Ernte und Flechten: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Ernte
'''Keyword:''' Flechten


'''Links:''' [[Ähre]], [[Erde]], [[Frucht]]
'''Links:''' [[Binden]], [[Coniunctio]], [[Faden]], [[Knoten]], [[Mandala]], [[Schlange]], [[Schnur]], [[Spinnen]], [[Verbindung]], [[Weben]]


'''Definition:''' Mit Ernte (mhd. arnot zu arnon = ernten, zu: aran = Ernte, urspr. = Erntezeit, Sommer) bezeichnet man das Einbringen der Feld- und Gartenfrüchte, in der Fortwirtschaft wird auch von Holzernte gesprochen.
'''Definition:''' Mit Flechten (mittelhochdeutsch vlehten, althochdeutsch flehtan, verwandt mit dem gleichbedeutenden lateinischen Ausdruck plectere) bezeichnet man das regelmäßige Ineinanderschlingen von mehreren Strängen, die aus einem biegsamen Material beschaffen sind.


'''Information:''' Die Ernte ist der wichtigste Zeitraum des landwirtschaftlichen Jahres. Große Bedeutung für die Ernte haben der richtige Zeitpunkt, das Wetter und eine schnelle Abwicklung der Arbeiten. Das Überleben des kommenden Winters war früher in Ackerbaukulturen nur gesichert, wenn die Ernteerträge erfolgreich eingebracht und gelagert werden konnten; Missernten führten häufig zu Hungersnöten in der Bevölkerung, manchmal sogar zu Auswanderungswellen. Bereits in der Antike waren Erntedankfeste bekannt und wurden regional unterschiedlich gefeiert. Der Beginn und Abschluss der Ernte wurde auf dem Land von alters her von Erntebräuchen begleitet, etwa dem Schmücken des Erntewagens und Erntesprüchen. Gedankt wurde Gott oder den Vegetationsgöttern aus dem Wissen heraus, dass die menschliche Arbeit alleine nicht über den Erfolg einer Ernte entscheiden konnte.
'''Information:''' Mithilfe des Flechtens lassen sich Haare zu einem Zopf, Blumen zu einem Kranz, Lederriemen zu einem Schuh oder Weiden zu einem Korb zusammenfügen. Auch in der Ornamentik finden sich Flechtarbeiten aus verschlungenen Bändern. Der klare, richtige Aufbau des Flechtwerks bereitet Freude, sein Werdegang liegt für den Schauenden offen da.


In Deutschland wurde 1934, verbunden mit der Blut- und Bodenideologie des Naziregims, ein offizieller Erntedanktag eingeführt und auf den ersten Sonntag nach Michaelis (29. September) gelegt. Erntedankfeste wurden aber bereits seit dem dritten Jahrhundert nach Christus um diese Zeit herum gefeiert, u.a. mit Ernteprozessionen. Heutzutage wird das Erntedankfest meist in Gottesdiensten gefeiert, dabei werden oft Erntegüter am Altar aufgebaut. Erntedank ist aber kein kirchlicher Feiertag. Thanksgiving in Amerika (gefeiert am 4. Donnerstag im November) ist staatlicher Feiertag, in Erinnerung an das erste Erntedankfest der Pilgerväter. Gedankt wird nicht nur für die Ernte, sondern überhaupt für alles Gelingende.
Das Flechten gehört zu den ältesten Techniken der Menschheit; die frühesten Zeugnisse in Alt-Amerika werden auf 17000 v. Chr. datiert. Zudem fanden sich Fragmente von gewickelten Flechtarbeiten, mit denen die Getreidekammern im ägyptischen Fayum ausgekleidet waren (10000 – 8000 v. Chr.). Die Kelten haben, wie von Cäsar berichtet wird, Götterfiguren überlebensgroß aus Weidenruten geflochten. In allen Bereichen des Alltagslebens stößt man auf funktionale Gegenstände, die durch Flechtkunst erzeugt wurden und noch werden, wenn auch längst nicht mehr im gleichen Ausmaß früherer Zeiten. Die begrenzten Möglichkeiten der maschinellen Herstellung von Geflechten lässt die geschickte Menschenhand unentbehrlich bleiben. So bescheiden diese Kunst auf den ersten Blick erscheint, so mehr überrascht doch immer wieder der große Reichtum an ursprünglichen und weiterentwickelten Flechttechniken und -mustern, sowie die fast unüberschaubare Verwendung von Naturmaterialien, die sich kulturspezifisch herausgebildet haben.


'''Interpretation:''' Sinnbildlich kann Ernte für Erfolg, Ertrag, Ergebnis, für die Früchte der eigenen Arbeit und des eigenen Bemühens stehen. Im Märchen von Frau Holle erntet die fleißige Goldmarie die reifen Äpfel und erntet damit das Wohlgefallen der Frau Holle. Der Volksmund kennt eine Vielzahl entsprechender Sprichwörter wie: "Fleiß bringt Brot, Faulheit Not"; "Herzhafte Hand nährt Leut und Land". Wir ernten, was wir säen, deshalb gilt im übertragenen Sinn auch: "Wer Wind sät, wird Sturm ernten". Zugleich weiß der religiöse Mensch: "Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land" und: "Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm dankt, drum dankt ihm dankt und hofft auf ihn." (Text von Matthias Claudius)
'''Interpretation:''' Umgangssprachlich findet sich Flechten im Sinne von einfließen lassen, wenn beispielsweise ein neuer wichtiger Aspekt in eine Unterhaltung eingeflochten wird.


Säen und Ernten werden im Neuen Testament in anderen Zusammenhang gestellt: Im Markusevangelium bezeichnet Jesus im Gleichnis vom Sämann auch das göttliche Wort als einen Samen, der aufgehen und geerntet werden muss. Im 12. Kapitel des Lukas- und im 10. Kapitel des Matthäusevangelium lesen wir: "Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr denn Speise? und der Leib mehr denn die Kleidung? Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch."
Im Grimmschen Märchen "König Drosselbart" spricht der Bettelmann zu seiner Frau: "Frau, so geht's nicht länger, dass wir hier zehren und nichts verdienen, du sollst Körbe flechten." Da ging er aus und schnitt Weiden, sie aber musste anfangen Körbe zu flechten, die harten Weiden stachen ihr aber die Hände wund. Der oft mühsame Prozess des Flechtens kann symbolisch als Wachstumsbewegung gedeutet werden und ist auch im angeführten Beispiel eine wichtige Erfahrung für den Wandlungsprozess der ursprünglich hochnäsigen Prinzessin.


In der christlichen Kunst steht die Ernte häufig symbolisch für das Jüngste Gericht.
Eine spirituelle Dimension wird beim Flechten erlebbar, da durch die Erfahrung des schöpferischen Entstehen verstärkt eine Verbindung zu Natur und Erde hergestellt wird. Ineinandergeflochtene Muster und Ornamente weisen oft auch auf die Komplexität, Verschlungenheit, Vernetztheit der Ganzheit des Lebens - wie z. B. im [[Mandala]] - hin, auf die Vereinigung der Polaritäten und das [[Mysterium coniunctionis]]. Naturgeflecht und Handarbeit sind heute, wie in aller Zeit, Gegenstand geheimer Sehnsucht vieler Menschen.


Van Gogh äußert sich zu einem seiner Erntebilder mit gelbem Sonnenlicht, gelben Sonnenblumen, gelbem Korn und gelber Landschaft folgendermaßen: "Es ist ein Bild des Todes, so wie es das große Buch der Natur verkündet. Was ich darin anstrebe, ist das fast Lächelnde."
Eine junge Frau mit ausgeprägter Persönlichkeitsstörung konnte in der Therapie durch Peddigrohrflechten wieder vermehrt zu ihren versteckten Ressourcen Zugang finden. Das sichtbare Wachsen ihres Flechtwerks wirkte sich stabilisierend auf die Psyche aus. Indem sie bemüht war, ihrem schöpferischen Wirken eine Form zu geben, konnte sie erleben, wie dieser Prozess auf sie selbst zurück wirkte. Insofern lässt sich Flechten auch als Ausdruck der Dynamik des [[Selbst]] erfahren.
 
Die Flechtkunst ist eine Möglichkeit, Kulturen, Überzeugungen und traditionelle Werte lebendig zu erhalten. Es gibt immer noch Menschen, die die spirituellen Vorteile der Handarbeit erkannt haben, obwohl die traditionelle Korbflechterei vielerorts auszusterben beginnt, denn sie wird immer mehr durch entsprechend billigere industrielle Produkte verdrängt. Dieser Prozess wird in José Saramagos Roman "Das Zentrum" (2002) für ein anderes traditionelles Handwerk, die Töpferei, eindrücklich beschrieben.


'''Literatur:''' Standard
'''Literatur:''' Standard


'''Autor:''' Müller, Anette
'''Autor:''' Heinke, Ellen

Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 17:51 Uhr

Keyword: Flechten

Links: Binden, Coniunctio, Faden, Knoten, Mandala, Schlange, Schnur, Spinnen, Verbindung, Weben

Definition: Mit Flechten (mittelhochdeutsch vlehten, althochdeutsch flehtan, verwandt mit dem gleichbedeutenden lateinischen Ausdruck plectere) bezeichnet man das regelmäßige Ineinanderschlingen von mehreren Strängen, die aus einem biegsamen Material beschaffen sind.

