wikinger Island und Grönland. Marco Polo bereiste Zentralasien, Persien, China und Indien und hinterließ umfangreiche Reiseliteratur. Seit dem Beginn der Neuzeit brachen die europäischen Seefahrernationen zu ihren großen Entdeckungsreisen auf, dem Erkunden der Weltmeere und Erschließen fremder Kontinente. Im Vordergrund standen evolutionäre, politische und wirtschaftliche Gründe (Kolonialisierung), später die Missionierung. Seit dem 18. Jh. wurden Reisen ins außereuropäische Ausland vor allem von Naturforschern unternommen, um ihrem wissenschaftlichen Forschungsdrang nachzugehen. Im 18. und 19. Jh. dienten Reisen in Europa insbesondere der Bildung der besitzenden Klasse (Goethes „Italienische Reise“). Die professionell organisierte Erholungsreise des 20. Jh., eine gesellschaftliche Entwicklung der modernen Industriegesellschaft ist entstanden durch die Ausdehnung von Freizeit, Lebensalter, Konsum und Bildung, infolge des technischen Fortschrittes der Verkehrsmittel, und durch organisierte Reiseangebote der Tourismusbranche (Tourismus, engl. „tour“ = Ausflug). Dies ermöglicht, dass Reisen in fremde Länder und Kulturen zu einem z. B. ein- oder zweiwöchigen „Urlaubs“-Vergnügen auch des kleineren Geldbeutels werden kann, was mit der tatsächlichen Erfahrung des Reisens allerdings nur noch wenig zu tun hat: Um sich zu erholen, verweilt man in künstlich geschaffenen Urlaubsgettos in landschaftl. begünstigten Gegenden und nimmt die Erfahrung des Unterwegseins lediglich auf sich, um die Anfahrtswege zu bewältigen. Wie in einer Gegenbewegung gibt es seit den 70er Jahren Globetrotter und Weltenbummler, die meist mit geringem Gepäck (Rucksack) für längere Zeit die Erfahrung des Reisens in seiner ursprünglichen Qualität und den direkten Kontakt mit der Bevölkerung des Reiselandes suchen.

Reiseberichte und -schilderungen geben uns seit früher Zeit Erfahrungen des Reisens wieder (z. B. Marco Polo, Alexander von Humbold, als moderner Reise-Schriftsteller z. B. Bruce Chatwin u. a. mit „Traumpfade“, „Der Traum des Ruhelosen“) In „Kunst des Reisens“ (A. de Botton) wird die Poesie des Unterwegssein in Essays über große Reisende und Maler der vergangenen Jahrhunderte dargestellt. (wie u. a. Humboldt, Flaubert, van Gogh)

Im Buddhismus werden Geburtenkreislauf, die Abfolge der Inkarnationen der geistigen Individualität bis zu ihrer Erlösung ins Nirwana mit einer Reise verglichen. Bekannte Helden der griech. Mythologie (u. a. Odysseus, Theseus und die Argonauten) reisten in einer Suchwanderung über das Meer, versuchten Prüfungen und Herausforderungen zu bestehen, um Ungeheuer zu besiegen oder wie bei der Argonatenfahrt das goldene Vlies zu erlangen, letztendlich ein Streben nach Vollkommenheit und Bewußtwerdung, Transformation und dem Finden des spirituellen Zentrums.

Das Motiv des Anthropos, des ersten Menschen, der symbolisch durch die vier Elemente. gekennzeichnet ist, wird oft dargestellt durch entsprechende Reisen in vier Himmelsrichtungen wie die des Osiris, die Abenteuerzüge des Herakles, die Reisen des Henoch und die symbolische Peregrinatio „mystische Reise“ bei Michael Maier.

Auch von Hermes Trismegistos, werden Reisen erzählt, was viell. zur Peregrinatio Maiers Anlass gegeben hat. Wahrscheinlicher allerdings ist die Vorstellung vom opus magnum, als einer Wanderschaft oder Irrfahrt wie etwa der Argonatenzug nach dem bei den Alchemisten beliebten „aureum vellus“ Goldenen Vlies. (Jung GW., Bd. 12 § 457)

Die Symbolik der Reise ist eng verbunden mit der des Kreuzweges, der Wahl des Weges zur Rechten oder zur Linken. Weiterhin kennen viele Völker die Vorstellung von einer Reise, die die Verstorbenen nach ihrem Tode unternehmen müssen, um ihre Seele zu reinigen und weiterzuentwickeln (z. B. in den ägypt. und tibetan. Totenbücher, in der Gnosis, Judentum, Chistentum).

Die Seelen müssen verschiedene Hindernisse (wie Schwertbrücken oder Begegnungen mit Dämonen) überwinden, sie werden oft von Führern (z. B. von Engeln –Vergil und Beatrice bei Dante) geleitet.

Das Motiv des Reisens, des Unterwegssein kommt in Märchen häufig vor, jedoch meist in der ursprünglichen Form der Reise zu Fuß als (Such-) Wanderung, da Helden nach C. G. Jung meist wesenhaft Wanderer sind.

