Zunge

Aus symbolonline.eu
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Keyword: Zunge

Links: Sprache, Stimme

Definition: Ein Organ, das aus einem nach allen Seiten beweglichen Muskel besteht, der am Grund des Mundes angewachsen ist. Auf der Oberseite befinden sich Geschmacksknospen, die dazu dienen, die Nahrung nach ihrer Genießbarkeit zu klassifizieren. Sie dient dem Transport der Nahrung im Mundraum sowie dem Schlucken. Die Zunge ist auch ein wesentliches Organ für unsere Sprachfähigkeit.

Information: Der Kopf der schlangenhäuptigen Medusa aus der griechischen Mythologie zeigt die Zunge um anzudeuten, dass sie unser Leben verschlingen kann. Medusa verwandelt jeden, der sie ansieht, zu Stein. Die leckende Zunge der indischen Göttin Kali steht für die Unterstützung und Aktivierung der Kräfte des Lebens ebenso, wie für deren Destruktion. Nach dem abgeschlossenen Prozess einer Mumifizierung im alten Ägypten kam die Kuh-Göttin Hathor herbei und erweckte den Verstorbenen zum Leben, indem sie ihn mit ihrer Zunge ableckte. In der orientalischen Kunst sind Zungen oftmals ein Kennzeichen von Dämonen. Ebenso wird der Satan des Christentums im Mittelalter oft mit einer dicken herausgestreckten Zunge dargestellt. Tierdarstellungen mit heraushängender Zunge stellen eine Bitte um Regen oder Wasser dar.

Auch die Bibel misst der Zunge als Symbol für die Sprache oder das Wort eine große Bedeutung zu: "Geläutertes Silber ist die Zunge des Gerechten" (Sprüche Salomonis 10,20) oder "Viele sind gefallen durch ein scharfes Schwert, noch viel mehr sind gefallen durch die Zunge" (Jesus Sirach 28,18)

Aus der Apostelgeschichte wissen wir, dass man am Pfingstfest die Apostel in fremden Zungen zu der versammelten Menschenmenge sprechen hörte, während Feuerzungen über ihren Häuptern erschienen waren. Jeder der Anwesenden hörte sie in seiner Muttersprache reden. Diese Fähigkeit wurde als Geschenk des Hl. Geistes angesehen.

Märtyrern wurde oft die Zunge herausgeschnitten. Der Brückenheilige und Patron des Beichtgeheimnisses, St. Johannes von Nepomuk, wird mit seiner abgeschnittenen Zunge in der Hand dargestellt, oder der Hl. Emmeram von Regensburg, der noch ohne Zunge gepredigt haben soll.

„Zungenreden“ heißt das ekstatische Stammeln von unverständlichen Lauten in manchen Freikirchen.

Interpretation: Die Zunge steht für die Manifestation einer mächtigen Stimme oder einer Gottheit. Der Kopf der Medusa mit der herausgestreckten Zunge steht für die Große, alles verschlingende Mutter. Doch wie die Große Mutter das Verschlingen ebenso wie das Nähren bedeuten kann, so kann auch die Zunge das Nähren bedeuten. Tiermütter schlecken ihre Jungen gleich nach der Geburt sauber, sowie das Junge der Säugetiere alsbald seine Zunge zum Saugen der ersten Nahrung benutzt. Die Zunge kann auch ein phallisches Symbol sein oder für Schlangen gelten.

Mit gespaltener Zunge reden heißt, man vertritt nicht nur die eine Ansicht, die man momentan äußert. Man spielt mit falschen Karten. Eine andere übliche Redensart ist, man soll seine Zunge im Zaum halten, was meint, man sollte aufpassen um nicht vorschnell etwas Unpassendes zu sagen. Mit „Engelszungen auf jemand einreden“ bedeutet, dass man mit allen zur Verfügung stehenden freundlichen Mitteln jemanden von etwas zu überzeugen sucht. Wenn man ganz absichtslos erscheinen will, steckt man ganz „unschuldig“ seine Zunge in eine seiner beiden Backen.

Die Zunge herauszustrecken bedeutet im Allgemeinen Ablehnung. Das kommt daher, da Säuglinge, wenn sie die Brust nach dem Saugen loslassen, sie mit der Zunge von sich wegdrücken. Das wird von Kindern noch lange Zeit später als kindliche Art der Beleidigung benutzt. Dem Teufel wird das Herausstrecken der Zunge gerne als Unflätigkeit und Anzüglichkeit sexueller Art zugeordnet. Die Zunge spielt auch in erotischen Abbildungen eine Rolle. So wie man sich die Lippen leckt, wenn man etwas Gutes zum Essen erwartet. Bei Verliebtheit oder auch beim sexuellen Akt wird die Zunge im Zungenkuss zum Zeichen der sich gegenseitig ganz öffnenden Zuwendung. Das erinnert an einen nährenden Aspekt, an die Urvölker, wo Mütter ihren noch weitgehend zahnlosen Kleinkindern auf diese Weise vorgekaute Nahrung zubringen.

Literatur: Standard, Biedermann 1998

Autor: Huber-Klein, Birgit