Ei und Eifersucht: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Ei
'''Keyword:''' Eifersucht


'''Links:''' [[Bios-Prinzip]]
'''Links:''' [[Abschied]], [[Binden]], [[Bindung]], [[Trennung]]


'''Definition:''' Eier (mhd., ahd. ei; lat. ovum: oval, lat. avis: Vogel, eigentlich indogermanisch: "das zum Vogel Gehörige bzw. das vom Vogel Gelegte") werden von Tieren, besonders Vögeln, auch Amphibien, Fischen, Insekten, Reptilien zur Fortpflanzung gelegt oder abgelegt.
'''Definition:''' Eifersucht ist eine Emotion, ein häufig als heftig, schmerzhaft, ja qualvoll erlebtes Gefühl. Im Kern der Eifersucht steht die Angst, Aufmerksamkeit, Zuwendung oder Liebe von anderen weggenommen zu bekommen, sie z. B. durch Auftreten eines Konkurrenten um eine geliebte Person zu verlieren.


'''Information:''' Eier enthalten die Eizelle der Tiere. Vom Vogelei wurde das Wort auf die Eier anderer Tiere übertragen und dann in der Biologie auf die befruchtete wie auch die unbefruchtete weibliche Keimzelle von Menschen und Tieren überhaupt. Im Ei bzw. seinem Zellkern sind alle wesentlichen Anlagen für die Entwicklung des Organismus enthalten. Das reife weibliche Ei muss die Eizelle verlassen und sich auf den Weg machen, wird dann durch Samen befruchtet, um seinen Entwicklungsweg beginnen zu können.
'''Information:''' Das Wort Eifersucht ist etymologisch vielfältig ableitbar: Eifer (ahd. eivar: scharf, bitter) wird in Luthers Bibelübersetzung benutzt für lat. zelus: lieblicher Zorn; Zorn Gottes. Der alttestamentarische Gott taucht in vielen Zusammenhängen als ein eifernder und eifersüchtiger Gott auf. "Ich bin der Herr dein Gott. Du sollst nicht andre Götter haben neben mir", wird bereits im ersten Gebot gefordert.


Eier der Fische und Amphibien sind gallertartiger Laich, der nach dem Laichen sich selbst überlassen wird. Bei den höheren eierlegenden Tieren ist die Eizelle, eingehüllt von Eiweiß und Eidotter, durch eine Kalkschale geschützt. Die meist kugelförmigen oder ovalen Eier der Vögel müssen von den Eltern ausgebrütet werden, damit schließlich die Küken bzw. andere Jungtiere schlüpfen können. Reptilieneier werden in einem geschützten Gelege z. B. in Sandlöchern abgelegt und entwickeln sich dort. Im Bereich der Insekten entstehen aus den Eiern Larven und Maden. Aus ihnen entwickeln sich Puppen, aus denen schließlich das Insekt in seiner endgültigen Gestalt hervor kommt. Das reife Ei der Säugetiere entwickelt sich nach der Befruchtung im Mutterleib zum Embryo und Fetus und wird von der Mutter geboren.
Im heutigen Sprachgebrauch sind im Eifer und im Wort Eifersucht sowohl das Bittere und Scharfe, das Harte, Missgünstige, Übererregte, das Fanatische und Blinde des Zorns wie das liebevoll zugewandte Engagement erhalten geblieben. So kann sich ein Mensch eifrig, einsatzbereit, motiviert und liebevoll ans Werk machen oder eine Aufgabe erledigen. Ist er allerdings eifersüchtig, so hat er dabei seine Rivalen immer im Auge. Verknüpfen wir die Vorsilbe "über" mit eifrig, so meinen wir eine unbedachte, vorschnelle oder auch überangepasste Verhaltensweise, auch eine Art vorauseilenden Gehorsam, mit dem ein Mensch seine Unsicherheit zu kompensieren sucht. Und wenn sich ein Mensch ereifert, bedeutet das, dass er sich mit großer, ja leidenschaftlicher Erregung für oder gegen ein Thema äußert - meistens wird das Wort eher kritisch oder auch abwertend gemeint.


Die Eier von Hausgeflügel, Wildvögeln und auch Fischen (Kaviar) werden als Lebensmittel verwendet, sind als solche sehr wertvoll, ermöglichen die Zubereitung einer Vielzahl von Speisen.
Sucht (ahd. in Verbindung mit siechen: krank sein) findet sich z.B. in alten Bezeichnungen für Krankheiten wie Schwindsucht oder Nesselsucht. Gebraucht wird das Wort auch in Zusammensetzungen mit negativen Affekten, Eigenschaften, Verhaltensweisen wie Habsucht, Tobsucht, Herrschsucht, Selbstsucht. Damit rücken diese in die Nähe nicht nur der Krankheit sondern auch der Sünde der Leidenschaften und der Todsünden.


'''Interpretation:''' In den Bildern aus dem Unbewussten mit ihrer symbolhaften Sprache kann das Ei das Allereinfachste und Ursprünglichste und den Uranfang ausdrücken und die höchste Kostbarkeit und das Leben überhaupt, z. B. als Ur-Ei oder Goldenes Ei. Im Ur- oder Welten-Ei als dem "Großen Runden" kann der ganze Kosmos enthalten sein, im Ei wurzelt das Matriarchale als die Matrix der Welt und des Lebens überhaupt.
Unter Sucht wird heute auch eine krankhafte Abhängigkeit von etwas oder ein krankhaftes Verlangen nach etwas verstanden. Das heutige Sprachverständnis und -gefühl bringt diese Sucht häufig auch mit einem das Suchtmittel zwanghaft suchenden Verhalten in Zusammenhang. Diese Verknüpfung von Sucht mit "Suche" findet sich im 19. Jh. etwa bei Grillparzer: "Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft." In einer späteren Übersetzung eines Romanes von Cervantes aus dem Spanischen wird dieser Vers eingesetzt, um: "O Eifersüchte, Eifersüchte! Wie viel besser nennt man euch Leiden, Leiden", zu übersetzen. Auch psychologische Autoren benutzen heute diese Ableitung, um den Charakter der Sucht zu kennzeichnen.


Aus dem Ei, der frühe Mensch nahm es vermutlich zuerst im scheinbar leblosen Vogelei wahr, erwächst Leben. Das Ei ist deswegen Symbol für schlafendes und erwachendes Leben, potenzielle Lebenskraft, Fruchtbarkeit, Urgrund und Auferstehung bzw. ewige Wiederkehr des Lebens und für den Fortbestand der Seele. Deshalb sind Eier vermutlich u. a. als Grabbeigaben verwendet worden. In zahlreichen Mythen ist die Welt aus einem Ur-Ei oder einem Welten-Ei, dem uranfänglichen Keim, in dem das Universum enthalten ist, entstanden. Sonne und Mond werden teilweise als goldenes und silbernes Himmelsei bezeichnet.
'''Interpretation:''' Eifersucht gehört offenbar zu den grundlegenden Emotionen des Menschen und wohl auch vieler höherer Tiere. Sie entsteht im Umfeld der archetypischen Themen von Bindung, Beziehung, Erotik und Sexualität einerseits und Trennung und Loslösung andererseits; sie ist angesiedelt im Umfeld der Großen Mutter und des Großen Vaters wie auch des Helden und der Heldin und im Bereich des Schattenbruders und der Schattenschwester.


Das Ei spielte bei heidnischen Frühlingsfesten als Fruchtbarkeitssymbol, Erwachen der Natur und Quelle des Lebens eine Rolle. Im Christentum wurde es als Osterei zum Auferstehungssymbol. Die Auferstehung Christi aus dem Grab kann verglichen werden mit einem Küken, das aus der Schale schlüpft. Die weiße Farbe der Schale kann Reinheit und Vollkommenheit darstellt, das Weiß des Eiweiß kann Hinweis auf Silber und das Gelb des Eidotters auf Gold sein.
Eifersuchtserleben, man könnte auch sagen: die Entwicklung des Rivalitäts- oder Eifersuchtskomplexes, lässt sich bis in die früheste Eltern-Kind-Beziehung zurück verfolgen und aktiviert, auch wenn sie im späteren Alter entsteht, frühere Erlebensmuster, infantile Besitzansprüche, Größenfantasien, Riesenerwartungen, das Gefühl ungeliebt zu sein.


In Spielen, Volksbräuchen (z. B. Eierlaufen, Ostereier färben, verstecken, suchen) und in Redewendungen spiegeln sich mehr oder weniger deutlich verschiedenste Aspekte des volkstümlichen Wissens um das Ei, vom wertgeschätzten Gelben des Ei über das vorsichtig zu behandelnden rohe bis zum faulen Ei. Wenn etwas "nicht das Gelbe vom Ei ist", fehlt etwas oder gar das Entscheidende, denn der gelbe Eidotter ist das eigentlich Nahrhafte und Schmackhafte am Ei. "Jemanden wie ein rohes Ei behandeln oder anfassen", ist eine ambivalente Redensart. Sie kann bedeuten, sehr behutsam und vorsichtig mit jemandem umzugehen, um seinen Wert und seine Verletzbarkeit oder Zerbrechlichkeit zu wissen oder auch übertrieben vorsichtig, zu sehr beschützend, überängstlich zu sein. Ähnliches  klingt an in der Redensart "wie auf Eiern gehen", um auszudrücken, dass jemand sich vor Konfrontation, Offenheit und Entscheidung fürchtet, sie zu vermeiden sucht. "Sich um ungelegte Eier zu kümmern" heißt, sich zu früh zu sorgen oder über etwas nachzudenken, das noch nicht spruchreif ist. Über etwas brüten, kann bedeuteten, dass sehr ernsthaft über etwas nachgesonnen wird, mit dem unbedingten Einsatz, mit dem Vögel ihre Eier bebrüten. Brütet man zu kurz, ist etwas "noch nicht ausgebrütet", brütet man allerdings zu lange oder zu intensiv, wird das leicht zum Grübeln, oder man kann "Böses ausbrüten". "Schnelle Brüter" heißen Atomreaktoren mit denen besonders schnell nicht spaltbares in spaltbares Material umgewandelt werden kann.  
Eifersucht gehört zu den großen, zentralen Motivatoren menschlichen Handelns und steht häufig im Zentrum bewegender tragischer oder auch glücklicher Entwicklungen. Wie alle archetypischen Ereignisse und Emotionen kann Eifersucht die Stärke einer überwältigenden, verschlingenden, rasenden, destruktiven und selbstdestruktiven Macht haben. Sie ist dann ein Komplex, dem das bewusste Ich mehr oder weniger ausgeliefert ist.


Der Eierlauf ist ein Geschicklichkeitsspiel für Kinder und Erwachsene. Der Eiertanz, z. B. dargestellt in niederländischen Malereien im 15. - 17. Jahrhundert oder auch in Goethes Wilhelm Meister, kann als Jahrmarktsspiel oder Geschicklichkeitstanz zwischen ausgelegten Eiern oder um Eier herum gehen. Eierlauf, -tanz auch z. B. -werfen ist in verschiedenen Formen als Osterbrauch überliefert. Im übertragenen Sinn bedeutet der Eiertanz, das gewundene Herumdrehen und -reden um heikle Angelegenheiten. Drückt sich jemand sehr ungeschickt, gewunden, hochgestochen aus, ohne zum Punkt zu kommen, "führt jemand einen wahren Eiertanz auf".
Eifersucht erwacht rasch, wenn mindestens zwei Menschen (oder auch Tiere) miteinander in Beziehung stehen und ein Dritter oder ein Drittes von außen eindringt, um mit einem der beiden eine intensivere Beziehung aufzunehmen. Als Folge dieser veränderten Beziehungsdynamik entstehen Verlustangst, Angst vor Ausgeschlossensein und Zurückgesetztwerden, Konkurrenzgefühle, Rivalität sowie die Angst, Besitzansprüche zu verlieren oder aufgeben zu müssen. Auch ein starkes Engagement für eine andere Sache kann diese Ängste, Zweifel, Befürchtungen gegenüber einem eindringenden Dritten aktivieren. Genau so kann auch das Gefühl entstehen, plötzlich selber "das fünfte Rad am Wagen" oder störender Dritter zu sein.


Ist jemand "wie aus dem Ei gepellt" trägt er sorgfältig gepflegte Kleidung. Eineiige Zwillinge "gleichen einander wie ein Ei dem anderen." Als Ausdruck des Missfallens wurden Künstler, Politiker, Redner früher tatsächlich, heute meist nur noch bildlich "mit faulen Eiern beworfen". Ein Schnäppchen ist es, etwas "für 'n Appel und 'n Ei" zu bekommen. In dieser Redewendung drückt sich auch die Paradoxie aus, dass das Ei einerseits alles enthaltend, andererseits doch so selbstverständlich, unauffällig, preiswert und einfach da zu sein scheint, dass es nicht ausreichend wertgeschätzt ist.
Besonders häufig tritt Eifersucht in Paar- bzw. Dreiecksbeziehungen und in Familien auf. In der Kindheit spielt die Geschwisterrivalität eine hervorragende Rolle. Eifersucht wird nicht zuletzt durch ödipale Konfliktsituationen und durch die besondere Beziehungsgestaltung in den heute sogenannten "Patchworkfamilien" zu einer komplexen innerpsychischen und interpersonellen Konfliktdynamik. Das spiegelt sich ganz klassisch etwa in den  Stief-Eltern- und Stiefgeschwisterkonflikten der Märchen wie Aschenputtel, Hänsel und Gretel, Schneewittchen. Im Märchen Dornröschen führt das Gefühl des Ausgeschlossenseins zum Todeswunsch. Ebenso kennen wir diese Situation aus Träumen: Eine mit einem erfolgreichen Musiker verheiratete Frau träumte immer dann, wenn ihr Mann mit einer neuen Komposition sehr beschäftigt war, dass er sie mit einer anderen Frau betrüge und erlebte so schmerzhaft ihr Ausgeschlossensein aus seiner Welt, ihre Angst und Eifersucht.


Diese Eigenschaft teilt es mit der "Prima Materia" der Alchemie. In der Alchemie wird in diesem Zusammenhang auch vom "philosophischen Ei" gesprochen. Die Redewendung vom "Ei des Kolumbus" bei einer überraschend einfachen Lösung geht auf eine Anekdote zurück, bei der Kolumbus bei einem Gastmahl die Anwesenden aufforderte, ein Ei auf die Spitze zu stellen. Niemand konnte es, Kolumbus brachte es zustande, indem er die Spitze des Eis einfach eindrückte. Ähnlich einfach ist auch das Wissen, dass man das Ei nicht essen kann, ohne es aufzuschlagen. Als Henne-Ei-Problem wird die Fragestellung bezeichnet, ob zuerst die Henne oder das Ei da war. Die Bezeichnung ist zur feststehenden Redensart für Kausalitätsprobleme geworden.
Um bei stärkeren Eifersuchtsgefühlen die Verlustangst und die zugehörigen anderen Affekte und Emotionen wie Trauer und Aggression, Ohnmacht, Neid, Scham, Selbstzweifel und Selbstwertdefizite, Misstrauen etc. abzuwehren, werden oft übermäßige Kontrolle und Anklammern, Hass und Aggression, Rachefantasien, beleidigter Rückzug, Rationalisierung eingesetzt.(Der Unterschied zwischen Neid und Eifersucht kann grob etwa so definiert werden: Eifersucht ist von Verlustangst gekennzeichnet, Neid meint eher das unangenehme, drängende Gefühl, etwas haben zu wollen, was andere bereits haben, man selber aber nicht.)


Sollte einem jemand "auf die Eier gehen", dann wird er lästig. Will "das Ei klüger als die Henne sein", dann haben Eltern und sonstige Autoritätspersonen das Gefühl, dass ihre Erfahrung und Autorität nicht genügend geschätzt wird. Ähnlich auch, wenn jemand der "kaum aus dem Ei gekrochen ist", schon mitreden will. Schmerzvoll ist, einem anderen "in die Eier treten". Ein solcher Tritt in die Hoden kann eine sehr wirkungsvolle Waffe sein und meint im übertragenen Sinne die Absicht, jemandem schwer zu schaden. Dass Hoden umgangssprachlich zurzeit auch als Eier bezeichnet werden, könnte als Beleg für den freudschen Gebärneid herangezogen werden. Ein dickes Ei kann sowohl eine unangenehme wie eine erfreuliche, überraschende Sache sein ("ach Du dickes Ei"). Auch ein "Kuckucksei" kann so eine überraschende Sache sein. "Dicke Eier haben" steht abwertend manchmal dafür, eine Geschlechtskrankheit zu haben.
Einige ausgewählte Beispiele aus Mythologie, Überlieferung und Kunst: Hera ist in der griechischen Götterwelt die Verkörperung der Ehefrau schlechthin, entsprechend auch die Verkörperung der eifersüchtigen Ehefrau. Eifersüchtig ist sie sowohl auf ihre Rivalinnen wie auch auf deren Kinder. Die aus Zeus Untreue erwachsenden Eifersuchtsdramen sind Legion. Medea ist eine starke, machtvolle Frau, die ihrem Mann Jason zu Ansehen und Erfolg verhilft und dann wegen einer Jüngeren von ihm verlassen wird. Die eifersüchtige Medea rast derart, dass sie die gemeinsamen Kinder tötet. In der germanischen Mythologie ist es beispielsweise Brünhild, die Eifersucht und Kränkung mit der Intrige zur Tötung des Helden Siegfried beantwortet. Kain ist der erste eifersüchtige Bruder der Bibel, ihm folgen viele. Josef etwa wird von seinen eifersüchtigen Brüdern nach Ägypten verkauft. Die eifersüchtige Sara, Frau Abrahams und Mutter des Isaak, erreicht nach der Geburt des Isaak, dass Abrahams Sohn Ismael mit seiner Mutter Hagar in die Wüste verstoßen wird. Shakespeare erfindet die Figur des eifersüchtigen Othello, dessen Tragödie auch von Rossini und Verdi musikalisch aufgegriffen wird.


'''Literatur:''' Standard
Nicht alle Eifersucht endet allerdings so tragisch wie die Othellos. Oft gelingt es auch - in Opern, Komödien, Verwechslungskomödien u. a. literarischen Gestaltungen, in modernen Filmen wie auch im realen Leben, die Eifersucht als ein Symptom für eine Beziehungsstörung zu erkennen und die Störung konstruktiv zu verarbeiten. Angst und Trauer angesichts des drohenden Verlustes, Vertrauen und Misstrauen, Selbstwert- und Liebesdefizite spüren, Veränderungen und Entwicklungsmöglichkeiten wahrnehmen, das unangenehme, störende Gefühl der Eifersucht mit all seinen begleitenden Affekten als eine Frage nach dem eigenen Wert und dem Wert einer Beziehung ernst nehmen, kann zu neuen Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten führen. Oft enden z. B. Verwechslungskomödien oder Liebesfilme damit, dass eine von Trennung und Verlust bedrohte Beziehung sich durch Eifersucht und die daraus fließende Aktivität verjüngt, dass wieder mehr Intensität entsteht.
 
Ob es möglich ist, die Eifersucht z. B. mittels Beziehungsarbeit oder eines spezifischen Begriffs von Liebe zu überwinden, wird überall dort diskutiert, wo es um die Frage der Mono- bzw. Polygamie und die Frage nach der Möglichkeit der Freien Liebe geht; vgl. Subkulturen, in denen entweder sexuelle oder auch nicht-sexuelle Polygamie gelebt wird, etwa in verschiedenen Formen der Kommunen und Ashrams, die Versuche offener Ehe oder Beziehung, auch in Swinger-Clubs und in polyamoren Lebensgemeinschaften.
 
'''Literatur:''' Standard, Kast (1996)


'''Autor:''' Müller, Anette
'''Autor:''' Müller, Anette

Version vom 11. April 2012, 14:42 Uhr

Keyword: Eifersucht

Links: Abschied, Binden, Bindung, Trennung

Definition: Eifersucht ist eine Emotion, ein häufig als heftig, schmerzhaft, ja qualvoll erlebtes Gefühl. Im Kern der Eifersucht steht die Angst, Aufmerksamkeit, Zuwendung oder Liebe von anderen weggenommen zu bekommen, sie z. B. durch Auftreten eines Konkurrenten um eine geliebte Person zu verlieren.

Information: Das Wort Eifersucht ist etymologisch vielfältig ableitbar: Eifer (ahd. eivar: scharf, bitter) wird in Luthers Bibelübersetzung benutzt für lat. zelus: lieblicher Zorn; Zorn Gottes. Der alttestamentarische Gott taucht in vielen Zusammenhängen als ein eifernder und eifersüchtiger Gott auf. "Ich bin der Herr dein Gott. Du sollst nicht andre Götter haben neben mir", wird bereits im ersten Gebot gefordert.

Im heutigen Sprachgebrauch sind im Eifer und im Wort Eifersucht sowohl das Bittere und Scharfe, das Harte, Missgünstige, Übererregte, das Fanatische und Blinde des Zorns wie das liebevoll zugewandte Engagement erhalten geblieben. So kann sich ein Mensch eifrig, einsatzbereit, motiviert und liebevoll ans Werk machen oder eine Aufgabe erledigen. Ist er allerdings eifersüchtig, so hat er dabei seine Rivalen immer im Auge. Verknüpfen wir die Vorsilbe "über" mit eifrig, so meinen wir eine unbedachte, vorschnelle oder auch überangepasste Verhaltensweise, auch eine Art vorauseilenden Gehorsam, mit dem ein Mensch seine Unsicherheit zu kompensieren sucht. Und wenn sich ein Mensch ereifert, bedeutet das, dass er sich mit großer, ja leidenschaftlicher Erregung für oder gegen ein Thema äußert - meistens wird das Wort eher kritisch oder auch abwertend gemeint.

Sucht (ahd. in Verbindung mit siechen: krank sein) findet sich z.B. in alten Bezeichnungen für Krankheiten wie Schwindsucht oder Nesselsucht. Gebraucht wird das Wort auch in Zusammensetzungen mit negativen Affekten, Eigenschaften, Verhaltensweisen wie Habsucht, Tobsucht, Herrschsucht, Selbstsucht. Damit rücken diese in die Nähe nicht nur der Krankheit sondern auch der Sünde der Leidenschaften und der Todsünden.

Unter Sucht wird heute auch eine krankhafte Abhängigkeit von etwas oder ein krankhaftes Verlangen nach etwas verstanden. Das heutige Sprachverständnis und -gefühl bringt diese Sucht häufig auch mit einem das Suchtmittel zwanghaft suchenden Verhalten in Zusammenhang. Diese Verknüpfung von Sucht mit "Suche" findet sich im 19. Jh. etwa bei Grillparzer: "Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft." In einer späteren Übersetzung eines Romanes von Cervantes aus dem Spanischen wird dieser Vers eingesetzt, um: "O Eifersüchte, Eifersüchte! Wie viel besser nennt man euch Leiden, Leiden", zu übersetzen. Auch psychologische Autoren benutzen heute diese Ableitung, um den Charakter der Sucht zu kennzeichnen.

Interpretation: Eifersucht gehört offenbar zu den grundlegenden Emotionen des Menschen und wohl auch vieler höherer Tiere. Sie entsteht im Umfeld der archetypischen Themen von Bindung, Beziehung, Erotik und Sexualität einerseits und Trennung und Loslösung andererseits; sie ist angesiedelt im Umfeld der Großen Mutter und des Großen Vaters wie auch des Helden und der Heldin und im Bereich des Schattenbruders und der Schattenschwester.

Eifersuchtserleben, man könnte auch sagen: die Entwicklung des Rivalitäts- oder Eifersuchtskomplexes, lässt sich bis in die früheste Eltern-Kind-Beziehung zurück verfolgen und aktiviert, auch wenn sie im späteren Alter entsteht, frühere Erlebensmuster, infantile Besitzansprüche, Größenfantasien, Riesenerwartungen, das Gefühl ungeliebt zu sein.

Eifersucht gehört zu den großen, zentralen Motivatoren menschlichen Handelns und steht häufig im Zentrum bewegender tragischer oder auch glücklicher Entwicklungen. Wie alle archetypischen Ereignisse und Emotionen kann Eifersucht die Stärke einer überwältigenden, verschlingenden, rasenden, destruktiven und selbstdestruktiven Macht haben. Sie ist dann ein Komplex, dem das bewusste Ich mehr oder weniger ausgeliefert ist.

Eifersucht erwacht rasch, wenn mindestens zwei Menschen (oder auch Tiere) miteinander in Beziehung stehen und ein Dritter oder ein Drittes von außen eindringt, um mit einem der beiden eine intensivere Beziehung aufzunehmen. Als Folge dieser veränderten Beziehungsdynamik entstehen Verlustangst, Angst vor Ausgeschlossensein und Zurückgesetztwerden, Konkurrenzgefühle, Rivalität sowie die Angst, Besitzansprüche zu verlieren oder aufgeben zu müssen. Auch ein starkes Engagement für eine andere Sache kann diese Ängste, Zweifel, Befürchtungen gegenüber einem eindringenden Dritten aktivieren. Genau so kann auch das Gefühl entstehen, plötzlich selber "das fünfte Rad am Wagen" oder störender Dritter zu sein.

Besonders häufig tritt Eifersucht in Paar- bzw. Dreiecksbeziehungen und in Familien auf. In der Kindheit spielt die Geschwisterrivalität eine hervorragende Rolle. Eifersucht wird nicht zuletzt durch ödipale Konfliktsituationen und durch die besondere Beziehungsgestaltung in den heute sogenannten "Patchworkfamilien" zu einer komplexen innerpsychischen und interpersonellen Konfliktdynamik. Das spiegelt sich ganz klassisch etwa in den Stief-Eltern- und Stiefgeschwisterkonflikten der Märchen wie Aschenputtel, Hänsel und Gretel, Schneewittchen. Im Märchen Dornröschen führt das Gefühl des Ausgeschlossenseins zum Todeswunsch. Ebenso kennen wir diese Situation aus Träumen: Eine mit einem erfolgreichen Musiker verheiratete Frau träumte immer dann, wenn ihr Mann mit einer neuen Komposition sehr beschäftigt war, dass er sie mit einer anderen Frau betrüge und erlebte so schmerzhaft ihr Ausgeschlossensein aus seiner Welt, ihre Angst und Eifersucht.