Information: Mithilfe des Flechtens lassen sich Haare zu einem Zopf, Blumen zu einem Kranz, Lederriemen zu einem Schuh oder Weiden zu einem Korb zusammenfügen. Auch in der Ornamentik finden sich Flechtarbeiten aus verschlungenen Bändern. Der klare, richtige Aufbau des Flechtwerks bereitet Freude, sein Werdegang liegt für den Schauenden offen da.

Das Flechten gehört zu den ältesten Techniken der Menschheit; die frühesten Zeugnisse in Alt-Amerika werden auf 17000 v. Chr. datiert. Zudem fanden sich Fragmente von gewickelten Flechtarbeiten, mit denen die Getreidekammern im ägyptischen Fayum ausgekleidet waren (10000 – 8000 v. Chr.). Die Kelten haben, wie von Cäsar berichtet wird, Götterfiguren überlebensgroß aus Weidenruten geflochten. In allen Bereichen des Alltagslebens stößt man auf funktionale Gegenstände, die durch Flechtkunst erzeugt wurden und noch werden, wenn auch längst nicht mehr im gleichen Ausmaß früherer Zeiten. Die begrenzten Möglichkeiten der maschinellen Herstellung von Geflechten lässt die geschickte Menschenhand unentbehrlich bleiben. So bescheiden diese Kunst auf den ersten Blick erscheint, so mehr überrascht doch immer wieder der große Reichtum an ursprünglichen und weiterentwickelten Flechttechniken und -mustern, sowie die fast unüberschaubare Verwendung von Naturmaterialien, die sich kulturspezifisch herausgebildet haben.

Interpretation: Umgangssprachlich findet sich Flechten im Sinne von einfließen lassen, wenn beispielsweise ein neuer wichtiger Aspekt in eine Unterhaltung eingeflochten wird.

Im Grimmschen Märchen "König Drosselbart" spricht der Bettelmann zu seiner Frau: "Frau, so geht's nicht länger, dass wir hier zehren und nichts verdienen, du sollst Körbe flechten." Da ging er aus und schnitt Weiden, sie aber musste anfangen Körbe zu flechten, die harten Weiden stachen ihr aber die Hände wund. Der oft mühsame Prozess des Flechtens kann symbolisch als Wachstumsbewegung gedeutet werden und ist auch im angeführten Beispiel eine wichtige Erfahrung für den Wandlungsprozess der ursprünglich hochnäsigen Prinzessin.

Eine spirituelle Dimension wird beim Flechten erlebbar, da durch die Erfahrung des schöpferischen Entstehen verstärkt eine Verbindung zu Natur und Erde hergestellt wird. Ineinandergeflochtene Muster und Ornamente weisen oft auch auf die Komplexität, Verschlungenheit, Vernetztheit der Ganzheit des Lebens - wie z. B. im Mandala - hin, auf die Vereinigung der Polaritäten und das Mysterium coniunctionis. Naturgeflecht und Handarbeit sind heute, wie in aller Zeit, Gegenstand geheimer Sehnsucht vieler Menschen.

Eine junge Frau mit ausgeprägter Persönlichkeitsstörung konnte in der Therapie durch Peddigrohrflechten wieder vermehrt zu ihren versteckten Ressourcen Zugang finden. Das sichtbare Wachsen ihres Flechtwerks wirkte sich stabilisierend auf die Psyche aus. Indem sie bemüht war, ihrem schöpferischen Wirken eine Form zu geben, konnte sie erleben, wie dieser Prozess auf sie selbst zurück wirkte. Insofern lässt sich Flechten auch als Ausdruck der Dynamik des Selbst erfahren.

Die Flechtkunst ist eine Möglichkeit, Kulturen, Überzeugungen und traditionelle Werte lebendig zu erhalten. Es gibt immer noch Menschen, die die spirituellen Vorteile der Handarbeit erkannt haben, obwohl die traditionelle Korbflechterei vielerorts auszusterben beginnt, denn sie wird immer mehr durch entsprechend billigere industrielle Produkte verdrängt. Dieser Prozess wird in José Saramagos Roman "Das Zentrum" (2002) für ein anderes traditionelles Handwerk, die Töpferei, eindrücklich beschrieben.

Literatur: Standard

Autor: Heinke, Ellen