Erde

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Keyword: Erde

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Definition: Das Wort "Erde" (mhd. erde, ahd. erda): hat verschiedene Bedeutungen, meistens verwenden wir es einerseits zur Bezeichnung des Elements Erde, einem aus verwittertem Gestein, organischen Stoffen und Mineralien bestehenden feinkörnigem Gemisch, das einen Teil der Erdoberfläche bildet und die Grundlage des Pflanzenwachstums darstellt und andererseits als Bezeichnung für unseren Heimatplaneten Erde.

Information: Wir sind Erdenwesen, auch wenn wir in der Lage sind, durch technische Mittel, uns von der Erde zu entfernen, unterliegen wir doch der Anziehungskraft dieser Erde. Wir können auf ihr nur existieren, weil sie uns durch diese Kraft an sich bindet. Würde diese Kraft aufhören zu wirken, so könnten wir nicht mehr existieren. Über diese elementare Bindung hinaus, liefert uns die Erde die Existenzgrundlage in Form der Nahrung.

Interpretation: Alle Nahrung kommt im Grunde aus der Erde, so ist sie auch Grundsymbol der Fruchtbarkeit. Dies kann jedoch nur geschehen, indem sie - zunächst "jungfräulich" - durch das himmlische Wasser, den Regen, mythologisch auch das Blut, als himmlischem Samen fruchtbar gemacht, begattet wird. Auch das geschlachtete Tier hat sich von den Pflanzen der Erde ernährt. Insofern ist die Erde im wörtlichen Sinn unser Wurzelgrund.

"Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden" heißt es in der Genesis (3, 19) und tatsächlich kommen wir nicht nur aus der Erde, sondern werden - wie alles Leben auch wieder in sie zurückverwandelt, kommen aus ihrem Schoß und kehren dahin wieder zurück, Erde ist also die materia prima.

In diesem Zusammenhang ist auch die etymologische Verwandschaft der Begriffe humus und homo oder adam und adamah interessant. Es gibt taufähnliche Rituale, bei denen Menschen in die Erde eingegraben werden, um aus ihrer Lebenskraft eigene Kraft zu ziehen im Sinne einer Wiedergeburt. Das Erwachsen des Menschen aus der Erde findet sich in vielfältigen Varianten in den Schöpfungsmythen der Welt. Wobei hier zumeist das Wasser als die undifferenzierte Urmaterie erscheint, aus der sich die Erde erhebt. Wasser und Erde bleiben aufeinander angewiesen, die Erde wird aber Voraussetzung für Wachstum und Leben. Dies erinnert auch an das Bild, das C. G. Jung zuweilen für das Ich des Menschen benützt: die Insel, die sich aus dem Meer des Unbewussten erhebt (Jung, GW 11, S. 92). Im Schöpfungsmythos entsteht Adam aus Erde und Wasser und Gott haucht ihm die Seele ein. Dieses Motiv kehrt in verschiedenen Mythen wieder, unter anderem auch in der jüdischen Mythos vom Golem, der durch den Prager Rabbi Löw aus Erde erschaffen wird und die jüdische Gemeinde Prags viele Jahre beschützt. Frühe Mythen weisen auf - lange vor der Zeitlichen Verortung der Olympier - erdhafte, der Erde verbundene Muttergöttinnen. Die Erde selbst wird als die Urmutter oder das Urweibliche gesehen. Gaia, die griechische Erdmutter wird beschrieben als junge blumengeschmückte Frau, die vor Gaben fast überquillt und die vier Jahreszeiten als Gespielinnen um sich herum versammelt hat. Demeter ist im Kern eine Göttin des Ackers. Auch im vedischen Mythos ist die Erde die Mutter, die - insbesondere nach dem Tod und der Wiederaufnahme der Asche - vor jeder Zerstörung schützt. Eine Ausnahme ist der Agyptische Schöpfungsmythos, in dem die Erde Männlich (Geb) ist und der Himmel weiblich (Nut). Bei Homer heißt es: "Erde, du Mutter aller, fest gegründete, singen will ich von dir, uralte Nährerin aller Geschöpfe, die du alles, was lebt im Meer und auf heiligem Boden, was in den Lüften, nährst mit quellendem Segen [...] " (Homer, Hymnus an die Allmutter Erde 1 ff.). Überdies enthält die Erde zahlreiche Bodenschätze, die von Menschen ausgebeutet wurden und wesentlich zur Kulturentwicklung beigetragen haben. Jedoch ist die Erdgöttin nicht nur Nährerin, sondern ihr ist auch eine Macht der Dunkelheit eigen. Irgendwo unten in der Erde befindet sich das Reich des Hades und der Persephone. Das Hinabsteigen in die Erde ist ein Abstieg in die Unterwelt und man begegnet dort der nackten Existenz. So z. B. im sumerischen Mythos von Innana und Ereschkigal. Es werden in der Erde Dämonen vermutet, Fabelwesen, Zwerge, Drachen etc. Die Feuer speienden Vulkane haben viel beigetragen zu Phantasien über die dämonischen Erdenmächte.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Beziehung zwischen Irdischem und Himmlischem.

Das passive, irdische, materielle, am Diesseits orientierte, aber auch fleischliche, triebhafte, dunkle, bedürfnisorientierte Prinzip steht in einem immerwährenden Gegensatz zum Geistigen, zur von allem Irdischen befreiten Dimension der Transzendenz und des Göttlichen und Lichthaften.

Himmel und Erde sind in uns und außer uns ein Gegensatz - ihre Vereinigung ist die Quelle der Fruchtbarkeit (" [...] und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt"). Fruchtbar wird die Erde in einem heiligen hieros gamos mit dem Himmel. Dabei spielt auch der Mond eine herausragende Rolle, indem er die Fruchtbarkeitszyklen bestimmt bzw. beeinflusst.

Im IGING entspricht der Erde das Hexagramm kuen, dem Himmel kien. Auch hier ist die orginär passive Urkraft Yin der aktiven geistigen Kraft Yang entgegengestellt und das Passive empfängt das Aktive. Zahlreiche Fruchtbarkeitsriten weisen darauf hin, dass die Erde, die Scholle eng symbolisch nicht nur mit der Muttergöttin, sondern überhaupt mit der Frau verknüpft ist. Pflügen, Säen, Ernten sind auch Symbolhandlungen und als solche oft besungen. Schwangere Frauen gelten als besonders fruchtbare Säerinnen.

Das «Brautlager auf dem Acker» ist eine alte Zeremonie: der Bauer nimmt seine Frau in einer Frühlingsnacht auf den Acker und begattet sie dort, um das Feld zu befruchten. In manchen Kulturen glaubt man, dass sterile Frauen die Fruchtbarkeit der Äcker gefährden und deshalb verstoßen werden dürfen.

Wenn wir aufmerksam wahrnehmen, wie wir diese Erde behandeln, uns auf ihr bewegen, mit ihr umgehen, dann ist auch hier feststellbar, wie wir uns des Bewusstseins der inneren Bindung an sie entledigt haben. Sie ist heute ein ausgebeutetes Wesen. Die Verstädterung bringt die Distanz zur Natur mit sich und damit zur Erde. Wir nehmen sie als selbstverständlich gegeben an und entwickeln nur allmählich wieder ein Bewusstsein von ihrer Bedeutung für unsere Existenz.

Wenn die Erde in Träumen auftaucht geht es oft um die Symbolik der prima materia, also um den Verweis auf die Notwendigkeit eines Bezugs zu den Kraftquellen und den inneren Boden auf dem man steht und aus dem sich das eigene Leben nährt. Da geht es um innere Verwurzelung und Verbindung zum weiblichen Urgrund. In anderer Sicht kann dies auch der Hinweis sein, dass der Boden der Realität gefragt ist, man auf den Boden kommen und seinen Standpunkt überprüfen soll.

Autor: Knoll, Dieter

Literatur: Standard