Um bei stärkeren Eifersuchtsgefühlen die Verlustangst und die zugehörigen anderen Affekte und Emotionen wie Trauer und Aggression, Ohnmacht, Neid, Scham, Selbstzweifel und Selbstwertdefizite, Misstrauen etc. abzuwehren, werden oft übermäßige Kontrolle und Anklammern, Hass und Aggression, Rachefantasien, beleidigter Rückzug, Rationalisierung eingesetzt.(Der Unterschied zwischen Neid und Eifersucht kann grob etwa so definiert werden: Eifersucht ist von Verlustangst gekennzeichnet, Neid meint eher das unangenehme, drängende Gefühl, etwas haben zu wollen, was andere bereits haben, man selber aber nicht.)

Einige ausgewählte Beispiele aus Mythologie, Überlieferung und Kunst: Hera ist in der griechischen Götterwelt die Verkörperung der Ehefrau schlechthin, entsprechend auch die Verkörperung der eifersüchtigen Ehefrau. Eifersüchtig ist sie sowohl auf ihre Rivalinnen wie auch auf deren Kinder. Die aus Zeus Untreue erwachsenden Eifersuchtsdramen sind Legion. Medea ist eine starke, machtvolle Frau, die ihrem Mann Jason zu Ansehen und Erfolg verhilft und dann wegen einer Jüngeren von ihm verlassen wird. Die eifersüchtige Medea rast derart, dass sie die gemeinsamen Kinder tötet. In der germanischen Mythologie ist es beispielsweise Brünhild, die Eifersucht und Kränkung mit der Intrige zur Tötung des Helden Siegfried beantwortet. Kain ist der erste eifersüchtige Bruder der Bibel, ihm folgen viele. Josef etwa wird von seinen eifersüchtigen Brüdern nach Ägypten verkauft. Die eifersüchtige Sara, Frau Abrahams und Mutter des Isaak, erreicht nach der Geburt des Isaak, dass Abrahams Sohn Ismael mit seiner Mutter Hagar in die Wüste verstoßen wird. Shakespeare erfindet die Figur des eifersüchtigen Othello, dessen Tragödie auch von Rossini und Verdi musikalisch aufgegriffen wird.

Nicht alle Eifersucht endet allerdings so tragisch wie die Othellos. Oft gelingt es auch - in Opern, Komödien, Verwechslungskomödien u. a. literarischen Gestaltungen, in modernen Filmen wie auch im realen Leben, die Eifersucht als ein Symptom für eine Beziehungsstörung zu erkennen und die Störung konstruktiv zu verarbeiten. Angst und Trauer angesichts des drohenden Verlustes, Vertrauen und Misstrauen, Selbstwert- und Liebesdefizite spüren, Veränderungen und Entwicklungsmöglichkeiten wahrnehmen, das unangenehme, störende Gefühl der Eifersucht mit all seinen begleitenden Affekten als eine Frage nach dem eigenen Wert und dem Wert einer Beziehung ernst nehmen, kann zu neuen Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten führen. Oft enden z. B. Verwechslungskomödien oder Liebesfilme damit, dass eine von Trennung und Verlust bedrohte Beziehung sich durch Eifersucht und die daraus fließende Aktivität verjüngt, dass wieder mehr Intensität entsteht.

Ob es möglich ist, die Eifersucht z. B. mittels Beziehungsarbeit oder eines spezifischen Begriffs von Liebe zu überwinden, wird überall dort diskutiert, wo es um die Frage der Mono- bzw. Polygamie und die Frage nach der Möglichkeit der Freien Liebe geht; vgl. Subkulturen, in denen entweder sexuelle oder auch nicht-sexuelle Polygamie gelebt wird, etwa in verschiedenen Formen der Kommunen und Ashrams, die Versuche offener Ehe oder Beziehung, auch in Swinger-Clubs und in polyamoren Lebensgemeinschaften.

Literatur: Standard, Kast (1996)

Autor: Müller, Anette