Bahnhof und Parzival: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Bahnhof
'''Keyword:''' Parzival


'''Links:''' [[Abreise]], [[Anfang]], [[Ende]], [[Fahrzeug]], [[Reise]], [[Zug]]
'''Links:''' [[Gral]], [[Heldenreise]], [[Heros-Prinzip]], [[Narr]]


'''Definition:''' Ein Bahnhof ist technisch gesehen eine Betriebsstelle einer Bahnlinie mit mindestens einer Weiche. Ein Ort also, wo [[Züge]] beginnen, enden, einander ausweichen können und auch wenden dürfen.
'''Definition:''' Parzival, mythische Rittergestalt aus der Artussage, ist die zentrale Gestalt in der Gralslegende ([[Gral]]).


'''Information:''' Aus Sicht der Reisenden ist der Bahnhof ein Ort, an dem eine [[Reise]] beginnt, endet, oder wo umgestiegen wird. Hier ist nach dem Verpassen eines Ausstieges erstmals wieder ein Wechsel der Richtung möglich. Der Bahnhof ist gleichermaßen ein Knotenpunkt eines Schienennetzes. Für die umliegende geografische Region erschließt er den Zugang zu diesem Schienennetz, ist damit gleichsam Versorgungs- und Kommunikationszentrum.
'''Information:''' Das erste größere Parzival gewidmete Werk ist „Perceval le Gallois“ von Chrétien de Troyes aus dem 12. Jahrhundert. Wolfram von Eschenbach gestaltete seinen höfischen Roman Parzival (um 1200 bis 1210) in 24810 Reimpaarversen, vereint darin christliche, orientalische und märchenhafte Züge und bereicherte das Versepos mit einem unerreichten Kontingent an Wissen aus Bereichen der Medizin, Naturkunde und Astronomie. Es diente Richard Wagner auch als Vorlage für sein 1882 uraufgeführtes Bühnenweihfestspiel Parsifal.


'''Interpretation:''' Er ist Ausgangsort, aber auch Ziel von Lebensunternehmungen ([[Reisen]]), zeigt Übergänge im Leben an. In seiner Funktion als Zwischen- bzw."Endstation" einer Reise ist er der Ort, an dem Mann/Frau mehr oder weniger zufällig festgehalten wird oder strandet. Dargestellt etwa in der Figur des Virgil Tibbs im Film " In der Hitze der Nacht", aufbauend auf einer Novelle von John Ball, in der Tibbs als schwarzer Polizeidetektiv aus dem Norden auf einer Reise im tiefen Süden der USA mitten in der Nacht auf einen Anschlusszug warten muss und gezwungen wird, mit dem bigotten und rassistischen Polizeichef dieses Ortes "Sparta" gemeinsam einen Mord aufzuklären. Dieser sehr erfolgreiche Film trifft 1967 auf ein rassisch gespaltenes Amerika, in dem ein "Drehen" des Streifens wegen seines dunkelhäutigen Hauptdarstellers S. Poitier an Originalschauplätzen der Geschichte in den tiefen Südstaaten unmöglich war. Der Verlauf der Geschichte, die wiederum bei der Weiterfahrt von Tibbs auf dem Bahnhof der Stadt endet, markiert in der zuletzt dargestellten Versöhnung und gegenseitigen Respektierung des weißen und schwarzen Hauptdarstellers einen sich im Verlauf abzeichnenden Wendepunkt in der in der Rassenfrage gespaltenen amerikanischen Gesellschaft.
Parzival wächst vaterlos auf, fernab der höfischen Welt, ganz im Banne der Mutter, die ihn als Narr kleidet und versucht ihn so vor der Welt zu schützen. Sein Weg verläuft in drei wichtigen Phasen: Nach der Stufe der „tumbheit“ (Torheit, Einfalt, Unerfahrenheit), die er in der Kleidung eines bäuerlichen Narren verbringt und dabei glückhaft in die Welt hineintappt, besteht er erste Prüfungen, versagt jedoch auch tölpelhaft. Er kann das ihn umgebende Leid bei seinem ersten Besuch auf der Gralsburg nicht erkennen und muss neben vielen ritterlichen Zweikämpfen einen langen Weg der Einsamkeit gehen, bevor er schließlich die Wandlung erleben kann, um dann die alles entscheidende, anteilnehmende Frage an seinen Oheim, den verletzten Gralskönig (Anfortas), zu stellen („Oheim, was fehlt dir?“) und diesen in Gegenwart des Grals von seinem Leid erlösen zu können. So findet er nach vielen Irrwegen über einen langen Zustand des zwîvels (Zweifel als Ungewissheit, Misstrauen, Unbeständigkeit) den Weg zur „sælde“ (Glück, himmlische Seligkeit) und wird schließlich weiser Gralskönig.


Der Bahnhof ist auch Ort flüchtiger Begegnungen, gilt oft als anrüchiger Ort, wegen der sich häufig in der Bahnhofsgegend ansiedelnden Halb- bzw. Unterwelt (Prostitution u. a.). So ist in der Realität der Bahnhof häufig auch ein Zufluchtsort für Obdachlose und Alkoholiker. Der Film: "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" zeigt z. B. das Schicksal eines drogenabhängigen Mädchens im Umfeld dieses Berliner Bahnhofes.
'''Interpretation:''' Wie kaum eine Gestalt verbindet sich in Parzival der Entwicklungsweg vom unbeschwerten [[Helden]], der in seiner Naivität noch ganz in Übereinstimmung mit der Natur lebt. So ist er zunächst der Archetyp eines [[Narren]] und verkörpert auch den Aspekt der Jugend. In der Phase des Zweifels ist er ein Beispiel für den suchenden Menschen, der als Schuldiger, Suchender und Nachdenklicher unterwegs ist. Und obwohl es eine innere Suche ist, ereignet sich diese zunächst im Außen und findet ihr Ziel erst, wenn die Zeit- und Raumlosigkeit des Phänomens des Grals verstanden wird.


Der Bahnhof, der oft zu Beginn einer Psychotherapie in Träumen auftaucht, kann verstanden werden als Ort des Aufbruchs zu einer Reise, als [[Wendepunkt]] im Leben, die eine Psychotherapie für den betreffenden Menschen dann bedeutet. Wenn im Traum zu Beginn einer Psychotherapie auf dem Bahnhof der [[Zug]] verpasst wird, weil der Mensch aufgehalten wird, oder das Gepäck zu schwer ist, um es einzuladen, weist das darauf hin, dass der Psychotherapie Hindernisse, wie z. B. Altlasten, die der Mensch nicht zurücklassen möchte, entgegen stehen, die eine erfolgreiche Psychotherapie verunmöglichen können, wenn man sie nicht beachtet.
Psychologisch beinhaltet die Gestalt Parzivals weiterhin, den eigenen [[Schatten]] zu würdigen, möglichst viele unbewusste und bewusste Anteile aufzunehmen und diese in ihrer Gegensätzlichkeit in der eigenen Persönlichkeit zu einer Ganzheit (nicht Perfektion!) zu vereinigen.


'''Literatur:''' Standard, Obleser (1997)


'''Literatur:''' Standard
'''Autor:''' Obleser, Horst
 
'''Autor:''' Junghan, Marianne

Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 17:51 Uhr

Keyword: Parzival

Links: Gral, Heldenreise, Heros-Prinzip, Narr

Definition: Parzival, mythische Rittergestalt aus der Artussage, ist die zentrale Gestalt in der Gralslegende (Gral).

Information: Das erste größere Parzival gewidmete Werk ist „Perceval le Gallois“ von Chrétien de Troyes aus dem 12. Jahrhundert. Wolfram von Eschenbach gestaltete seinen höfischen Roman Parzival (um 1200 bis 1210) in 24810 Reimpaarversen, vereint darin christliche, orientalische und märchenhafte Züge und bereicherte das Versepos mit einem unerreichten Kontingent an Wissen aus Bereichen der Medizin, Naturkunde und Astronomie. Es diente Richard Wagner auch als Vorlage für sein 1882 uraufgeführtes Bühnenweihfestspiel Parsifal.

Parzival wächst vaterlos auf, fernab der höfischen Welt, ganz im Banne der Mutter, die ihn als Narr kleidet und versucht ihn so vor der Welt zu schützen. Sein Weg verläuft in drei wichtigen Phasen: Nach der Stufe der „tumbheit“ (Torheit, Einfalt, Unerfahrenheit), die er in der Kleidung eines bäuerlichen Narren verbringt und dabei glückhaft in die Welt hineintappt, besteht er erste Prüfungen, versagt jedoch auch tölpelhaft. Er kann das ihn umgebende Leid bei seinem ersten Besuch auf der Gralsburg nicht erkennen und muss neben vielen ritterlichen Zweikämpfen einen langen Weg der Einsamkeit gehen, bevor er schließlich die Wandlung erleben kann, um dann die alles entscheidende, anteilnehmende Frage an seinen Oheim, den verletzten Gralskönig (Anfortas), zu stellen („Oheim, was fehlt dir?“) und diesen in Gegenwart des Grals von seinem Leid erlösen zu können. So findet er nach vielen Irrwegen über einen langen Zustand des zwîvels (Zweifel als Ungewissheit, Misstrauen, Unbeständigkeit) den Weg zur „sælde“ (Glück, himmlische Seligkeit) und wird schließlich weiser Gralskönig.

Interpretation: Wie kaum eine Gestalt verbindet sich in Parzival der Entwicklungsweg vom unbeschwerten Helden, der in seiner Naivität noch ganz in Übereinstimmung mit der Natur lebt. So ist er zunächst der Archetyp eines Narren und verkörpert auch den Aspekt der Jugend. In der Phase des Zweifels ist er ein Beispiel für den suchenden Menschen, der als Schuldiger, Suchender und Nachdenklicher unterwegs ist. Und obwohl es eine innere Suche ist, ereignet sich diese zunächst im Außen und findet ihr Ziel erst, wenn die Zeit- und Raumlosigkeit des Phänomens des Grals verstanden wird.

Psychologisch beinhaltet die Gestalt Parzivals weiterhin, den eigenen Schatten zu würdigen, möglichst viele unbewusste und bewusste Anteile aufzunehmen und diese in ihrer Gegensätzlichkeit in der eigenen Persönlichkeit zu einer Ganzheit (nicht Perfektion!) zu vereinigen.

Literatur: Standard, Obleser (1997)

Autor: Obleser, Horst