Sechs

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Keyword: Sechs

Links: Hexagramm, Logos-Prinzip, Zahl

Definition: Die Sechs ist eine gerade natürliche Zahl und liegt zwischen fünf und sieben.

Information: Die Sechs besitzt die Teiler 1, 2, 3 und 6. Aus arithmetischer Sicht ist sie damit echt teilbar und stellt die dritte gerade natürliche Zahl dar.

Interpretation:

Vor- und Frühgeschichte: Vergleichende kulturgeschichtliche Forschungen legen nahe, dass die Sechs immer dann symbolische Bedeutung bekam, wenn Kulturen mit Sonnen- und Mondgottheiten in Kontakt zueinander traten.

Alter Orient: Im Yi-jing, das auf der bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. zurückgehenden taoistischen Überlieferung Chinas fußt, stellt das Aufeinandertreffen zweier Trigramme zu einem Hexagramm die Beziehung des Himmels mit der Erde dar. Während der Zhou-Dynastie hatte der gebildete Aristokrat die sechs Künste, d. h. Ritual, Musik, Bogenschießen, Lenken des Streitwagens, Schreiben und Rechnen zu beherrschen. Und die Sittenlehre des Konfuzianismus gründet auf den sechs Tugenden: Verehrung der Ahnen, Nächstenliebe, Rechtlichkeit, Schicklichkeit, Weisheit und Treue. – Im alten Indien unterschied man sechs Jahreszeiten und kannte das Hexagramm, das als eine Vereinigung des schöpferischen Vischnu-Dreiecks mit dem zerstörerischen Schiva-Dreieck aufgefasst wurde. - Der persische Religionsstifter Zarathustra verkündete das Ringen des guten Gottes Ahura Masda mit dem bösen Geist Ahriman, das den Gläubigen zur ethischen Entscheidung herausfordert. In diesem Kampf, der bis zum Weltgericht dauert, wird Ahura Masda von sechs Engelwesen, den Amescha spentas, umgeben, die als seine schöpferischen Kräfte betrachtet werden können. Es sind dies Vohu Manah („gutes Denken“; Schutzgenius des Mondes und des Viehs), Ascha Vahischta („beste Weltordnung“; Schutzgenius des Feuers), Chschathra Vairya („erwünschte Herrschaft“; Schutzgenius der Sonne und der Metalle), Aramaiti („himmlische Hingabe“; Schutzgenius der Erde), Haurvatat („Ganzheit“, „Vollkommenheit“; Schutzgenius des Wassers) und Amortat („Todlosigkeit“; Schutzgenius der Pflanzen, besonders des Lebensbaumes, aus dessen Saft der Unsterblichkeitstrank gewonnen wird).

Antike: Da sich die Sechs als Dreieckszahl figurieren lässt, galt sie im Pythagoreismus als männlich. Zudem ist sie die Summe aller ihrer nicht identischen Teiler (6=1+2+3), was sie zur ersten vollkommenen Zahl machte. Ferner ergab sie sich durch die Oktave, denn nur zwei gleiche und gleichgespannte schwingende Saiten im Längenverhältnis 12:6=2:1 brachten diesen ausgeprägt konsonanten Klang hervor. Wegen solcher Eigenschaften wurde die Sechs von den Pythagoreern mit der Beseeltheit und der Seele in Verbindung gebracht. - Im Platonismus bezog man die Sechs auf die fünf regelmäßigen oder kosmischen Körper. Denn der Vierflächner (Tetraeder) hat 6 Kanten, der Sechsflächner (Hexaeder) 6 Flächen und der Achtflächner (Oktaeder) 6 Ecken. Somit ergab sich für die Platoniker ein Verhältnis der Sechs zur Vier und zur Acht, das für sie noch durch die geometrische Tatsache untermauert wurde, dass der Sechs- und der Achtflächner zueinander dual sind. Da man annahm, dass das Element Erde aus winzigen Sechsflächnern zusammengesetzt sei, waren die Sechs und die Erde aufeinander bezogen. - In der Antike bildete sich für die Sechs eine weitere geometrische Darstellung heraus, nämlich das regelmäßige Sechseck. Dieses wurde aber oft zum Sechsstern (Hexagramm) abgewandelt.

Monotheistische Religionen: Das Hexagramm des Davidssterns ist das heilige Zeichen der Israeliten. Er schmückte nach der Aussage einer Münze aus dem Jahre 132 n. Chr. bereits die Hohe Pforte des Tempels zu Jerusalem und erscheint bis heute im jüdischen Kultgebrauch. Das alphabetische hebräische Ziffernsystem drückte die Sechs durch den sechsten Buchstaben Waw aus. Mit diesem Zuordnungsprinzip bestimmten rabbinische Gelehrte lange vor der Zeit der Kabbalisten und ihrer Gematria systematisch den Zahlenwert von Worten und brachten dann solche mit gleicher Quersumme inhaltlich in Verbindung. - In der christlichen Zahlensymbolik wurde die Sechs einerseits zur Zahl der Schöpfung, dem Sechstagewerk. Dieser Deutung ließen sich auch die entsprechenden pythagoreischen und platonischen Vorstellungen subsumieren. Da Gott am sechsten Tage das erste Menschenpaar schuf, war diese Zahl anderseits ein Hinweis auf den Tod des alten Adams, der im neuen Bund durch die Taufe und die Auferstehung überwunden werden konnte. Deshalb bekamen Baptisterien, Taufsteine und Taufbrunnen oft einen sechseckigen Grundriss als Zeichen für die irdische Vergänglichkeit und das ewige Leben. – Im Islam wurde die Sechs dem sechsten arabischen Buchstaben Wa zugeordnet, der Gott als Wali, d. h. als Meister kennzeichnet. Seine mystischen Richtungen praktizierten seit ihrer Entstehung ein von der rabbinischen Zahlenspekulation angeregtes Verfahren, das als Hisab al Dschumal – Errechnen der Summe, der Gesamtheit – bezeichnet wird.

Hermetische Überlieferung: In der hermetischen Literatur (Alchemie) kann das Hexagramm die Vereinigung der zwei Grundprinzipien allegorisch anzeigen - nämlich das des Schwefels als Brennbarkeit, symbolisiert durch die Seele, und das des Quecksilbers als Flüchtigkeit, symbolisiert durch den Geist, womit sich die beiden Dreiergruppierungen Schwefel, Brennbarkeit und Seele sowie Quecksilber, Flüchtigkeit und Geist ergeben. Es steht aber auch für die einende Zusammenfassung aller vier irdischen Elemente und für die Synthese der Polaritäten Erde und Luft, Wasser und Feuer, des Stofflichen (Materie) und des Nichtstofflichen (Geist, Seele) sowie des Männlichen und des Weiblichen.

Mathematik, Naturwissenschaften und Technik: 1865 postulierte August Kekulé von Stradonitz für das Benzol mit der Summenformel C6H6 folgende Struktur: Die C-Atome der sechs CH-Gruppen sind in einem Ring angeordnet, in dem drei Einfach- und drei Doppelbindungen alternierend aufeinander folgen. Als Bild dieser Vorstellungen wählte er ein regelmäßiges Sechseck. Obwohl die Quantenchemie zeigen konnte, dass die Kekulésche Auffassung den Bindungszustand nicht exakt wiedergibt, wird die Strukturformel des Benzols weiterhin durch sein Hexagon ausgedrückt. - In der Technik werden Sechskantmuttern und –schrauben verwendet. - Das Bildungswesen kennt fünf oder sechs Zensuren. Im deutschen Sprachraum haben Deutschland eine sechsteilige, Österreich eine fünfteilige und die Schweiz eine sechsteilige Notenskala; die der DDR war fünfteilig.

Gegenwartssprache und Redewendungen: In der deutschen Gegenwartssprache tritt die Sechs in folgenden Redewendungen auf: eine Sechs (also sechs Augen) würfeln; eine Sechs (also eine Spielkarte vom Wert 6) ablegen; eine Sechs schreiben (eine Arbeit schreiben, die mit der Note 6 bewertet wird); das interessiert mich nicht für einen Sechser (also überhaupt nicht); er hat nicht für einen Sechser Taktgefühl (also gar kein Taktgefühl); einen Sechser (also den Hauptgewinn) im Lotto haben. Auch erscheint die Sechs in den Wortbildungen Sechskampf (sportlicher Wettkampf in sechs Disziplinen), Sechstagefahrt (ein sechs Tage dauerndes, durch schwieriges Gelände führendes Rennen für Motorradfahrer) und Sechstagerennen (ein sechs Tage und sechs Nächte dauerndes, in einer Halle ausgetragenes Rennen für Radfahrer).

Tiefenpsychologie: C. G. Jung fasste das Hexagramm als Symbol für die Vereinigung des Männlichen und des Weiblichen und damit als Zeichen der Harmonie in Ehe oder Partnerschaft auf. Nach ihm drückt es aber auch die Verbindung des Persönlichen mit dem Unpersönlichen aus. - Wenn die Sechs in Träumen in zwei Dreiergruppierungen zerlegt ist, dann kann das einen (schwierigen) Ausgleich, eine (errungene) Synthese bzw. irgendeine polare Relation oder Situation andeuten.

Beispiel: Eine Träumerin schaute in einem dunklen Zimmer auf zwei Bettgestelle mit je drei gestreiften Matratzen. Plötzlich drang ein Lichtbündel herein und erleuchtete ein Bett, von dem sie augenblicklich wusste, dass es das ihrige war. Im Licht konnte sie nun die hellen und dunklen Streifen der Matratzen deutlich erkennen. Dieser Traum verwies auf bestimmte Probleme in ihrer Ehe, die sie weitgehend verdrängt hatte.

Literatur: Standard

Autor: Fritzsche, Bernd, Heinke, Ellen