Quadrat: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 12. Dezember 2015, 22:55 Uhr

Keyword: Quadrat

Links: Kreuz, Mandala, Quaternität, Selbst, Vier, Würfel

Definition: Ein Quadrat (lat. quadratum) ist ein Rechteck mit vier gleich langen Seiten.

Information: Das Quadrat kommt als Naturform im geometrisch strengen Sinne nicht vor; außer in bestimmten Kristallbildungen. Schöpfer der Figurationen von Quadrat und Rechteck, Kubus und Quader ist der Mensch. Viereckige Felder entstehen, indem er seine Furchen zieht. Auf viereckigen Grundrissen erbaut er seine Häuser, behaut Steine und formt Lehm zu Würfeln und Quadern.

Interpretation: Ursprünglich in die Erde geritzt, hat das Quadrat deren Schwere. Seine Gestalt ruht auf breiter Grundlage, es ist eine statische, adynamische Figur, insofern auch etwas Festes, Konkretes, Fundamentales. Die dem Quadrat zugrundeliegende Zahl Vier weist es als mit der Symbolik des Weiblichen verbunden aus.

Eine tiefgründige Anschauung des Quadrats hatten die Pythagoräer: Indem sie im Quadrat ein Sinnbild für das vereinte Wirken der vier Elemente sahen, verstanden sie es zugleich als Symbol für das Zusammenwirken der vier weiblichen Gottheiten Aphrodite, Demeter, Hestia und Hera, als deren Synthese die Göttermutter Rhea aufgefasst wurde.

Im alten China galt die Erde, der ganze Kosmos als quadratisch. Für die indianischen, matriarchalen Kulturen, die das Himmlische nicht als eine eigene Kategorie vom Irdischen trennen, ist das Viereck ein Bild für die Grundstruktur des ganzen Kosmos. In Sandzeichnungen der Indianer kennzeichnet ein quadratischer Kopf eine Figur als weiblich. Auch der Körper des Menschen, sein Brust- und Bauchraum, wird auf frühen Darstellungen quadratisch gebildet.

In ihrer regelmäßigen Form hatten quadratische Abgrenzungen in frühen Zeiten magisch-abwehrenden Charakter, bildeten einen heiligen Bezirk. Tempel, Altäre, Städte wurden auf quadratischem Grundriss erbaut. In den Meditationsbildern des hinduistisch-buddhistischen Ostens bildet das Quadrat die irdische Umfassung des Temenos, in dem der Kreis das Zentum des Mandalas darstellt. Im Kreuzgang vieler Klöster umwandelt man meditierend das Geviert eines Innenhofes.

Ein Quadrat auszuschreiten bedingt einen Perspektivwechsel jeweils an den vier Ecken im Sinne der vier Himmelsrichtungen und ihrer Symbolik. Psychologisch bedeutet es, einen anderen Blickwinkel auf das Leben zu gewinnen. Die alten divinatorischen Schicksalsspiele wie Schach, Dame, Mühle wurden auch auf quadratischen Feldern gespielt.

Das Quadrat begrenzt im Gegensatz zum Unbegrenzten. Umhegend begrenzt und schützt es den Lebensraum des Menschen, der sich darin niederlässt. In seiner Ebenmäßigkeit ist das Quadrat - nach Platon - neben dem Kreis von vollendeter Schönheit. Quadrat und Würfel weisen die Viererstruktur auf, die sich in vielen Bereichen des menschlichen Lebens wiederfindet: in der äußeren Wirklichkeit in den vier Himmelsrichtungen, den vier Jahreszeiten, den vier Elementen und den vier Weltaltern; in der inneren Wirklichkeit in den vier Temperamenten, den vier Orientierungsfunktionen, auf die C. G. Jung seine Typenlehre aufbaut, aber auch in der vierfachen Ausstattung des Menschen nach der Auffassung des Islam, nach der dieser sich göttlichen, englischen, menschlichen und teuflischen Einflüssen öffnen kann. Im Zeichen des Quadrats wäre der Mensch bemüht, die Möglichkeiten seiner vierfältigen Ausstattung zu integrieren und eine gewisse Ganzheit zu erreichen, somit das Quadrat als eine Realisierungsebene des Selbst zu betrachten, das allseitig ausgeschritten werden müsste, um verwirklicht, einverleibt werden zu können. Das Viereck bietet ein Symbol für das, was wir das sich inkarnierende Selbst nennen können: nämlich die Tendenz des Selbst, sich im alltäglichen Leben, gerade in und unter dessen Widerständen, Ecken und Kanten zu realisieren.

Literatur: Standard, Riedel (Formen, 2002)

Autor: Riedel, Ingrid