Haus

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Keyword: Haus

Links: Bauwerk, Höhle, Hotel, Turm, Wohnen, Wohnung

Definition: Gebäude, das Menschen zum Wohnen, Leben und zum Schutz dient.

Information: Seit Menschen sesshaft wurden, ist es das Symbol der existentiellen Mitte des Menschen und seines Platzes im Kosmos. Es ist traditionell ausgerichtet nach kosmischen Orientierungsregeln und damit ein auf menschliches Maß gebrachtes Bild des Universums. Insbesondere ist das Haus des Königs ein Abbild des menschlichen Kosmos und eine Reflexion des Himmels auf die Erde. Noch deutlicher wird dies bei den irdischen Wohnstätten der Götter, den Tempeln und Kirchen.

Im Zusammenhang mit dem Haus entstehen feste Kultstätten, sowie Friedhöfe oder Begräbnisstätten. Kultplätze und Begräbnisplätze (unter dem Fußboden). Das Haus ist damit Geburtsstätte Entwicklungsursprung der Zivilisation.

In vielen Kulturen bis hinein in unsere heutiges Orts- und Stadtleben ist das Haus auch Treffpunkt. Es finden dort kulturelle Veranstaltungen und Feste statt, es gibt "Häuser der Begegnung". In vielen Kulturen gab und gibt es Versammlungs-, Gerichts-, Beratungshäuser. So kennen z. B. die Irokesen das Langhaus als Symbol des Stammesbundes, wobei die Bauform zum Merkmal des Bündnisses wurde (Volk des Langhauses).

Das traditionelle chinesische Haus ist quadratisch. Es öffnet sich zur aufgehenden Sonne hin. Das Oberhaupt des Hauses residiert - wie der Herrscher in seinem Palast - im Süden. Die zentrale des Hauses wird nach den Regel der Geomantie bestimmt.

Das arabische Haus ist ebenfalls quadratisch um einen Innenhof angeordnet. In seiner Mitte findet sich oft ein Garten oder Brunnen, der an den Paradiesgarten und den göttlichen Einfluss erinnert. Es wird an den Beispielen deutlich wie sich in der Gestalt des Hauses das Universum abbildet.

Im Gegensatz zur quadratischen und festen Form, die auf Sesshaftigkeit hindeutet, ist das nomadische Haus beweglich und oft rund, so z. B. die mongolische Yurte oder das in Nordamerika verbreitete indianische Tipi.

Interpretation: Es gibt spezielle tempelähnliche Häuser, die noch deutlicher kosmischer Symbolik entsprechen. In vielen Kulturen lagen kommunale oder sakrale Gebäude im Zentrum des Ortes, im Schnittpunkt der Kardinalachsen. So war das Haus des Sonnentanzes der Mandan-Indianer eine runde Erdhütte mit einer Zentralachse. Bei dem vier Tage andauernden Initiationsritual für die jungen Krieger wurde unter anderem in Nachahmung des Sonnenlaufes um das Haus getanzt.

Weit verbreitet ist die Vorstellung der Existenz von Hausgeistern, so z. B. die römischen Laren und Penaten. In der Regel sind diese gutartig, hilfreich und unterstützend tätig. Es gibt jedoch auch Kobolde und Dämonen, die dann in der Regel in Gestalt von Tieren auftreten.

Im Sprachgebrauch steht Haus oft für den Menschen als Gesamtpersönlichkeit (ein fideles Haus, gelehrtes Haus) und seine Herkunft (aus gutem Hause) oder für eine Abstammungsfamilie (Haus Habsburg, Haus Rothschild); die Kirche ist das Haus Gottes (vgl. Turm), das Grab ist das letzte oder ewige Haus.

Im Taoismus wird das Haus mit dem Körper identifiziert, in dem verschiedene feinstoffliche Zentren lokalisiert werden. Dies kommt in die Nähe der tiefenpsychologischen Sicht, in der das Haus die Gesamtpersönlichkeit symbolisiert - teils körperlich, teils auf seelische Zustände bezogen. Seine Etagen, der Keller, der Speicher spiegeln verschiedene Seelen- und Erlebnisräume. So finden sich im Keller z. B. die Dimensionen des Unbewussten, im Speicher dagegen die Räume des Denkens, des Rationalen, des Geistigen oder der spirituellen Erhebung.

Das Haus ist in traditioneller psychoanalytischer Deutung auch feminin und sexuell zu verstehen mit seinem Charakter des Raumes, der Höhlung, der Zuflucht, der Mutter, des Schutzes, des mütterlichen Schoßes.

Begegnen wir dem Haus im Traum, so können wir nach den darin repräsentierenden Teilen und korrespondierenden psychischen Niveaus fragen. Das äußere Bild weist auf die Maske, Persona oder Erscheinungsform. Die Innenräume können auf die Einstellung des Imaginierenden zu den mit ihnen symbolisch verbundenen Themenkreisen hinweisen: Das Dach, der Dachboden auf den Kopf oder Geist, die Kontrolle des Bewusstseins, die unteren Etagen auf das Unbewusste und das Reich der Instinkte. Die Küche ist der Ort der alchimistischen Transmutationen oder psychischen Transformationen, das heißt ein Moment der inneren Evolution, weist aber auch auf den Bereich des Oralen. Das Schlafzimmer ist der Ort intimer Beziehung und Sexualität, Entspannung und Regression und zugleich der Raum der Introversion, in dem man sich vertrauensvoll dem Unbewussten überlässt.

Entsprechend können Bewegungen im Haus aufwärts, abwärts etc. auf Zustände oder deren Veränderung hinweisen, stationär-stagnierende Phasen oder Entwicklungsprozesse, die sowohl progressiv als auch regressiv sein können, Spiritualisierungen oder Materialisierungen.

Alles, was im Traum im Haus geschieht, ist Abbild von Bewegungen und Geschehnissen in der eigenen Seele. Oft begegnen wir z. B. Träumen, in denen plötzlich neue Räume des Hauses entdeckt und erschlossen werden. Dies kann als Hinweis verstanden werden auf eine anstehene, mögliche oder erforderliche Erweiterung der persönlichen Spielräume, Grenzen, Möglichkeiten und Potentiale.

Die Gesamtgestalt oder Bauart des Hauses drückt auch den körperlichen und seelischen Gesamtzustand aus, in dem wir uns gerade befinden, kann die Selbsteinschätzung, das Selbstwertgefühl, aber auch die Größenphantasien des Träumers spiegeln. Die Innenräume sprechen über den inneren Lebensraum des Träumers: lebt er in seinem eigenen Haus, in seinen eigenen Werten, Vorstellungen und Wünschen? Hat er sich sein Leben so eingerichtet, wie es für ihn stimmt? Wagt er es, alle Räume seiner Persönlichkeit zu bewohnen? Fühlt er sich in sich selbst "behaust"?

Die im Haus wohnenden Personen können Rückschlüsse auf prägende Beziehungsaspekte, auf Bindungen, Abhängigkeiten, Beziehungsmuster zulassen oder aber auch - subjektstufig gesehen - auf eigene psychische Anteile.

Eindrücklich weist ein Gedicht von Rilke auf den Aspekt des unbehaust- Seins und seine Ursache hin. Er verwendet darin die Metapher des Hauses für die werdende Integrität der Person:


"Ach wehe, meine Mutter reißt mich ein.

Da hab ich Stein auf Stein zu mir gelegt,

und stand schon wie ein kleines Haus, um das sich groß der Tag bewegt,

sogar allein.

Nun kommt die Mutter, kommt und reißt mich ein.

Sie reißt mich ein, indem sie kommt und schaut.

Sie sieht es nicht, dass einer baut.

Sie geht mir mitten durch die Wand von Stein.

Ach wehe, meine Mutter reißt mich ein.

Die Vögel fliegen leichter um mich her.

Die fremden Hunde wissen: das ist der.

Nur einzig meine Mutter kennt es nicht,

mein langsam mehr gewordenes Gesicht.

Von ihr zu mir war nie ein warmer Wind.

Sie lebt nicht dorten, wo die Lüfte sind.

Sie liegt in einem hohen Herz -Verschlag

und Christus kommt und wäscht sie jeden Tag."


Beispielhaft für ein Verstehen auf der Beziehungsstufe bzw. Objektstufe ein Traumbeispiel eines vierzigjährigen Mannes:

"Ich bin mit dem Fahrrad unterwegs, schiebe es in der Mittagshitze eine Gasse hinauf in einem italienischen Ort irgendwo in der Toskana. Es ist ein malerischer Weg. Niemand ist unterwegs, alles ist totenstill. Dann öffnet sich rechter Hand ein Hof, der von einem hufeisenförmigen Haus aus dunklem Holz umgeben ist und eine nahezu vollendete Harmonie ausstrahlt. Das Haus hat mehrere Stockwerke und ist - wie norwegische Stabkirchen mit einer dunklen, feucht glänzenden Schutzfarbe gestrichen. Das Dach steht weit nach innen über und bietet Schatten. An jedem Stockwerk läuft eine Galerie oder Veranda entlang, durch die man in die einzelnen Zimmer kommt. Die Türen stehen offen. Das Haus macht trotz der Stille den Eindruck von Leben. Ich stehe wie gebannt vor diesem Bild und denke, dass ich nun angekommen bin. Mit Macht zieht es mich in diesen Hof. Dennoch traue ich mich nicht, werde das Gefühl nicht los, dass ich nicht befugt bin oder eher, dass ich dort zwar hin gehöre, die Besitzer dies aber nicht wissen."

Der Traum vermittelt zum einen den Eindruck einer erlösenden Ankunft bei einer endgültigen Bestimmung und inneren Harmonie, einem stimmigen Seelenwohnort. Zum anderen ist da aber eine Unsicherheit, ein Zweifel ob der Träumer auch angenommen ist, ein projizierter Zweifel am eigenen Wert angesichts der vollendeten Pracht.

Ein in seiner langsamen Zuspitzung der Dramatik faszinierendes Beispiel für den gegenteiligen Vorgang der zunehmenden Enteignung des eigenen Raums - ebenfalls am Symbol des Hauses aufgezeigt - findet sich in "Biedermann und die Brandstifter" von Max Frisch. Zwar ist dieses Stück eher politisch gemeint, es beschreibt aber auch eindrücklich einen Prozess, der Enthausung bis zur Zerstörung der Welt Biedermanns durch die immer gewichtiger werdenden und sich immer dreister gebärdenden Haus-Eindringlinge.

Eindrucksvoll ist ein Traum, den C. G. Jung berichtet und der für ihn der Hinweis war, dass es noch andere Dimensionen den Unbewussten zu entdecken gäbe als die von Freud identifizierten verdrängten Inhalte: "In meinem Traum war ich in einem mittelalterlichen Haus, einem geräumigen komplizierten Gebäude mit vielen Zimmern, Gängen und Treppen. Ich trat von der Straße her ein und ging hinunter in ein Zimmer mit einem gotischen Gewölbe und von dort in einen Keller. Ich dachte bei mir selbst, nun sei ich ganz unten, doch dann entdeckte ich ein quadratisches Loch. Mit einer Laterne in der Hand schaute ich in das Loch hinein und sah Stufen, die noch weiter nach unten führten, und diese stieg ich hinunter. Es waren staubige Stufen, stark ausgetreten und die Luft war stickig, die ganze Atmosphäre unheimlich. Ich gelangte in einen zweiten Keller von sehr alter, vielleicht römischer Bauart, und wieder war da ein Loch, durch das ich in ein Grab hinunterschauen konnte, das mit prähistorischen Tongefäßen, Knochen und Totenschädeln angefüllt war. Ich glaubte, eine große Entdeckung gemacht zu haben, da der Staub unberührt war. Da wachte ich auf."

Literatur: Standard; Rilke, Rainer Maria: (1986): Werke 3. Frankfurt: Insel. S. 101 f.

Autor: Knoll, Dieter