Liebesbeziehung, heimliche

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Keyword: Liebesbeziehung, heimliche

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Definition: Diese Sonderform der Liebesbeziehung ist durch die Geheimhaltung charakterisiert. Die Liebe zwischen zwei Menschen erstrahlt nicht im vollen Glanz der Öffentlichkeit, sondern sie muss vor den Augen der Anderen und der Konkurrenten verborgen bleiben.

Information: Beispiele für heimliche Liebe sind Romeo und Julia, Lou Andreas-Salome und Rilke, Hannah Ahrendt und Heidegger, Prinz Charles und Camilla. Ursachen für die heimliche Liebe:

- soziale und gesellschaftliche Gründe: Romeo und Julia entstammten verfeindeten Veroneser Familiendynastien.

- religiöse und weltanschauliche Gründe: der katholische Pfarrer darf wegen des Zölibats nicht zu seiner Liebesbeziehung und den daraus entstandenen Kindern stehen.

- Rechtliche Gründe: in unseren Breitengraden ist Bigamie rechtlich nicht zulässig.

- Biografische Gründe: Menschen, häufig auch Jugendliche, müssen und möchten die aufkeimende Liebe vor den Urteilen der Eltern und der Umwelt schützen.

- Psychische Gründe: In der Ehe oder langjährigen Partnerschaft wird eine Unerfülltheit empfunden, die sich auf die Sexualität, die fehlende Gemeinsamkeit oder Kinderlosigkeit beziehen kann. Dies geht einher mit der bewussten oder unbewussten Hoffnungslosigkeit oder Resignation, in der ursprünglichen Partnerschaft noch etwas verändern zu können. Der/die Geliebte erscheint in der neuen Verliebtheit als der Ausweg aus der Dauerkrise. Alle Sehnsüchte scheinen in Erfüllung zu gehen. In nicht wenigen Fällen liegt der verliebten Hoffnung eine Täuschung zugrunde.

Interpretation: Möglicherweise ist in der Heimlichkeit das unbewusste Wissen verborgen, dass eine Veröffentlichung der Beziehung den Zauber zerstören könnte, wenn die unbewussten Komplexe der beiden ursprünglichen Partner nicht wirklich erkannt werden und versucht wird, (am besten im Rahmen einer Psychotherapie) die eigene Beteiligung für die Sackgasse in der Beziehung zu erkennen.

Häufig liegt dem Beziehungskonflikt eine zu starke Befrachtung der Partnerschaft mit schier nicht erfüllbaren Wünschen zugrunde. Der/die Partner/in kann nicht das ganze oft romantisch überhöhte Beziehungsanliegen abdecken. Insofern liegt in der Sehnsucht nach dem Unerfüllten immer auch die Frage des Umgangs mit Begrenzungen der Liebe zugrunde.

Die heimliche Liebe führt häufig zu schweren Ambivalenzkonflikten zwischen der ursprünglichen Partnerschaft und der Außenbeziehung (weitere Sprachgebräuche: Drittbeziehung, Fremdbeziehung) in deren Folge Schuld, Angst vor Entdeckung, innere Zerrissenheit und Enttäuschung entstehen können.

Es findet sich aber auch die positive Herausforderung, die neue Beziehung anders als bisher zu gestalten. Die Heimlichkeit fördert oft das Gefühl der Besonderheit und der Romantik. Das Verbergen der heimlichen Liebe beinhaltet manchmal auch einen besonderen prickelnden Reiz.

Der zurückbleibende Partner der ursprünglichen Beziehung hat zunächst unbewusst und später bewusst das Gefühl des Ausgegrenztseins, des Betrogenwerdens, der inneren Leere, der Vernachlässigung. Wird die heimliche Liebe offenbart, kommt es je nach psychischer Disposition zu Wut, Rachegefühlen und Kampf oder eher zur Resignation und Depression.

Perspektiven:

- Die heimliche Liebe kann als Hinweiszeichen und Alarmsignal verstanden werden, um sich nochmals in der Ursprungsbeziehung neu zu orientieren.

- Der Wunsch nach Zusammenleben ist so stark, dass die heimliche Liebe zur Veröffentlichung drängt.

- Es wird versucht eine letztliche Entscheidung zu vermeiden und das neue Paar versucht, die angenehmen Seiten der heimlichen Beziehung zu leben und sich mit den zeitlichen Beschränkungen zu arrangieren.

Ein erwachsener, verheirateter Mann mit 3 Kindern lebt in gut situierter sozialer Stellung zusammen mit seiner Frau, für die er keinerlei Liebe mehr empfindet. Gleichzeitig befindet er sich in einer langjährigen heimliche Liebe zu einer Frau die ihn gerne ganz bei sich haben würde. Aufgrund biographischer Zusammenhänge, die zu einer relativen Ich-Schwäche führten, ist es ihm unmöglich sich für eine der Frauen zu entscheiden. Zu groß erscheint ihm der soziale Druck und die Konsequenzen der Trennung. Trotz eines erheblichen logistischen Aufwands, vielen Unwahrheiten und in der Konsequenz einer stärksten Zerrissenheit ist es ihm nicht möglich die heimliche Liebe zu lösen oder zu veröffentlichen. Er nimmt die psychischen Folgen in Form von Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und psychosomatischen Krankheiten wie Magengeschwüre in Kauf, um die Konsequenzen einer Entscheidung nicht tragen zu müssen.

Literatur: Standard; Schmidbauer, Wolfgang, 1999

Autor: Leibig, Bernd