Achse

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Keyword: Achse

Links: Rad, Vier, Weltachse, Quadrant, Zentrum

Definition: fachsprachlich: "ortsfeste Gerade inmitten eines Systems"; umgangssprachlich: "Gerade (n), die einen Raum/Körper in gleiche Teile teilt (teilen); Mittelstück sich drehender Räder".

Information: Die etymologische Herkunft ist nicht eindeutig:

1. kann Achse gemeinsam mit "Achsel" auf idg. ages zurückgehen, eine Bildung zur Verbalwurzel ag = "(mit geschwungenen Armen) treiben". Demnach bedeutete Achse ursprünglich etwa "Drehpunkt (der geschwungenen Arme)" oder "Schulter samt den geschwungenen Armen".

2. kann etymologisch auch ein Anschluss an "ak (es)" angenommen werden, was "Spitze, Granne" bedeutet und zur Vorstellung führt, die Radachse ist die Spitze, an der das Rad aufgehängt ist, denn schon im Altgermanischen wird damit die Radachse bezeichnet.

In der Politik dient der Begriff der Achse zur Bezeichnung einer besonderen Verbindung: "Achsenmächte" (2. Weltkrieg); in neuester Zeit: "Achse des Bösen", woraus Kritiker dieser amerikanischen Metapher die "Achse der Blöden" entstehen ließen.

Die grafische Darstellung der A., etwa durch steinzeitliche Felsritzungen, ist eines der frühesten Ideogramme der Menschheit: Bereits im Mittelpaläolithikum (Achse vor 150000-50000 Jahren) entwickelte sich aus der Entdeckung des Kardinalpunktes durch Beobachtung der Gestirne die Vorstellung der Weltachse, die die beiden Kardinalpunkte (Ost/West) als Linie verbindet. Das auch in dieser Zeit entstandene Ideogramm des Linienkreuzes zeigt, dass bald die Vorstellung der senkrechten Weltachse hinzukam, die Oben und Unten verbindet und die Ost-Westachse in deren Mittelpunkt schneidet. Während die Konstruktion der horizontalen Achsen auf empirischer Beobachtung beruhte (Empfindungsfunktion), konnte die vertikale Weltachse nur aufgrund eines reinen Denkaktes erschlossen werden. Aus dem Zusammenwirken dieser beiden Orientierungsfunktionen des menschlichen Bewusstseins war die Chiffre kosmischer Orientierung und Ordnung entstanden: Aus dem Schnittpunkt beider Weltachsen erhielt die Welt einen Mittelpunkt, vier Himmelrichtungen, die sich in vier gleichen Winkeln ("rechten Winkeln"!) im Mittelpunkt treffen bzw. aus ihm entspringen; die Vierzahl, Archetyp der Ganzheit und materiellen Ordnung, manifestiert sich in den beiden Weltachsen, die als mathematisches Koordinatensystem jede Erdvermessung und kartographische Darstellung ebenso wie Darstellungen algebraischer Funktionen oder statistischer Erhebungen ermöglichen. Die senkrechte Weltachse im Mittelpunkt der Welt wird zur Weltsäule, die Ober- und Unterwelt verbindet. Bereits im Jungpaläolithikum wurden die zwei waagerechten Weltachsen mit der dritten, sich aus ihrem Schnittpunkt erhebenden, senkrechten Weltachse zweidimensional als 3 sich schneidende Linien dargestellt, woraus sich später als kosmisches Ideogramm die 6 Radspeichen entwickelten (vgl. die 2x6 Speichen des Zodiak), längst vor der praktischen Verwendung des Rades.

Interpretation: Bereits in ahd Zeit wird Achse – nach dem lat. Vorbild axis – auch übertragen verwendet im Sinne von "Erdachse, Himmelsgegend, Zentrum des Sternenhimmels".

Die Redewendung: "Auf Achse sein" macht deutlich, dass (pars pro toto?) "Achse" auch den Wagen (Auto) bzw. die Fortbewegung bezeichnete – oder als Zentrum der Fortbewegung angesehen wurde, was der symbolischen Bedeutung: "das, worum sich alle Dinge drehen" entspräche.

Weitere Bedeutungen sind: Die letzte Stütze aller Dinge; das Wesen allen Seins; die Richtschnur; als Weltachse Mittelpunkt von Raum und Zeit.

Die zentrierende und Beziehung herstellende Funktion der Achse kommt im psychischen Raum als Ich-Selbst-Achse zur Wirkung: als "die Mitte eines komplizierten Mit-und Gegeneinanders von Prozessen, die zwischen dem Unbewußten und dem dirigierenden Ganzheitszentrum auf der einen, dem Bewußtsein und dem Ich-Zentrum auf der anderen Seite spielen." (Neumann, 1980, S. 49) Als Basis des automorphen Selbstbewusstseins ist sie "eine zunächst unbewußte Erfahrung von der Übereinstimmung des individuellen Ich mit der Ganzheit seiner Natur, seiner Anlage, also letztlich mit dem Selbst." (Neumann, 1980, S. 47)

Literatur: Standard, König, M. (1981)

Autor: Rafalski, Monika