Dunkelheit

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Keyword: Dunkelheit

Links: Depression, Finsternis, Nacht, Nachtmeerfahrt, Schatten, Schwarz, Teufel, Unterwelt, Unbewusstes

Definition: Dunkelheit ist uns nicht ohne ihren Gegenpol, das Licht oder die Helligkeit vorstellbar. Licht wird in dualistischen Weltvorstellungen (Dualismus) mit Leben, Geist, Gott identifiziert.

Information: Keine

Interpretation: Entsprechend verkörpert die Dunkelheit sein Gegenteil, sie bedeutet Tod, Unterwelt und Ort dämonischer ("dunkler") Mächte. Während Licht mit dem Guten identifiziert wird, verkörpert Dunkelheit das Böse (z. B. im persischen Mythos von Ormuzd und Ahriman). Licht und Dunkelheit bekämpfen sich gegenseitig. Unabhängig von der kriegerischen Zuspitzung dieser Weltordnung (patriarchal) existiert aber auch die Vorstellung von der Dunkelheit als fruchtbarem und bergendem Schoß, z. B. im orphischen Schöpfungsmythos: Die Nacht wird vom Wind umworben und legt ein silbernes Ei in den Schoß der Dunkelheit, aus dem der zweigeschlechtliche Eros geboren wird. Er schaftt die Erde, den Himmel, die Sonne und den Mond (matriarchal).

Gott kann sich in der Dunkelheit verbergen: "Mose nahte sich dem Dunkel, darinnen Gott war." (2. Mos. 20, 21) Die Dunkelheit der Nacht hütet unseren Schlaf. Sie birgt in ihrer Tiefe das Mysterium. Davon handelt Novalis, wenn er in den "Hymnen an die Nacht" von der Nacht als "der Offenbarung fruchtbarem Schoß" spricht. Rilke spricht von der Nacht, in die viele bunte Dinge verwoben sind, "erhoben zu Einem Dunkel Einer Stille", und fragt, ob seine Sinne noch zu sehr mit Licht spielen. (Gedichte an die Nacht)

In der Tiefenpsychologie gehört die Dunkelheit zum matriarchalen Symbolkanon. Sie kann, entsprechend der Bipolarität des Archetyps, bedrohlich und verschlingend, aber auch schützend und heilend sein. Sie ist ein Bild für das Unbewusste. Dunkelheit und Schwärze (Schwarz) in aus dem Unbewussten gemalten Bildern können ein Hinweis auf Depression, aber auch auf Unbewusstheit sein.

Eine junge Patientin, sehr ehrgeizig im Beruf und auf Karriere bedacht, liebt die dunkle Jahreszeit mit ihren kurzen Tagen, langen Abenden und Nächten. Im Sommer ist sie unruhig, von kollektiv motivierten Zwängen dominiert (Fitness, Mode, Figur), denen sie meint nachkommen zu müssen. Sie fühlt sich erschöpft und "hasst" die Sonne, die ihr zu "grell" ist. Die mütterliche Dunkelheit mit ihrer Stille ermöglicht ihr loszulassen und innerlich zur Ruhe zu kommen. Die patriarchale Forderung (Streben, Leistung; gut, schön, fit sein müssen), die sich in der grellen Helligkeit der Sonne symbolisiert, in der alle Fehler, alle Schwächen "ans Licht treten", tritt bei der wachsenden Dunkelheit des Jahres in den Hintergrund.

Literatur: Standard

Autor: Daniel, Rosmarie