Angst und Anima, Animus: Unterschied zwischen den Seiten

Aus symbolonline.eu
(Unterschied zwischen Seiten)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
de>Autor
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
K (1 Version importiert)
 
Zeile 1: Zeile 1:
'''Keyword:''' Angst
'''Keyword:''' Anima, Animus


'''Links:''' [[Affekt]], [[Emotion]], [[Komplex]], [[Regression]]
'''Links:''' [[Bios-Prinzip]], [[Eros-Prinzip]], [[Held]], [[Heros-Prinzip]], [[Logos-Prinzip]]


'''Definition:''' Die Angst (mhd. angest, ahd. angust, eigtl. = Enge, verw. mit eng)
'''Definition:''' Anima/Animus (lat.: Lufthauch, Atem) sind Begriffe, die in der Analytischen Psychologie für die inneren weiblichen und männlichen Anteilen im Menschen verwendet werden. Die Anima bezeichnet die spezifische Gesamtheit aller bewussten und unbewussten Aspekte des weiblichen Prinzips im Mann, der Animus die spezifische Gesamtheit aller bewussten und unbewussten Aspekte des männlichen Prinzips in der Frau.
ist ein Gefühlszustand, der mit Beklemmung, Bedrückung und Erregung einhergeht.


'''Information:''' Angst signalisiert, dass eine Gefahr droht. Die Bedrohung kann von innen oder von außen kommen und die mit ihr verbundene Angst äußert sich in einem unangenehmen Spannungs- und Erregungsanstieg, in Befürchtungsfantasien, in der Einschränkung verschiedener psychischer Funktionen (z. B. Wahrnehmung, Gedächtnis, Denken), in Körperreaktionen (z. B. erhöhter Pulsschlag, Atemnot, Schweißausbruch, gesteigerte Blasen- oder Darmtätigkeit) und im Verhalten (z. B. Erstarrung, Fluchttendenzen, [[Regression]] oder [[Aggression]]).
'''Information:''' Unter den Begriffen Anima und Animus wurde philosophisch schon früher allgemein "Seele" verstanden. Anima bezeichnet dabei mehr den antreibenden, lebendigen, naturhaften, "animalischen" Aspekt, der z. B. auch im Vordergrund der kosmischen Anima-mundi-Vorstellungen und -Bilder steht. Animus als Spiritus (lat.: Hauch, bewegte Luft, Wind, Lebenshauch, Atem) betont den geistig-lenkenden Aspekt, wie er etwa in den Begriffen "Spiritus sanctus" (der heilige Geist) oder "Spiritus Rector" (leitender, treibender, belebender Geist) zum Ausdruck kommt.


In der Psychologie kennt man verschiedene Angstformen, z. B. die Todesangst, die Angst vor dem Verlust einer Beziehung oder vor dem Verlust der Liebe eines Menschen, die Trennungsangst, die Angst vor Nähe oder die Angst vor bedrohlich erscheinenden Tieren ([[Hunde]], [[Schlange]], [[Spinne]]), die Angst vor anderen Menschen (soziale Phobie), zu engen Räumen (claustrophobie) oder Plätzen (agoraphobie)
Unterschieden werden die Bilder von Anima/Animus vom Archetyp der Großen Mutter bzw. des Großen Vaters und den Mutter- und Vaterbildern, die jeder Mensch in sich trägt. Anima/Animus entwickeln und differenzieren sich im Laufe der psychischen Entwicklung aus Mutter- und Vaterarchetyp heraus. Diese psychische Entwicklung aus der Abhängigkeit und Bindung an die Eltern hin zur Entwicklung von Eigenständigkeit und Beziehungsfähigkeit gegenüber gleichaltrigen Partnern objektstufig, hin zur Gewinnung eigener unabhängiger Weiblichkeit und Männlichkeit und Kontaktaufnahme mit den gegengeschlechtlichen inneren Anteilen zur Entwicklung von psychischer Ganzheit subjektstufig, bezeichnet E. Neumann als Befreiung aus der Gefangenschaft. Verbreitet ist dieses Motiv der Befreiung aus der Gefangenschaft in männlichen Heldengeschichten, in denen die Gefangene den Zugang zum Schatz, manchmal auch den Schatz selbst verkörpert. Der Weg zum Gegengeschlecht unterscheidet sich allerdings, das zeigen die Heldengeschichten der Frauen, je nachdem ob eine eher männlich oder weiblich orientierte Persönlichkeit mit ihren jeweils spezifischen Fähigkeiten und Kenntnissen auf der Suche ist.


Träume mit Angstinhalten werden als Albträume bezeichnet. Ein Alb ist nach dem Volksglauben ein menschen- oder tierähnliches Wesen, das nächtliche Beklemmungszustände verursacht. Sie treten verstärkt bei seelischen Krisen und einschneidenden Entwicklungsphasen auf, können aber auch körperliche Ursachen haben (z. B. nächtliche Atemnot oder Herzbeschwerden).
'''Interpretation:''' Die psychische Wirkung, die große Faszination, die objektstufige und subjektstufige Bedeutung von Anima-/Animusgestalten und -gestaltungen wird deutlich in den großen Paaren und den Helden- und Liebesgeschichten der Menschheit, etwa: Amor und Psyche, Tristan und Isolde, Cäsar und Kleopatra, Romeo und Julia, Scarlett O'Hara/Vivien Leigh und Rhett Butler/Clark Gable (Vom Winde verweht), Rick Blaine/Humphrey Bogart und Ilsa Lund/Ingrid Bergman (Casablanca), Leonardo di Caprio und Kate Winslet (Titanic).


In der Fachsprache der Psychologie und Philosophie wird meist zwischen Angst als unbegründet, nicht objektbezogen und Furcht als objektbezogen differenziert; in der Allgemeinsprache werden beide Wörter aber meist synonym verwendet.
Weibliche bzw. männliche Gestalten und Symbole in Träumen, Fantasien, Imagination können, je nach Ausgangslage und Entwicklung des Ich-Bewusstseins Mutter/Vater-, Schatten-, Anima-/Animus- oder Selbstaspekte in sich tragen. Generell können gegengeschlechtliche gleichaltrige und jüngere Figuren als Anima-/Animusfacetten interpretiert werden, sind sie gleichgeschlechtlich, verkörpern sie meist Schattenaspekte, so das traditionelle Verständnis von C. G. Jung. Sind Figuren älter, reich an Erfahrung und Weisheit oder enthalten sie Aspekte des Ewigen und Unendlichen und Unveränderlichen, so verweisen sie vermutlich eher auf Eltern- oder Selbstaspekte. Die Wirkung der Anima öffnet das männliche Ich zum Unbewussten und Weiblichen, die Wirkung des Animus führt das weibliche Ich in die Aktivität und Autonomie. Anima-/Animussymbole können befruchtend, verlebendigend und befreiend wie auch kalt, gefährlich, gefangensetzend, tötend erscheinen. Sie sind wie alle archetypischen Energien nur polar verstehbar.


'''Interpretation:''' Angstzustände symbolisieren sich in allen Gestaltungen und Ereignissen, die wir mit einer Bedrohung, mit dem Erleiden von körperlichem wie seelischem Schmerz, mit einer Einschränkung unserer Freiheit, unserer Lebendigkeit und Selbstbestimmung verbinden: Verfolgt und angegriffen werden von gefährlichen Wesen und Mächten, [[Teufeln]], Dämonen, Ungeheuern, Tieren (Raubtiere, [[Schlange]], [[Spinne]]), Verbrechern, Mördern; sich in fremden Landschaften, Wäldern, Städten, Labyrinthen oder den tiefen Weiten des Weltalls verlieren; sich ausweglosen Situationen ausgesetzt erleben: der Dunkelheit eines Abgrunds oder eines schwarzen Gewässers, der schwankenden Höhe eines Baumgipfels oder dem schmalen Grat eines [[Berges]]; eingesperrt in eine viel zu enge Räumlichkeit, ein [[Gefängnis]], einen [[Sarg]]; Unfälle, Krankheit, Todeserfahrungen, seine Identität und Herkunft nicht mehr kennen; sich ausgestoßen, einsam, ungeliebt zu fühlen, in moralischer oder leistungsmäßiger Hinsicht versagt zu haben, gedemütigt, ausgelacht zu werden und dann voller Scham- und Schuldgefühle zu sein.
C. G. Jung Jung unterscheidet vier Stufen in der Kultur des Eros und damit auch des Animabildes (vgl. Jung, GW 16, §361). Die erste Stufe (in Gestalt der Ur-Mutter, der Eva) bildet den rein biologischen, erdhaften, vorwiegend der Fortpflanzung dienenden Aspekt (vgl. Bios-Prinzip), die zweite Stufe betrifft einen überwiegend sexuellen Eros auf ästhetischem und romantischem Niveau (z. B. in Gestalt der Helena), die dritte Stufe erhöht den Eros zur höchsten Wertschätzung und vergeistigt ihn (z. B. in Gestalt der Maria, geistige Mutterschaft) und auf der vierten Stufe findet sich die Weisheit (z. B. in Gestalt der Sophia). Anima-Symbole weisen häufig eine Mischung dieser Stufen auf: Elemente der jungen, jungfräulichen, frühlingshaften, erblühenden Natur, des Körpers und von Landschaften. Sie sind mit Schönheit, Schmuck, Erotik, Sexualität und Animalischem, mit Bindung, Nähe, Beziehung, Harmonie, Einfühlung und Empfindsamkeit, Zartheit und Zärtlichkeit, Freude, Genuss, Ekstase, geheimnisvoll-verführerischer, hexenhaft-nixenartiger auch wissend-heiliger Faszination und mit kreativ-schöpferischen Attributen verbunden.


Farben, die häufig mit Angstzuständen verbunden werden sind [[Schwarz]] (Unbekanntes, [[Tod]]) und [[Rot]] ([[Blut]], [[Feuer]]), sowie alle zu dunklen oder zu grellen Farben, weil wir diese Farben entweder mit einer Einschränkung unserer Lebendigkeit oder einer Überreizung und Überflutung unserer Verarbeitungsfähigkeit verbinden.
Assoziationen und Gestaltungen von persönlichen Anima-Symbolen können mit den kollektiven Bildern von Anima/Animus in fast unendlicher Vielzahl angereichert werden, z.B. als Eva mit dem Apfel im Paradies, als Heilige Maria und Hure Maria Magdalena, als Venus im Gemälde von Botticelli, als verheißungsvoll unbestimmte Mona Lisa, als gefährliche Loreley, Nixe und Seejungfrau in volkstümlicher Dichtung; als Blauer Engel, Tänzerin, Schauspielerin und verführerischer Hure in Romanen, als Begleiterin, Freundin, Schwester und Gefährtin wie z. B. Pamina in der Zauberflöte, als keusche, naive, kindliche, unschuldige und vieldeutige Mädchengeliebte und Lolita und als unzählige weitere weibliche Gestaltungen aus Vergangenheit und Aktualität.


Angst zu erleben, auszuhalten und die mit ihr verbundenen Einschränkungen schließlich mutig zu überwinden: Das ist das Thema fast aller Märchen, Mythen und Dramen der Menschheit ([[Heldenmythos]], [[Drachenkampf]]). Hier finden sich auch viele praktische Hinweise für einen guten Umgang mit der Angst; es werden hilfreiche Begleiter, Freunde, Tiere, weise Menschen gesucht, man macht sich mit dem Gegner oder der Gefahr vertraut, man trainiert seine kämpferischen Fähigkeiten, man übt, in gefährlichen Situationen entspannt, besonnen und "kühl" zu bleiben und die angemessene Abwehrstrategie zu finden. Das kann in dem einen Fall die Flucht und das Vermeiden der Gefahrensituation sein, im anderen Fall der Kampf und die Aggression oder auch der Einsatz von List, Humor und kreativen Ideen.
E. Jung (vgl. Jung, E., 1967) hat vier Aspekte oder Stufen des Animus unterschieden: Kraft (z.B. "Naturbursche", Abenteurer), Tat (z.B. mutige Helden, Sportler, Tenöre), Wort (z.B. Künstler, Schauspieler, Manager, Politiker) und Geist (Pfarrer, Therapeuten, Gurus). Häufig trete der Animus in Fantasien und Träumen auch in der Mehrzahl auf, als Ausdruck einer, wie C. G. Jung vermutet, die bewusste, eher monogam orientierte Einstellung der Frau kompensierende polygame Tendenz. Animus-Symbole bringen oft phallische Elemente zur Geltung, seien sie körperlich-sinnlicher oder auch geistiger Natur: Mut, Entschlossenheit, Energie, Ausdauer, Willensstärke, Standfestigkeit, Zielstrebigkeit, Eindringungsvermögen, Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit, Aufrichtigkeit, Autonomie und Eigensinn, sportlich-muskulöser, athletischer Körper, animalisch-ekstatische Lebenskraft und Potenz, Möglichkeit zu Kampf und Aggression, Souveränität, Kompetenz und Wissen, teuflisch-magische Verführung, Erfolg, Macht und Geld, Abenteuerlust, Zukunftsorientiertheit.


'''Literatur:''' Kast (1996): Vom Sinn der Angst, Standard, Strian (1995)
Weltweit und zeitübergreifend erscheinen sie sowohl im Großen Helden, Befreier, Lichtbringer, wie auch in den Helden des Alltags. Eine ungeheure Vielzahl von positiven und negativen Animusgestalten werden in Mythen, Sagen, Märchen, Bildender Kunst dargestellt: Abenteurer, Ritter, Westernhelden, Magier, Götter, Kämpfer und Retter wie Siegfried, Tarzan und Rambo, Feldherrn und Politiker wie Cäsar, Napoleon und John F. Kennedy; Philosophen, Wissenschaftler, Wirtschaftsführer, legendäre Sportler, Pop-Idole, Schauspieler u. v. m.


'''Autor:''' Müller, Lutz
Anima/Animus-Symbole haben eine besonders hohe Faszination, wenn sie in Träumen, Fantasien und Imaginationen auftauchen. Reale Beziehungen sind häufig von den Anima/Animus-Facetten überlagert und können zu starken Projektionen führen, die es sehr schwierig machen, mit dem realen Partner in Beziehung zu treten.
 
'''Literatur:''' Standard
 
'''Autor:''' Müller, Anette

Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr

Keyword: Anima, Animus

Links: Bios-Prinzip, Eros-Prinzip, Held, Heros-Prinzip, Logos-Prinzip

Definition: Anima/Animus (lat.: Lufthauch, Atem) sind Begriffe, die in der Analytischen Psychologie für die inneren weiblichen und männlichen Anteilen im Menschen verwendet werden. Die Anima bezeichnet die spezifische Gesamtheit aller bewussten und unbewussten Aspekte des weiblichen Prinzips im Mann, der Animus die spezifische Gesamtheit aller bewussten und unbewussten Aspekte des männlichen Prinzips in der Frau.

Information: Unter den Begriffen Anima und Animus wurde philosophisch schon früher allgemein "Seele" verstanden. Anima bezeichnet dabei mehr den antreibenden, lebendigen, naturhaften, "animalischen" Aspekt, der z. B. auch im Vordergrund der kosmischen Anima-mundi-Vorstellungen und -Bilder steht. Animus als Spiritus (lat.: Hauch, bewegte Luft, Wind, Lebenshauch, Atem) betont den geistig-lenkenden Aspekt, wie er etwa in den Begriffen "Spiritus sanctus" (der heilige Geist) oder "Spiritus Rector" (leitender, treibender, belebender Geist) zum Ausdruck kommt.

Unterschieden werden die Bilder von Anima/Animus vom Archetyp der Großen Mutter bzw. des Großen Vaters und den Mutter- und Vaterbildern, die jeder Mensch in sich trägt. Anima/Animus entwickeln und differenzieren sich im Laufe der psychischen Entwicklung aus Mutter- und Vaterarchetyp heraus. Diese psychische Entwicklung aus der Abhängigkeit und Bindung an die Eltern hin zur Entwicklung von Eigenständigkeit und Beziehungsfähigkeit gegenüber gleichaltrigen Partnern objektstufig, hin zur Gewinnung eigener unabhängiger Weiblichkeit und Männlichkeit und Kontaktaufnahme mit den gegengeschlechtlichen inneren Anteilen zur Entwicklung von psychischer Ganzheit subjektstufig, bezeichnet E. Neumann als Befreiung aus der Gefangenschaft. Verbreitet ist dieses Motiv der Befreiung aus der Gefangenschaft in männlichen Heldengeschichten, in denen die Gefangene den Zugang zum Schatz, manchmal auch den Schatz selbst verkörpert. Der Weg zum Gegengeschlecht unterscheidet sich allerdings, das zeigen die Heldengeschichten der Frauen, je nachdem ob eine eher männlich oder weiblich orientierte Persönlichkeit mit ihren jeweils spezifischen Fähigkeiten und Kenntnissen auf der Suche ist.

Interpretation: Die psychische Wirkung, die große Faszination, die objektstufige und subjektstufige Bedeutung von Anima-/Animusgestalten und -gestaltungen wird deutlich in den großen Paaren und den Helden- und Liebesgeschichten der Menschheit, etwa: Amor und Psyche, Tristan und Isolde, Cäsar und Kleopatra, Romeo und Julia, Scarlett O'Hara/Vivien Leigh und Rhett Butler/Clark Gable (Vom Winde verweht), Rick Blaine/Humphrey Bogart und Ilsa Lund/Ingrid Bergman (Casablanca), Leonardo di Caprio und Kate Winslet (Titanic).

Weibliche bzw. männliche Gestalten und Symbole in Träumen, Fantasien, Imagination können, je nach Ausgangslage und Entwicklung des Ich-Bewusstseins Mutter/Vater-, Schatten-, Anima-/Animus- oder Selbstaspekte in sich tragen. Generell können gegengeschlechtliche gleichaltrige und jüngere Figuren als Anima-/Animusfacetten interpretiert werden, sind sie gleichgeschlechtlich, verkörpern sie meist Schattenaspekte, so das traditionelle Verständnis von C. G. Jung. Sind Figuren älter, reich an Erfahrung und Weisheit oder enthalten sie Aspekte des Ewigen und Unendlichen und Unveränderlichen, so verweisen sie vermutlich eher auf Eltern- oder Selbstaspekte. Die Wirkung der Anima öffnet das männliche Ich zum Unbewussten und Weiblichen, die Wirkung des Animus führt das weibliche Ich in die Aktivität und Autonomie. Anima-/Animussymbole können befruchtend, verlebendigend und befreiend wie auch kalt, gefährlich, gefangensetzend, tötend erscheinen. Sie sind wie alle archetypischen Energien nur polar verstehbar.

C. G. Jung Jung unterscheidet vier Stufen in der Kultur des Eros und damit auch des Animabildes (vgl. Jung, GW 16, §361). Die erste Stufe (in Gestalt der Ur-Mutter, der Eva) bildet den rein biologischen, erdhaften, vorwiegend der Fortpflanzung dienenden Aspekt (vgl. Bios-Prinzip), die zweite Stufe betrifft einen überwiegend sexuellen Eros auf ästhetischem und romantischem Niveau (z. B. in Gestalt der Helena), die dritte Stufe erhöht den Eros zur höchsten Wertschätzung und vergeistigt ihn (z. B. in Gestalt der Maria, geistige Mutterschaft) und auf der vierten Stufe findet sich die Weisheit (z. B. in Gestalt der Sophia). Anima-Symbole weisen häufig eine Mischung dieser Stufen auf: Elemente der jungen, jungfräulichen, frühlingshaften, erblühenden Natur, des Körpers und von Landschaften. Sie sind mit Schönheit, Schmuck, Erotik, Sexualität und Animalischem, mit Bindung, Nähe, Beziehung, Harmonie, Einfühlung und Empfindsamkeit, Zartheit und Zärtlichkeit, Freude, Genuss, Ekstase, geheimnisvoll-verführerischer, hexenhaft-nixenartiger auch wissend-heiliger Faszination und mit kreativ-schöpferischen Attributen verbunden.

Assoziationen und Gestaltungen von persönlichen Anima-Symbolen können mit den kollektiven Bildern von Anima/Animus in fast unendlicher Vielzahl angereichert werden, z.B. als Eva mit dem Apfel im Paradies, als Heilige Maria und Hure Maria Magdalena, als Venus im Gemälde von Botticelli, als verheißungsvoll unbestimmte Mona Lisa, als gefährliche Loreley, Nixe und Seejungfrau in volkstümlicher Dichtung; als Blauer Engel, Tänzerin, Schauspielerin und verführerischer Hure in Romanen, als Begleiterin, Freundin, Schwester und Gefährtin wie z. B. Pamina in der Zauberflöte, als keusche, naive, kindliche, unschuldige und vieldeutige Mädchengeliebte und Lolita und als unzählige weitere weibliche Gestaltungen aus Vergangenheit und Aktualität.

E. Jung (vgl. Jung, E., 1967) hat vier Aspekte oder Stufen des Animus unterschieden: Kraft (z.B. "Naturbursche", Abenteurer), Tat (z.B. mutige Helden, Sportler, Tenöre), Wort (z.B. Künstler, Schauspieler, Manager, Politiker) und Geist (Pfarrer, Therapeuten, Gurus). Häufig trete der Animus in Fantasien und Träumen auch in der Mehrzahl auf, als Ausdruck einer, wie C. G. Jung vermutet, die bewusste, eher monogam orientierte Einstellung der Frau kompensierende polygame Tendenz. Animus-Symbole bringen oft phallische Elemente zur Geltung, seien sie körperlich-sinnlicher oder auch geistiger Natur: Mut, Entschlossenheit, Energie, Ausdauer, Willensstärke, Standfestigkeit, Zielstrebigkeit, Eindringungsvermögen, Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit, Aufrichtigkeit, Autonomie und Eigensinn, sportlich-muskulöser, athletischer Körper, animalisch-ekstatische Lebenskraft und Potenz, Möglichkeit zu Kampf und Aggression, Souveränität, Kompetenz und Wissen, teuflisch-magische Verführung, Erfolg, Macht und Geld, Abenteuerlust, Zukunftsorientiertheit.

Weltweit und zeitübergreifend erscheinen sie sowohl im Großen Helden, Befreier, Lichtbringer, wie auch in den Helden des Alltags. Eine ungeheure Vielzahl von positiven und negativen Animusgestalten werden in Mythen, Sagen, Märchen, Bildender Kunst dargestellt: Abenteurer, Ritter, Westernhelden, Magier, Götter, Kämpfer und Retter wie Siegfried, Tarzan und Rambo, Feldherrn und Politiker wie Cäsar, Napoleon und John F. Kennedy; Philosophen, Wissenschaftler, Wirtschaftsführer, legendäre Sportler, Pop-Idole, Schauspieler u. v. m.

Anima/Animus-Symbole haben eine besonders hohe Faszination, wenn sie in Träumen, Fantasien und Imaginationen auftauchen. Reale Beziehungen sind häufig von den Anima/Animus-Facetten überlagert und können zu starken Projektionen führen, die es sehr schwierig machen, mit dem realen Partner in Beziehung zu treten.

Literatur: Standard

Autor: Müller, Anette