Ein weiteres wichtiges archetypisches Motiv der Reise ins Unbewusste ist die Unterweltsfahrt oder Nachtmeerfahrt. „Die letzte Reise antreten“ bedeutet zu sterben. Nach C. G. Jung kann der nahe Tod eines Menschen sich in Träumen durch Wiedergeburtssymbole wie Ortsveränderungen, Reisen und dergleichen ankündigen. (Jung Bd. 8, & 809, S. 451)

Interpretation: Zentral im Motiv der Reise ist der Aspekt des Aufbruchs, der bewusste Beginn von etwas Neuem, das in Verbindung mit der Dimension Zeit in die Zukunft hinein führt, wie auch die dynamische Kraft des „Weiterbewegens“ im Sinne von weiterkommen / weitergehen können (Wanderung), also Lebensenergie im Sinne vitaler, expansiver Vorwärtsbewegung (Progression). Selbst eine kleine Reise stellt eine Veränderung des seelischen Erlebens dar, sie ist immer Abschied von Erlebtem und Erwartung von Kommenden. Im deutschen Sprichwort „Man weiß wohl, wie man ausreist, aber nicht, wie man zurückkehrt“ ist der Prozess der Wandlung, aber auch die Begegnung mit schicksalhaften Aspekten und äußeren Herausforderungen, denen sich der Reisende stellen muss, angesprochen.

Das Symbol der Reise steht weiter für die Lebensreise, die Bewältigung des persönlichen Schicksals wie auch die Aufgabe der Individuation, den Differenzierungs- und Integrationsprozess, der die Entwicklung der individuellen Persönlichkeit zum Ziel hat.

Das archetypische Motiv der großen Fahrt / Reise beinhaltet einerseits die Bewältigung der Herausforderungen des äußeren, individuell zu leistenden Lebens von der Geburt bis zum Tod mit all seinen vielfältigen Eindrücken, Erfahrungen, Höhen und Tiefen, andererseits Aspekte der inneren Reise, die darin besteht, dass der Mensch nach dem Sinn des Lebens zu fragen beginnt und sich auf die Suche nach seinem spirituellen Zentrum macht. Bei einer realen Reise oder auch dem Motiv des Reisens in Träumen werden zugrunde liegende archetypische Aspekte des Heldenmythos deutlich: der reisende „Held“, der seine Angst überwindet, um sich in unbekannte, fremde Bereiche vorzuwagen, dabei manch (Drachen)-Kämpfe zu bestehen hat, mit dem Ziel die schwer erreichbare Kostbarkeit oder den Schatz zu erringen. Die gefährliche Reise hat nach Campbell (S. 63) die Wiedererlangung der göttl. Kräfte im Herzen des Helden zum Ziel. In unseren Träumen stellt sich das archetypische Motiv der Reise in vielfältigen Facetten des modernen Unterwegssein dar: Das Reisen mit den verschiedenen Verkehrsmitteln (Auto, Eisenbahn, Fahrrad, Flugzeug, Rakete, Schiff,) das Befinden auf Gleisen, Bahnhöfen, Abschied, Verspätung, Verpassen eines Anschlusses, Erlebnisse mit dem Gepäck, Fahrkarten und Mitreisenden, Entdecken eines fremden Landes verdichtet sich zu unverwechselbaren Erfahrungen und spiegelt in unseren Träumen bildhaft Stationen unseres individuellen Lebensweges und seiner Bewältigung dar, auch mit Aspekten von Initiation und notwendigen Prüfungen, die abgelegt werden müssen.

Im Motiv der Reise kann auch eine Erneuerunstendenz der Psyche erkennbar werden, wichtig ist die Art der Reise und ihr Verlauf, welche Schwierigkeiten sich dem Reisenden in den Weg stellen und wie diese bewältigt werden.

Eine junge Frau, der eine berufliche Umbruchsituation zu schaffen macht, träumt: „Ich bin alleine auf Reisen und erkunde zuerst eine fremde Gegend, die nicht so einladend ist. Dabei treffe ich auf andere Reisende, mit denen es jedoch angenehm ist zu reden. Schließlich bin ich auf einer Art Burg oder Festungsanlage, wo ich eine Mutprobe ablegen soll. Ich soll mich nach rechts abseilen und dann einen Fluss durchschwimmen, was mir vertrauter ist, als das Abseilen. Obwohl ich sehe, dass die Burgmauer am Ende nur sehr niedrig ist, stelle ich die Aufgabe nicht in Frage, mich an höchster Stelle abzuseilen. Es sind wohlwollende Leute um mich herum, die mir helfen können. Ich beauftrage eine Frau, die sich damit besonders gut auskennt, mir belastbare Knoten in mein Seil zu machen. Sie ist sehr geschickt darin und ich erinnere sie daran, dass das Seil mein Gewicht aushalten muss.“

Literatur: Standard

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette