Regression

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Keyword: Regression

Links: Abstieg, Abwehr, Bewegung, Brunnen, Depression, Fall, Mutter, große, Libido, Nachtmeerfahrt, Meer, Nigredo, Paradies, Tal, Unbewusstes, Unten, Wasser

Definition: Die Regression (lat. regressus: Rückkehr, Rückgang, Rückzug) stellt in Wechselwirkung mit der Progression ein wesentliches Element der Theorie der psychischen Energetik und der Libido daRegression.

Information: In seinen energetischen Vorstellungen definiert Jung die Regression als rückläufige Bewegung der Libido, als Anpassungsprozess an die Bedingungen der seelischen Innenwelt.

Allgemein lässt sich Regression als ein Prozess der seelischen Regeneration verstehen, als inneres Kräfteschöpfen, das vorübergehend als Innehalten, Rückzug, Stagnation der Entwicklung oder Einschränkung erlebt werden kann, oft aber auch einer wesentlichen Weiterentwicklung, der Progression, vorausgeht. Rückzug, Innehalten, auch Rückblick halten (auf die Kindheit, Auseinandersetzung mit dem inneren Kind, Regression in frühkindliche Bereiche) sind menschliche Verhaltensmuster, die dem Schutz des Organismus dienen, lebenserhaltend und sinnvoll sein können. Wenn im individuellen Lebensprozess Hindernisse und Schwierigkeiten auftreten, die mit den vorhandenen Erlebens- und Verhaltensmöglichkeiten nicht bewältigt werden können, hört die progressive Bewegung der Libido auf und es kommt zu einer regressiven Gegenbewegung.

Der Rhythmus von Regression und Progression kann auch mit den Zyklen von schöpferischen Prozessen verglichen werden.

Interpretation: Symbole der Regression sind unbewusste Manifestationen, die mit dem Rückströmen der Libido ins Unbewusste zusammenhängen. Es geht hier letztendlich um die Auseinandersetzung mit der zeitweiligen Rückkehr in das archetypische „Reich der Mütter“, das Tor zum Unbewussten, den Bereich des Bios-Prinzips, des Großen Mütterlich / Weiblichen, der sich in Mythen und Märchen z. B. als Abstieg in die Erde, in die Unterwelt (Nachtmeerfahrt), als Verschlungenwerden von großen Tieren, als Sehnsucht in irgendeiner Form in den Mutterleib oder seinen symbolischen Entsprechungen wie z. B. Höhle, Gefäß, Brunnen, Tiefe, Ofen, Meer zurückzukehren oder darin enthalten / gehalten zu sein, darstellt (Bios-Prinzip, Mutter, große, Erde).

Geht die Regression über die Kindheitsphase hinaus in die vorbewusste pränatale Phase, so treten archetypische Bilder auf, die sich nicht mehr mit Individualerinnerungen verbinden. Hier entstehen nun Bilder von göttlichen Wesen, die teils menschlicher, teils tierischer Natur sind. Je nachdem, ob das Bewusstsein negativ oder positiv zum Unbewussten eingestellt ist, sind die Tiere oder magische Wesen entweder Angst erregend, verschlingend (z. B. Drachen, Schlangen, Wolf, Sphinx, Walfisch, Hexen) oder lebenserhaltend und hilfreich.

In den "Walfischdrachenmythen" (Drache, Wal) und dem Motiv der Nachtmeerfahrt des Sonnenhelden (Held, Heros-Prinzip) bildet sich für C. G. Jung das Prinzip von Regression und Progression ab: "Der Held ist der symbolische Darsteller der Libidobewegung. Das Eingehen in den Drachen ist die regressive Richtung. Die Fahrt nach Osten (die Nachtmeerfahrt) und die dabei eintretenden Ereignisse symbolisieren die Anpassungsleistungen gegenüber den Bedingungen der psychischen Innenwelt. Das völlige Verschlungensein und Verschwinden des Helden im Bauche des Drachen stellt die völlige Abkehr der Einstellung von der Außenwelt daRegression Die Bewältigung des Monstrums von innen ist die Anpassungsleistung an die Bedingungen der Innenwelt. Das Herauskommen aus dem Leibe [...] was zugleich ein Sonnenaufgang ist, ist der Wiederbeginn der Progression." (Jung, GW 8, § 68)

Der hinter dem Mythos liegende Sinn ist nach C. G. Jung die Sehnsucht, durch die Rückkehr in den Mutterleib die Wiedergeburt zu erlangen, d. h. unsterblich zu werden wie die Sonne.

In zahlreichen Mythen und Märchen wird der zeitweilige Abstieg, das vorübergehende Eingehen in den archetypischen Bereich des großen Mütterlich / Weiblichen als Auseinandersetzung mit Inhalten des Unbewussten dargestellt, durch den umfassende Belebung, Heilung, Auftanken und Kräfte schöpfen für das Bewältigen des weiteren Entwicklungsweges ermöglicht wird, wie z. B. das Fallen in den Brunnen und der Aufenthalt im magischen Reich der „Frau Holle“ (KHM NRegression 24).

Weitere Symbole der Regression sind die Kiste oder das Körbchen, das auf dem Wasser schwimmt und den ausgesetzten Helden in sich birgt (Bd. 5, S. 264), als Sinnbild für das Enthaltensein im Mutterleib (Moses, in Grimms Märchen „Der Teufel mit den 3 goldenen Haaren“ KHM NRegression 167), wie auch die Arche, das Schiff, oder das Meer, in das die Sonne zur Wiedergeburt versinkt. Der Abstieg ins Erdinnere war als Höhlenkult weit verbreitet (vergl. Jung GW., Bd. 5. S. 435 § 528) und ist in vielen Mythen dargestellt: z. B. Demeter- Kore-Mythos, Abstieg der sumerischen Göttin Inanna, der Göttin Ishtar, im babylonisch-sumerischen Mythos, das Orpheusmotiv oder Sage von Izanami (Japan).

In Grimms Märchen „Die drei Federn“ (KHM NRegression 63) wird z. B. die Regression ins Unbewusste als Abstieg des Dummlings in die Erde zum Reich der Kröte dargestellt. Zentral als Symbol der Regression, jedoch auch für Wandlung und Wiedergeburt ist das Jonas-Walfisch-Motiv in der Bibel, das auch in unzähligen, vor allem außereuropäischen Märchen dargestellt wird.

Gelegentlich wird in Märchen wie „Der König vom goldenen Berge“ (KHM Nr. 92) am Ende des Entwicklungsweges des Helden die Regression zur Anima Anima, Animus dargestellt, als ein zu starkes Verhaftetbleiben im Bereich des Weiblich / Mütterlichen, wie auch im russischen Märchen „Der dumme Iwan“, in dem der Held mit Zuckerzeug und der Tochter des Zaren auf dem Ofen sitzen bleibt, später im Fass übers Meer treibt, und sich dort wieder ein „Schlaraffenland“ zu schaffen, alles Symbole, die die regressive Ausrichtung der Libido im Sinne von passiv-regressivem Verharren in infantiler Abhängigkeit nur zu deutlich charakterisieren. (von Beit Bd. 1, S. 405 f.)

Die spontane oder durch den therapeutischen Prozess hervorgerufene Regression stellt eine wichtige Phase in der analytischen Behandlung dar (und ist nicht nur wie bei Freud als Abwehrmechanismus zu verstehen), ohne die keine Weiterentwicklung stattfinden kann.

C. G. Jung setzte sich erstmals in Symbole und Wandlung der Libido (GW 5) ausführlich mit der positiven Bedeutung der Regression auseinander: Die Regression kann einerseits persönliche, infantile Reaktionen, Affekte, Meinungen und Einstellungen provozieren, andererseits auch archetypische Bilder (Archetyp) beleben, denen kompensierende und heilende Bedeutung zukommen. In und durch die Arbeit am Symbol kann die regressive Libido in die Wandlung führen. Deshalb müsse die Regression durch die Analyse gefördert werden, sogar bis zur Erreichung einer "vorgeburtlichen Ebene". Durch das regressive Zurückfließen der Libido ins Unbewusste und dem nach Innenkehren (Introversion) stellt sich eine schöpferische Beziehung zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten Unbewusstes her.

Gleichzeitig betont Jung auch die Gefahr, die in der Regression liegen kann, wenn daraus ein passives Verharren wird, wenn Ablösung von den Elternimagines gemieden wird oder wenn sie sich in einer passiv-regressiven, infantilen Haltung der Verantwortungslosigkeit äußert. Jung bezeichnete Regression auch als „Rückbindung mit der Welt der natürlichen Instinkte“. Als Sonderform der Regression wurde von Jung die Inzestfantasie (Inzest) verstanden, als Regression zu den Elternimagines, als Regression ins eigene Unbewusste auf der Suche nach Ganzheit, Gegensatzvereinigung und Wiedergeburt.

Literatur: Standard

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette