Heilerin

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Keyword: Heilerin

Links: Arzt, Hebamme, Geburt, Hexe, Operation, Pflanze, Schamanismus, Weise, alte

Definition: Eine Heilerin ist eine Frau, die anderen Menschen bei körperlichen oder seelischen Problemen beisteht, hilft und heilt.

Information: Seit alters her waren Frauen heilkundig und als Heilerinnen tätig. Sie entwickelten die Kräuterheilkunde, waren als sog. "weise Frauen", Heilerinnen, Pflegerinnen, Geburtshelferinnen, Volksärztinnen ohne Titel. Dem entspricht im Bereich des kollektiven Unbewussten der Archetyp der Heilerin.

Kulturhistorisch ist die älteste Form des Heilens der Schamanismus. Schamaninnen – und in späteren Jahrhunderten auch Schamanen oft in Frauenkleidern – sorgten für den Kontakt zur Welt der Geister, für die Wiederherstellung der Harmonie der geistigen Kräfte bei Störungen und Erkrankungen. Sie heilten die Kranken, sorgten für Schutz und für Fruchtbarkeit, sie geleiteten die Seelen der Sterbenden in die anderen Welten, riefen bei Nomadenvölkern die Jagdtiere herbei. Eine altruistische Motivation des Dienens und Helfens gehört zum Schamanentum. Die Trommel ist Werkzeug und Symbol der Schamanen, mit deren Hilfe sie in andere Bewusstseinsräume eintreten.

Heilkräfte wurden in den matriarchalen Frühzeiten den großen Göttinnen zugeschrieben. So war die sumerische Göttin Ishtar Liebesgöttin, aber auch für Heilungen und Geburten zuständig. In einem Gebet wird die heilig-heilende Göttin angerufen: "Wo dein Blick hinfällt, erwachen die Toten, erheben sich die Kranken, die Verwirrten, sehen sie dein Antlitz, finden den richtigen Weg." (Zit. nach Achterberg 1993, 26. ) Von der sumerischen Heilkunst zeugen zahlreiche Tontäfelchen mit eingravierten Rezepten zur Linderung von Schmerzen, Tongefäße mit Kräuteressenzen und Heilpflanzen als Grabbeigaben z. B. im Grab der Königin Schubad von Ur (3500 v. Chr.). Heilkräftige Pflanzen wie Kamille, Schafgarbe, Bilsenkraut fand man auch in den europäischen Frauengräbern der Bronzezeit.

So wie das Amt der Priesterin wurde auch die Heilkunst in späteren Zeiten von Männern übernommen bzw. ihnen zugeschrieben.

Im sogenannten Eid des Hippokrates, die ethische Grundlage der ärztlichen Tätigkeit, werden Asklepios, Panakea und Hygieia angerufen. Panakea (wörtlich: Allheilerin) und Hygieia (die Gesundheit) waren ursprünglich göttliche Töchter der Rhea und Personifizierungen der Brüste der Großen Mutter, deren Milch als Heilmittel für viele Krankheiten galt. Erst später wurden sie zu Töchtern des Asklepios, der durch Verehrung in den göttlichen Stand erhoben wurde. Auf Abbildungen tragen Hygieia und Panakea den sog. caduceus, den von einer Schlange umwundenen Stab – bis heute das ärztliche Berufssymbol.

Auch in der germanischen Kultur wurden die Fähigkeiten der Frauen als Heilerinnen, Seherinnen, Priesterinnen und Wahrsagerinnen hoch geschätzt. Der Göttin Freya unterstand der Seid, ein Ritual zur Herstellung von Heilkräutern. Nur Frauen vollzogen dieses Ritual, in verschiedenen nordischen Sagen und in der Edda wird darüber berichtet. Zu diesen Ritualen gehört das Heilsymbol des Kessels, in dem besondere Elixiere hergestellt werden, die Krankheiten heilen, Jugend, neues Leben und Weisheit verleihen (z. B. im Kessel der keltischen Göttin Ceridween). Der Kessel ist zugleich ein Symbol des Mutterleibes.

Auch in christlicher Zeit gab es berühmte Heilerinnen, die an den Hochschulen lehrten, so z. B. Trotula, eine berühmte magistra medicinae an der Universität von Salerno (um 1000 n. Chr. ). Praktizierte Heilkunst gehörte auch zu den Aufgaben der christlichen Klöster und der von Orden unterhaltenen Hospitäler. Berühmt bis heute ist Hildegard von Bingen für ihr Wissen über Heilpflanzen und Heilbehandlungen. Unter dem Namen "Hildegard-Medizin" wurden manche Rezepte und Heilmittel in jüngster Zeit wieder bekannt, z. B. die gesundheitliche Bedeutung des Dinkels.

In den Jahrhunderten der Hexenverfolgung vom 14. -18. Jahrhundert wurden zahllose Heilerinnen, Hebammen und sog. Weise Frauen als Hexen und Ketzerinnen angeklagt und verbrannt. Mit ihnen wurde auch weibliches Heilwissen vernichtet sowie vorchristliche Riten, Gebräuche und Heilpraktiken verketzert. Damit wurde auch das historische Wissen und die Rolle der Frau als Heilerin in der Geschichte der Menschheit verdrängt und vergessen bzw. im archetypischen Bild der Heilerin bewahrt.

Interpretation: Auch in vielen Märchen geht es um Heilung. Hilfreiche Gestalten sind hier oft alte Frauen, sogenannte Kräuterhexen oder alte Weise, die wissen, wo es das Wasser des Lebens oder ein bestimmtes Heilkraut gibt, und die helfen, ein Trauma, einen alten Bann aufzulösen, z. B. im Märchen "Die Gänsehirtin am Brunnen ".

Der Archetyp der Heilerin bzw. des Heilers konstelliert sich im Prozess der Psychotherapie, häufig in der Übertragung auf die Analytikerin bzw. den Analytiker. Damit werden zugleich selbstheilende Kräfte aktiviert. Für Angehörige der helfenden und heilenden Berufe ist es wichtig, diese Übertragungen zu kennen, ebenso aber auch ihre eigenen Verwundungen im Bild des verwundeten Heilers symbolisiert zu sehen.

Literatur: Standard

Autor: Dorst, Brigitte