Selbst

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Keyword: Selbst

Links: Analytische Psychologie, Ganzheit, Gottesbild, Individuation, Mandala, Mystos-Prinzip

Definition: Der Selbst-Begriff der Analytischen Psychologie C. G. Jungs geht über den Selbstbegriff der Umgangssprache wie auch der meisten psychologischen und psychoanalytischen Theorien weit hinaus. Er bezeichnet die sich selbst regulierende Einheit und polar-paradoxe Ganzheit des individuellen menschlichen Organismus in seiner unabtrennbaren Beziehung zu seiner Mit- und Umwelt.

Information: Das Selbst organisiert und strukturiert alle Entwicklungsprozesse körperlicher wie psychischer Art. Die Aspekte und Entwicklungsmöglichkeiten, die im Selbst als Potenz angelegt sind, hängen in ihrer Realisierung von den förderlichen oder hemmenden Bedingungen seiner Mit- und Umwelt ab.

Interpretation: Das Selbst hat - und dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den psychoanalytischen Auffassungen - nicht nur personale Aspekte, sondern auch kollektive und transpersonale. Die archetypische Dimension der Ganzheit des Selbst symbolisiert sich in den Bildern und Begriffen der höchsten menschlichen Werte, wie sie in den Religionen und Philosophien, der Mystik und Kunst dargestellt werden, z. B. als das Absolute, unergründliche Geheimnis, das Mysterium (Mystos-Prinzip) als das Universum, als die Ur-Energie, die kosmische Intelligenz, das Sein, das Eine ohne ein Zweites, die Schöpfung, das Leben, die goldene Blüte, das Atman, Tao, das göttliche Prinzip, als Göttin und Gott, der göttliche Funken, als inneres Licht, die allumfassende Liebe, als Sophia, Magier, göttlicher Heros (Heros-Prinzip) oder als das "Göttliche Kind". In den Märchen und Heldenmythen ist es das Ziel der Suchwanderung, die "schwer zu erreichende Kostbarkeit" oder das Wasser des Lebens, in der Kabbala das "En Soph", in der Alchemie der "Stein der Weisen".

Das Selbst kann auch als Ur- oder Basis-Archetyp verstanden werden, denn die Idee einer allumfassenden Einheit und Ganzheit der Existenz, aus der heraus sich individuelle Existenz entwickelt, ist in allen Kulturen zu finden. Sie ist die umfassendste archetypische Vorstellung, die alle anderen archetypischen Aspekte in sich enthält. Das Selbst ist Summe aller Polaritäten und Paradoxien, eine Synthese aus Vergangenem, Gegenwärtigem und zukünftigen Entfaltungsmöglichkeiten, aus Licht und Schatten, "Göttlichem" und "Teuflischem", aus "Weiblichem" und "Männlichem", aus Gesundem und Pathologischem, aus Werdendem und Sterbendem. Der alles umfassende und vereinigende Charakter drückt sich vielen Selbstsymbolen aus, beispielsweise im Mandala, im chinesische Yin/Yang-Symbol, im Kreuz oder in der Vereinigung von Mann und Frau (Coniunctio, Hermaphrodit).

Literatur: Standard

Autor: Müller, Lutz