Alchemie und Amazone: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Alchemie
'''Keyword:''' Amazone


'''Links:''' [[Albedo]], [[Alchemie, Phasen der]], [[Chaos]], [[Citrinitas]], [[Hermes]], [[Lapis]], [[Nigredo]], [[Rubedo]], [[Selbst]], [[Stein]], [[Tod]], [[Unus mundus]]
'''Links:''' [[Frau]], [[Held]], [[Heros-Prinzip]]


'''Definition:''' Grundidee der Alchemie (arab. al-kimiya, aus griech. chymeía: Handwerkskunst, flüssiges Metall zu gießen) ist die Verwandlung der Materie im Opus Magnum, indem sie auf ihren Urzustand bzw. Ursprung (prima materia) zurückgeführt und in eine neue, veredelte Form gebracht wird. Ziel ist die Herstellung von Silber oder Gold bzw. des Stein der Weisen, der auf die Materie übertragen, "projiziert" wird und diese zu Gold transmutiert.
'''Definition:''' Amazonen (griech. brustlos; mhd: kriegerische Frau) sind Angehörige sagenhafter Frauenvölker, die antiker Überlieferung zufolge in Libyen (Nordafrika) um 2000 v. Ch. und in Kleinasien (Gebiet um den Fluss Thermodon, heute Terme Cay) zwischen 1900 und 1200 v. Ch. lebten. In französ. Ritterpoesie wie im modernen Reitsport: "kühne Reiterin". Etymologie und Bedeutung des schon ins Mittelhochdeutsche übernommenen Fremdworts sind nicht eindeutig: armenisch = "Mondfrau"; altpersisch ="Kinder der Uma" (Uma= ind. Mondgöttin); griechisch = "brustlos"; phönikisch = "Mutterherrin"


'''Information:''' Die alchemistische Sicht der prima materia beruht auf der aristotelischen Entelechie (griech. : Verwirklichung der in einem Seienden angelegten Dinge) und auf vorsokratischen Vorstellungen eines unbestimmbaren Urstoffs (Anaximander) und der vier Elemente. Die Anfänge der abendländischen Alchemie etwa im 2. / 3. Jh. v. Chr. sind mit der mythischen Figur des Hermes Trismegistos verbunden. Weitere Einflüsse: Isis/Osiris-Mythos mit dem Zyklus von Tod und Wiedergeburt), babylonische Astrologie, Gnosis, Kabbala und Magie. In Europa wurde die Alchemie im 13. Jh. in die Scholastik integriert und umfasste als ganzheitliche Wissenschaft des Mittelalters und der frühen Neuzeit Religion, Wissenschaft und Kunst gleichermaßen. In der Renaissance wurde sie weiter mit religiösen Symbolen angereichert. Mit den Erfolgen der Naturwissenschaft verlor die Alchemie im 18. Jh. an Bedeutung, um im 20. Jh. aufgrund ihrer tiefenpsychologischen Dimension von C. G. Jung neu entdeckt zu werden. In der Alchemie waren Transmutation der Metalle, Erlösung der Natur und spirituelle Läuterung des Adepten oft untrennbar miteinander verbunden. Der Alchemist versuchte sich in Leiden, Tod und Auferstehung der für ihn beseelten Materie imaginativ einzufühlen (Parallele zur mystischen bzw. schamanistischen Initiation).
'''Information:''' Bis heute ist die Vorstellung von den Amazonen durch die patriarchale Perspektive der griechischen Mythologie geprägt, sodass es schwierig ist, ein adäquates Bild zu bekommen. Kernaussage griechischer Mythen bezüglich der Amazonen ist, dass sie von griechischen Helden überwunden, besiegt, getötet werden müssen – entsprechend werden sie in der griechischen Kunst hauptsächlich als verwundete, sterbende oder tote Amazone dargestellt. Da es keine Hinweise gibt auf Kriegszüge der Amazonen gegen Griechenland (im Trojanischen Krieg kommen sie den belagerten Trojanern zuhilfe; nach Athen dringen sie ein, um dort ihre, von Theseus nach Athen verschleppte Königin Antiope zu befreien), stellt sich die Frage, weshalb die berühmtesten Helden wie Herakles, Achilleus, Theseus u. a. gegen die Amazonen kämpfen müssen, um ihr Heldentum zu beweisen.


Seine Vorstellungskraft, die imaginatio, welche die Materie in eine neue Form ([[Chaos]]) überführen kann, nimmt sich die Natur zum Vorbild und ahmt die Reifungsprozesse der Metalle im alchemistischen Gefäß ([[vas]] hermeticum) nach. Die Laborarbeit bedarf einer spirituellen Disziplin durch Meditation, Lektüre und Gebet (ora et labora) und göttlicher Eingebung ("deo concedente").
Wenn Homer (Ilias) von Bellerophon, der durch seinen Sieg über die Chimäre als Kämpfer gegen die Große Mutter ausgewiesen ist, berichtet, dieser habe die "männliche Horde Amazonen" erschlagen; und wenn Lysias (ca. 450-380 v. Chr.) von den Athen belagernden Amazonen sagt: "Da sie es jedoch mit kampfestüchtigen Männern zu tun bekamen, so gestaltete sich ihr Mut nur solchermaßen, wie es ihrem Geschlecht entsprach. Hier starben sie, erlitten so die Strafe für ihre Unbesonnenheit <  [...]  [[So]] haben jene, indem sie widerrechtlich Fremdes (Kriegsruhm) begehrten, das ihnen Zustehende mit Recht verloren." so wird deutlich, dass der Kampf griechischer Helden gegen die Amazonen Ausdruck des grundlegenden Wandels vom Matriarchat zum Patriarchat darstellt, und dass die Rede des Lysias zugleich eine Warnung an die Frauen Athens ist, die mit dem Übergang des Archaischen ins Klassische Zeitalter (ca. 1100-700 v. Chr.) ihre frühere Freiheit, Macht, Würde und Ansehen verloren hatten.


'''Interpretation:''' Jung sieht in der Alchemie eine esoterische Unterströmung des Christentums, die das im Christentum verdrängte Weibliche und seine Stellung im schöpferischen Schaffensprozess betont. Sie ist für ihn ein Schatzhaus der Symbolik und eine historische Entsprechung für innere, unbewusste Erfahrungen und den Prozess der Individuation. Anhand umfangreichen Traummaterials weist er durch Symbolarbeit die Parallelen des Individuationsprozesses zur alchemistischen Bilderwelt nach (vgl. GW 12). Er geht von einer unbewussten Identität des Alchemisten mit dem Stoff aus, in den dieser sein Unbewusstes projiziert. Der Stein der Weisen ist deshalb ein Symbol des [[Selbst]] und zudem eine Parallele zu [[Christus]]. Seine spätere Beschäftigung mit der Alchemie ist um die Gegensatzproblematik zentriert. Die "Psychologie der Übertragung" (GW 16) veranschaulicht er mit elf alchemistischen Emblemen aus dem [[Rosarium]] philosophorum. Er will damit Vereinigungs- und Trennungsvorgänge in zwischenmenschlichen Beziehungen einschließlich des analytischen Prozesses auf bewusster wie unbewusster Ebene aufzeigen und die damit verbundene Projizierung der gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteile. Im "Mysterium Coniunctionis", seinem Alterswerk, gipfeln die Stufen der Gegensatzvereinigung in der Erfahrung der einen Wirklichkeit (unus mundus) jenseits des Gegensatzes von Materie und Geist. Jung stellt auch eine Beziehung der Farben zum alchemistischen Prozess dar: (Jung, GW 12, S. 267 ff: "Die Phasen des alchemistischen Prozesses"), in dessen vier Phasen sukzessive die vier Wandlungsfarben der sich verändernden Materie auftauchen: die Schwärzung ([[Nigredo]]), die Weißung ([[Albedo]]), die Gelbung ([[Citrinitas]]) und schließlich die Rötung ([[Rubedo]]). Im 15. /16. Jahrhundert wurden die Farben mehr und mehr auf drei reduziert, wobei die Gelbung, auch Zitronenfarbe ([[Citrinitas]]) genannt, allmählich zurücktritt, oder vielmehr durch die Grünung (Viriditas) ersetzt wird.
Durch die Bedrohung matriarchaler Kulturen durch das Eindringen patriarchaler Stämme (im vorderasiatischen Raum zu Beginn der Frühbronzezeit) entstanden als Gegenentwicklung Amazonenreiche. Matriarchale Gesellschaften sahen offenbar ihre einzige Chance zu überleben darin, eine Lebensform zu wählen, in der es zu einer Trennung zwischen Männern und Frauen kam. Allerdings sind diese nicht nur ein extremes Ende des "Mutterrechts" (Bachofen), sondern auch der Beginn eines neuen Selbstverständnisses des Weiblichen.


Die Schwärze ist als Anfangszustand der Materie ([[Materia prima]]) entweder vorauszusetzen oder kommt durch die Zerteilung der Elemente mit dem Beginn des alchemistischen Prozesses zustande. Aus der Schwärzung führt die Abwaschung ([[Abwaschen]]) entweder direkt zur Weißung oder es leitet eine Vielheit der Farben (auch Cauda Pavonis-"Pfauenschwanz" - genannt), indem allmählich zur [[Ganzheit]] vereint, wieder zur weißen Farbe über, die alle Farben in sich enthält. Damit ist das erste Hauptziel des Prozesses, die Weißung, erreicht, der Silber- oder Mondzustand, der aber noch bis zum Sonnenzustand gesteigert werden soll. Erst die Rötung stellt den Sonnenaufgang dar, wobei die Gelbung den Übergang zur Rötung bildet, durch Steigerung der Wärme und des Feuers auf den höchsten Grad. Im alchemistischen Prozess gelten das Weiße und das Rote zugleich symbolisch als Königin und König, die sich in der chymischen Hochzeit vereinigen können. Was der klassische Alchemist im Stoffe sieht, sind nach Jung "zunächst seine eigenen unbewussten Gegebenheiten, die er darein projiziert" (GW 12, S. 267). Jungs Ausführungen wirken oft ähnlich kryptisch wie die alchemistischen Texte selbst, die er zitiert, tragen aber dennoch wesentlich dazu bei, sowohl die Bedeutung der Alchemie in der Kultur- und Geistesgeschichte wie auch der Arbeit mit Symbolen in der Psychotherapie und seiner Methode der Amplifikation zu untermauern. Die therapeutischen Implikationen der alchemistischen Symbolik und Metaphorik wurden zur Konzeption eines interaktiven Feldes (Schwartz-Salant, 1995 und Stein, 1995) erweitert. Die imaginativen und meditativen Aspekte der Alchemie haben von Franz (1978, 1979) Odajnyk (1993) und Raff (2000) weiter ausgearbeitet.
'''Interpretation:''' Für die Bewusstseinsentwicklung der Menschheit symbolisieren damit die Amazonen sowohl eine neue, auf Unabhängigkeit und Ebenbürtigkeit dem Männlichen gegenüber ausgerichtete Weiblichkeit – wie, bezogen auf den innerpsychischen Aspekt männlicher Identität eine neue Qualität der Animafunktion. Die Komplexität dieses Geschehens macht die versteckte Bewunderung verständlich, die trotz eindeutig negativer Beschreibung der Amazonen durch griechische und römische Historiker, nicht zu übersehen ist, obgleich sie als wild, aggressiv, männlich aber zugleich männerfeindlich, kriegerisch und überheblich, promiskuitive und nur zum Zweck der Fortpflanzung betriebene Sexualität praktizierend, geschildert werden, – wurden ihnen in Attika nach der "Amazonenschlacht", als "Töchter des Ares und der Harmonia", Tempel errichtet, Feste gestiftet und Weihebezirke errichtet, die Gräber der gefallenen Amazonen geehrt. Kaum aus der menschlichen Natur vertrieben (Himerios: andere Feinde habe man nur aus dem Lande, die Amazonen aber aus der menschlichen Natur vertrieben) – "kehren sie als Siegerinnen in den Seelenraum zurück" (Sir Galahad). Als gesichert kann heute gelten, dass vom 3. Jahrtausend v. Chr. an Amazonen in Kleinasien, auf der Insel Lemnos und an der nordöstlichen Schwarzmeerküste viele Städte gründeten und eine hochentwickelte Kultur mit eindrucksvollen Stadtanlagen, mächtigen Festungen und geheimnisvollen Heiligtümern schufen. Sie züchteten Pferde, die sie als heilige Tiere verehrten, galten als ausgezeichnete Reiterinnen, ihre Hauptwaffe waren Pfeil und Bogen. Im Laufe der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. gingen die Amazonen in den noch matriarchal geprägten nomadischen und halbnomadischen Stämmen der eurasischen Steppe (Sarmaten, Sauromaten, Skythen) auf. Bei diesen, wie auch den Hethitern (1900 – 1200 v. Chr.) hatten Priesterinnen einen hohen Rang. Dem entspricht, dass die Labrys (sogen. Doppelaxt), mit welcher die Amazonen in der griechischen Kunst häufig dargestellt sind, keine Waffe sondern ein Symbol der Großen Göttin ist, welches schon in der Eiszeit als in Fels geritztes Ideogramm auftaucht. Linguistische Forschungen ergaben, dass die libyschen Amazonen in einer besonderen Schrift Zeugnisse ihrer Kultur hinterließen, die "neben der erstaunlichen Ausbreitung der Amazonen auch die Höhe ihrer geistigen Bildung verrät" (R. Fester S. 57). Bis ins 20. Jh. n. Chr. pflegten bei den Tuareg der Südsahara die Frauen Dichtung und Überlieferung in dieser alten libyschen Schrift, während die Männer Analphabeten waren. Noch im 16. Jh. n. Chr. glaubten englische Reisende in Südamerika auf Nachfahren der dorthin ausgewanderten Amazonen zu stoßen, wodurch der Fluss Amazonas seinen Namen erhielt.


'''Literatur:''' Edinger, E. (1990); Jung, C. G. (1972): Psychologie und Alchemie. GW 12; Jung, C. G. (1976): Die Psychologie der Übertragung. GW 16; Jung, C. G. (1978): Studien über alchemistische Vorstellungen. GW 13
In der heutigen Psyche kann das Bild der Amazone sowohl als Aspekt weiblicher Identität, als weiblicher Schattenaspekt, wie auch als Facette der Animafunktion erscheinen und Jungfräulichkeit, Selbstvertrauen, Mut und Freiheit, Unabhängigkeit, auch Unbezogenheit und Ablehnung des Männlichen symbolisieren, ebenso Ausbruch aus der Festlegung auf Mutterschaft, Sportlichkeit und Kampfwillen, aber auch intuitive Verbundenheit mit Spiritualität und dem Animalischen.


'''Autor:''' Krapp, Manfred
'''Literatur:''' Siehe: Text
 
'''Autor:''' Rafalski, Monika

Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr

Keyword: Amazone

Links: Frau, Held, Heros-Prinzip

Definition: Amazonen (griech. brustlos; mhd: kriegerische Frau) sind Angehörige sagenhafter Frauenvölker, die antiker Überlieferung zufolge in Libyen (Nordafrika) um 2000 v. Ch. und in Kleinasien (Gebiet um den Fluss Thermodon, heute Terme Cay) zwischen 1900 und 1200 v. Ch. lebten. In französ. Ritterpoesie wie im modernen Reitsport: "kühne Reiterin". Etymologie und Bedeutung des schon ins Mittelhochdeutsche übernommenen Fremdworts sind nicht eindeutig: armenisch = "Mondfrau"; altpersisch ="Kinder der Uma" (Uma= ind. Mondgöttin); griechisch = "brustlos"; phönikisch = "Mutterherrin"

Information: Bis heute ist die Vorstellung von den Amazonen durch die patriarchale Perspektive der griechischen Mythologie geprägt, sodass es schwierig ist, ein adäquates Bild zu bekommen. Kernaussage griechischer Mythen bezüglich der Amazonen ist, dass sie von griechischen Helden überwunden, besiegt, getötet werden müssen – entsprechend werden sie in der griechischen Kunst hauptsächlich als verwundete, sterbende oder tote Amazone dargestellt. Da es keine Hinweise gibt auf Kriegszüge der Amazonen gegen Griechenland (im Trojanischen Krieg kommen sie den belagerten Trojanern zuhilfe; nach Athen dringen sie ein, um dort ihre, von Theseus nach Athen verschleppte Königin Antiope zu befreien), stellt sich die Frage, weshalb die berühmtesten Helden wie Herakles, Achilleus, Theseus u. a. gegen die Amazonen kämpfen müssen, um ihr Heldentum zu beweisen.

Wenn Homer (Ilias) von Bellerophon, der durch seinen Sieg über die Chimäre als Kämpfer gegen die Große Mutter ausgewiesen ist, berichtet, dieser habe die "männliche Horde Amazonen" erschlagen; und wenn Lysias (ca. 450-380 v. Chr.) von den Athen belagernden Amazonen sagt: "Da sie es jedoch mit kampfestüchtigen Männern zu tun bekamen, so gestaltete sich ihr Mut nur solchermaßen, wie es ihrem Geschlecht entsprach. Hier starben sie, erlitten so die Strafe für ihre Unbesonnenheit < [...] So haben jene, indem sie widerrechtlich Fremdes (Kriegsruhm) begehrten, das ihnen Zustehende mit Recht verloren." so wird deutlich, dass der Kampf griechischer Helden gegen die Amazonen Ausdruck des grundlegenden Wandels vom Matriarchat zum Patriarchat darstellt, und dass die Rede des Lysias zugleich eine Warnung an die Frauen Athens ist, die mit dem Übergang des Archaischen ins Klassische Zeitalter (ca. 1100-700 v. Chr.) ihre frühere Freiheit, Macht, Würde und Ansehen verloren hatten.

Durch die Bedrohung matriarchaler Kulturen durch das Eindringen patriarchaler Stämme (im vorderasiatischen Raum zu Beginn der Frühbronzezeit) entstanden als Gegenentwicklung Amazonenreiche. Matriarchale Gesellschaften sahen offenbar ihre einzige Chance zu überleben darin, eine Lebensform zu wählen, in der es zu einer Trennung zwischen Männern und Frauen kam. Allerdings sind diese nicht nur ein extremes Ende des "Mutterrechts" (Bachofen), sondern auch der Beginn eines neuen Selbstverständnisses des Weiblichen.

Interpretation: Für die Bewusstseinsentwicklung der Menschheit symbolisieren damit die Amazonen sowohl eine neue, auf Unabhängigkeit und Ebenbürtigkeit dem Männlichen gegenüber ausgerichtete Weiblichkeit – wie, bezogen auf den innerpsychischen Aspekt männlicher Identität eine neue Qualität der Animafunktion. Die Komplexität dieses Geschehens macht die versteckte Bewunderung verständlich, die trotz eindeutig negativer Beschreibung der Amazonen durch griechische und römische Historiker, nicht zu übersehen ist, obgleich sie als wild, aggressiv, männlich aber zugleich männerfeindlich, kriegerisch und überheblich, promiskuitive und nur zum Zweck der Fortpflanzung betriebene Sexualität praktizierend, geschildert werden, – wurden ihnen in Attika nach der "Amazonenschlacht", als "Töchter des Ares und der Harmonia", Tempel errichtet, Feste gestiftet und Weihebezirke errichtet, die Gräber der gefallenen Amazonen geehrt. Kaum aus der menschlichen Natur vertrieben (Himerios: andere Feinde habe man nur aus dem Lande, die Amazonen aber aus der menschlichen Natur vertrieben) – "kehren sie als Siegerinnen in den Seelenraum zurück" (Sir Galahad). Als gesichert kann heute gelten, dass vom 3. Jahrtausend v. Chr. an Amazonen in Kleinasien, auf der Insel Lemnos und an der nordöstlichen Schwarzmeerküste viele Städte gründeten und eine hochentwickelte Kultur mit eindrucksvollen Stadtanlagen, mächtigen Festungen und geheimnisvollen Heiligtümern schufen. Sie züchteten Pferde, die sie als heilige Tiere verehrten, galten als ausgezeichnete Reiterinnen, ihre Hauptwaffe waren Pfeil und Bogen. Im Laufe der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. gingen die Amazonen in den noch matriarchal geprägten nomadischen und halbnomadischen Stämmen der eurasischen Steppe (Sarmaten, Sauromaten, Skythen) auf. Bei diesen, wie auch den Hethitern (1900 – 1200 v. Chr.) hatten Priesterinnen einen hohen Rang. Dem entspricht, dass die Labrys (sogen. Doppelaxt), mit welcher die Amazonen in der griechischen Kunst häufig dargestellt sind, keine Waffe sondern ein Symbol der Großen Göttin ist, welches schon in der Eiszeit als in Fels geritztes Ideogramm auftaucht. Linguistische Forschungen ergaben, dass die libyschen Amazonen in einer besonderen Schrift Zeugnisse ihrer Kultur hinterließen, die "neben der erstaunlichen Ausbreitung der Amazonen auch die Höhe ihrer geistigen Bildung verrät" (R. Fester S. 57). Bis ins 20. Jh. n. Chr. pflegten bei den Tuareg der Südsahara die Frauen Dichtung und Überlieferung in dieser alten libyschen Schrift, während die Männer Analphabeten waren. Noch im 16. Jh. n. Chr. glaubten englische Reisende in Südamerika auf Nachfahren der dorthin ausgewanderten Amazonen zu stoßen, wodurch der Fluss Amazonas seinen Namen erhielt.

In der heutigen Psyche kann das Bild der Amazone sowohl als Aspekt weiblicher Identität, als weiblicher Schattenaspekt, wie auch als Facette der Animafunktion erscheinen und Jungfräulichkeit, Selbstvertrauen, Mut und Freiheit, Unabhängigkeit, auch Unbezogenheit und Ablehnung des Männlichen symbolisieren, ebenso Ausbruch aus der Festlegung auf Mutterschaft, Sportlichkeit und Kampfwillen, aber auch intuitive Verbundenheit mit Spiritualität und dem Animalischen.

Literatur: Siehe: Text

Autor: Rafalski, Monika