Saturn

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Keyword: Saturn

Links: Alchemie, Astrologie, Blei, Depression, Intitiation, Logos-Prinzip, Nachtmeerfahrt, Planeten, Tod, Zeit

Definition: Saturn, der Planet der Ringe, ist der zweitgrößte (nach Jupiter) und sonnenfernste Planet unseres Sonnensystems, der noch mit bloßem Auge gesehen werden kann.

Information: Am Übergang zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt, der bewussten Welt und ihrem unendlichen Hintergrund, zieht er wie eine "Hüter der Schwelle" seine fernen Bahnen. Im römischen Mythos war die Gottheit der Saaten und der Fruchtbarkeit, Gemahl der Erdgöttin Ops, Göttin der Fülle. Nach Beendigung der Herbstaussaat wurden die "Saturnalien" gefeiert, bei denen man sich gegenseitig beschenkte, die Standesunterschiede aufgehoben wurden und auch sonst sich vielerlei, normalerweise Verdrängtes sich zeigen durfte. Saturn wird später mit dem griechischen Kronos identifiziert, dem Vater des Zeus / Jupiter, der aufgrund einer Weissagung, dass ihm die Entthronung durch einen Sohn drohe, seine Kinder verschlang. Kronos / Saturn regiert die „Insel der Seligen“ (goldenes Zeitalter) als der „Allwissende“, Archetypus des „Alten Weisen“.

Interpretation: Seine Symbolik umspannt Extreme: Einerseits ist er der düstere Verhinderer des Ans-Licht-Kommens schöpferischer Kräfte („Kinder“) und damit auch ein Symbol für Hemmnis, Vernichtung und Tod (ab dem MA erscheint er als Sensenmann), andererseits repräsentiert er Maß und Ziel und fungiert als weiser Bewahrer der Tradition und Hüter aller Schwellen und Übergänge. Die fruchtbare Auseinandersetzung mit ihm bzw. dem archetypischen Prinzip der Trennung, des Verzichts, der Verantwortung und Schuld (auch der unaufhebbaren existentiellen Schuld, immer hinter den eigenen Möglichkeiten zurück zu bleiben) führt zur Kristallisation von geistiger Klarheit, Einfachheit und Weisheit (vgl. Tarotkarte „Der Eremit“).

Kronos / Saturn setzt Grenzen der Wahrnehmung, wo das Bewusstsein überfordert wäre (Verdrängung) oder wo das Ich sich selbst überschätzend in Geheimnisse des Unbewussten und Transzendenten eindringen will (Widerstand). So schützt und wahrt er die Grenze zum Unbewussten. Vor allem weist er in die Schranken der Realität: Jeder Bewusstseinszuwachs muss erarbeitet werden durch konkrete Erfahrung, Saturn ist die prima materia, der Stoff, aus dem die Sapientia Dei destilliert werden muss. Er ist der Verhüllte (Gebser, Ursprung u. Gegenwart, Saturn 243 ff), im Ursprung dem weibl. Nachtaspekt verwandt. Seine Tiere sind Hund (Hekate!) und Esel, sein Element ist Blei, auch Kohle, aus deren Urstoff der Diamant entsteht.

In der Alchemie erscheint er als der „alte“ Aspekt des Mercurius (Senex) oder auch als Nigredo. Reich an saturnischen Symboldetails ist Dürers Kupferstich „Melencolia“; von grausamer Eindrücklichkeit Goyas Darstellung des kinderfressenden „furchtbaren Vaters“ im Prado. Im Alltag begegnet Saturn überall dort, wo Verantwortung, Gesetze, Festigkeit (oder Härte) und scharfkonturiertes „Entweder / Oder regieren und Kristallisierungsprozesse stattfinden. Er ist ein Meister der Form, die zugleich das Wesen ausdrückt, ein strenger und unbestechlicher Kritiker, Richter und Lehrer „im Namen des Gesetzes“ und zum Wohle der Gesellschaft. Saturn kann man in der angemaßten (Identifikation mit Uniform, Amt, Persona) oder gewachsenen Autorität begegnen. Im letzteren Fall verkörpert er einen Archetypus des Wissens, der Reife und Individuation. Seine dunkle Seite zeigt sich in prinzipienhaft oder technisch-mechanistischer Erstarrung, Lieb- und Leblosigkeit.

Nach astrologischer Auffassung zeigt er durch Position und Aspekte, wo man mit Ausdauer, Entschiedenheit und Leistung eine Lektion zu lernen hat. Disziplin und Geduld und „produktive Frustration“ gehören zu seinen Methoden, ein Archetypus, der durch Einschränkungen und Entbehrungen hindurchführt, Herausforderungen schafft und Hemmnisse oder Über-Ich-Druck in den Weg legt, die zugleich verhindern, dass man am Wesentlichen, am eigenen Wesen, vorbei lebt. Saturns Geschenke erkennt man nur langsam, und nicht selten verbergen sie sich unter einer Fassade von Krankheit, Depression, Behinderung und Leiden. In mittelalterlicher Allegorik ist Saturn ein Krüppel oder Hinkender mit Krücke. Saturnische Prozesse sind verlangsamte Prozesse. Auch das Greisenalter und die Einsamkeit sind symbolisch mit Saturn verbunden: alles, was zu existentiellen Fragen nach Sein und Würde des Menschen herausfordert.

Literatur: Standard, Romankiewicz (2002)

Autor: Romankiewicz, Brigitte