Spinnen

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Keyword: Spinnen

Links: Binden, Faden, Kleidung, Mutter, große Netz, Spindel, Spinne

Definition: Unter der Tätigkeit des Spinnens versteht man die ein Spinngewebe erzeugende Tätigkeit der Spinne wie auch die handwerkliche Tätigkeit, mit der aus Fasern ein Faden zusammengedreht wird.

Information: Die Tätigkeit des Spinnens wird einerseits mit dem Fäden spinnenden und Netze bauenden Tier der Spinne in Verbindung gebracht, andererseits den großen Muttergottheiten zugeordnet, die als Schicksalsgöttinnen (Parzen, Moiren, Nornen) den Lebens- und Schicksalsfaden spinnen, diesen verknüpfen, verweben (Kreuzen der Fäden galt als Symbol der geschlechtlichen Vereinigung) oder auch wieder abschneiden können. Häufig wurden diese in einer Dreiheit dargestellt: Während zwei der Nornen das Leben spinnen, reißt die Dritte den Lebensfaden ab. Die Dreiheit kann somit Anfang, Mitte, Ende, Geburt, Leben, Tod, oder Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bedeuten, aber auch in Zusammenhang mit den 3 Hauptphasen des Mondes gesehen werden.

Interpretation: Spinnen als Symbol, was zu den Urmysterien des Großen Mütterlich / Weiblichen gehört, beinhaltet einerseits die Aspekte des Lebenspenden, Empfangen und Gebären, andererseits Aspekte, die in Zusammenhang stehen mit dem über das Leben und Schicksal Entscheidens, also auch Leben beenden und Leben Nehmende.

Bachofen verglich Spinnen und Weben mit der Arbeit der großen stofflichen Urmütter, die dem rohen Stoff Gliederung, symmetrische Form und Feinheit verleihen.

Spinnen und Weben kann auch als kunstvolles urweibliches Tun verstanden werden, durch das Rohmaterial in eine differenziertere Struktur gebracht wird. Die gleichmäßige Tätigkeit der Hände und das eintönige Surren des Rädchens scheint die Fantasietätigkeit anzuregen, daher wurden im Winter in den Spinnstuben Geschichten „gesponnen“. Das Spinnen wurde zu einem öfters auftauchenden Symbol in Märchen, das ins magische Reich führte. Im Grimmschen Märchen „Frau Holle“ wird die Heldin gerade durch die Spindel in den Brunnen hinunter gezogen und kommt so in Frau Holles Reich, der Frau Hulda oder Urmutter Frigg der germanischen Mythologie, die wie fast alle großen Naturmütter Spinnerinnen sind. Die griech. Schicksalsgöttinnen, die Moiren hießen bei Homer auch Klothes, die Spinnerinnen, ebenso ist die ägäische Geburtsgöttin Eileithya eine Spinnerin.

Weitere Beispiele in der Mythologie für Große Muttergottheiten als Spinnerinnen: Die Urgöttin Neith in Ägypten, Netet, Isis, Athene, Aphrodite, Urd, Percht und Ixchel, der yukatekischen Maya. In Märchen kann Spinnen eine Tätigkeit sein, die zu Hexen gehört. In das Garn der Hexe können böse Wünsche mit eingesponnen werden. Bei „Dornröschen“ (KHM 50) sticht sich die Heldin an der Spindel der Hexe. Umgangssprachlich bedeutet das Spinnen leicht verrückt zu sein, - zu sehr in innere Fantasievorgänge verwickelt, flunkern, halluzinieren, ein „Hirngespinst“ zu produzieren, einen Plan oder Intrige aus zu „spinnen“, aber auch, über die Zukunft oder den Sinn des Lebens nachzusinnen. Im Märchen „Die Nixe am Teich“ (Grimm KHM 181) ermöglicht gerade die Tätigkeit des Spinnens der Heldin ein „Herauskommen aus der unbewusst und ungestaltet triebhaften Art des Existierens“ (Riedel, 1995, S. 93) In „Rumpelstilzchen“ (KHM 55) muss die Müllerstochter infolge des „Hirngespinst“ (Größenfantasie) ihres Vaters Stroh zu Gold spinnen.

In „Die drei Spinnerinnen“ (KHM 14) kommen die 3 Nornen in volkstümlicher Auffassung der Heldin zu Hilfe. Spinnen und Weben als urweibliche Tätigkeit gehört mit seinen polaren Aspekten in den archetypischen Bereich des großen Weiblich- Mütterlichen. Rohmaterial wird in eine verfeinerte, differenziertere Form verwandelt, aus Chaos eine Ordnung geschaffen. Einem gesponnenen Faden kann man folgen. Spinnen hat mit unserer Fantasietätigkeit, dem Wunschdenken, Tagträumen, dem sich „etwas zusammen spinnen“ zu tun und symbolisiert die Eigentätigkeit der unbewussten Psyche, die als Ausdruck der Selbstregulation unserer Psyche innere Bilder, Fantasien und Symbole entstehen lässt und so Stauungen der psychischen Energie aufhebt.

Literatur: Standard

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette