Heimat

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Keyword: Heimat

Links: Erde, Geburt, Eltern, Haus

Definition: Das Heimatgefühl ist das Gefühl, das mit dem Ort verbunden ist, der uns Heimat bedeutet.

Information: Das Heimatgefühl ist ein Gefühl des Vertrautseins, des Sichgeborgenfühlens, der Wärme, der Nähe, der Verwurzelung, der Liebe zu den vertrauten Gegenständen, der Sesshaftigkeit. Für das Wohlbefinden im Leben und in sich selber spielt dieses Gefühl eine große Rolle. Mit der heutigen Migration haben viele Menschen dieses Gefühl verloren und werden seelisch krank. Die Krankheit besteht nicht im Heimweh des Teenagers, der sein Welschlandjahr absolviert, erstmals fern des Elternhauses unter fremden Menschen. Der Verlust des Heimatgefühls geht oft mit einer tiefen Identitätskrise einher. Diese Leute haben oft ihre Heimat nicht völlig verloren, aber leben und arbeiten in einem fremden Land, mit fremder Sprache, fremden Sitten und fremder Kultur, unter fremden Menschen, möglicherweise anderer Hautfarbe. Wäre es nur ein vorübergehender Aufenthalt, so wären solche Leute vielleicht krank vor Heimweh, einer Sehnsucht nach der eigenen Heimat. Doch vielfach sind sie Entwurzelte, auf der Flucht oder auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen ohne Aussicht auf Rückkehr. Ihre Lebenskontinuität ist unterbrochen, der Lebensfaden abgerissen. Sie sind nicht mehr dort, auch wenn sie in den Ferien zurückkehren, und noch nicht hier. Sie können oder wollen sich nicht anpassen, integrieren, lernen die Sprache nicht, verkehren nur unter ihren Angehörigen und Landsleuten. Würden sie sich nur einpassen, was passiv ist, wie ein Chamäleon die Farben der Umgebung annehmen, so müssten sie ihre frühere Identität aufgeben. Ohne eine solche kann der Mensch nicht leben, denn er weiß nicht, ob er Fisch oder Vogel ist. Eine neue müsste er sich erst erwerben und das dauert seine Zeit. In dieser Zeit der Identitätslosigkeit ist er äußeren und inneren Einflüssen völlig schutzlos preisgegeben. Darum verfallen viele der Kriminalität oder der Prostitution. Obwohl der Begriff der Heimat angesichts der Globalisierung als Nationalismus verunglimpft wird, hat er für die seelische Gesundheit eine große Bedeutung.

Interpretation: Es gibt zwei Stadien von Heimatgefühl:

- ein persönliches, ortsgebundenes und

- ein allgemeines, archetypisches.

Das persönliche Heimatgefühl ist an die uns von der Jugend her vertrauten Örtlichkeiten und Personen gebunden. Sie sind mit lieben oder erschreckenden Erinnerungen verbunden. Diese machen einen wesentlichen Teil unserer Lebensgeschichte aus. Unsere Seele hängt an diesen. Am Anfang meiner Lehranalyse kamen viele Träume von diesen Örtlichkeiten, die mich anhielten, Unverarbeitetes von damals aufzuarbeiten. Als ich dann viele Jahre später an diesen Ort gewunderhalber zurückkehrte, war der Zauber von damals gewichen, vieles hatte sich inzwischen verändert, nicht zuletzt ich mich selbst. Keine Seele hing mehr dort, obwohl die Erinnerungen noch sehr lebhaft sind: die Participation mystique war durch die analytische Arbeit aufgelöst worden. Dabei habe ich sehr viele gute Erinnerungen an diese Örtlichkeiten, doch sind sie Bestandteil meiner Persönlichkeit geworden und hängen nicht mehr an Plätzen.

Das allgemeine und archetypische Heimatgefühl ist ganz anderer Art. Es hängt nicht an persönlichen Reminiszenzen, sondern kollektiven Signalen. Das ist der Grund, weshalb man sich in der Altstadt (neudeutsch City) wohl fühlt. In den engen Gassen mit den alten schiefen Häusern, deren jedes wieder anders ist. Mit ihren Erkern, in denen die Frauen Handarbeiten verrichteten und zugleich beobachten konnten, was in der Gasse läuft. Wo sich die Schweine in den Abwassergräben suhlten, denn es gab noch keine Kanalisation. Wo sich die Gasse verengte, um eine Ecke bog und in einen kleinen offenen Platz mündete. Wo sich Enge und Weite wohltuend abwechseln. Wo man sich gehalten und geborgen fühlt und die moderne Zivilisation mit ihrem Lärm und Gestank weit weg ist. Wo uns die Jahrhunderte, ablesbar an den Jahreszahlen über der Haustüre, umfassen.

Da fühlt sich die Seele zu Hause, denn sie hat die längsten Jahrhunderte in diesen Gemäuern und Gassen gelebt. Das ist ihr vertraut. Und auch der Rauch aus einem alten Holzofen ist ihr nicht Gestank. Sie liebt den etwas modrigen Geruch dieser Ecken und Gassen. Das bedeutet ihr Heimat, egal wo das auf der Welt ist. Das ist nicht an persönliche Jugenderinnerungen gebunden, sondern die Seele erinnert sich an ihr Vertrautes. Die Seele lebt in den Jahrhunderten. Nur wenn sie sich so ausbreiten kann, ist ihr wohl und bleibt sie gesund. Das entspricht ihrer Natur.

C. G. Jung schreibt als alter Mann in einem Brief (9. III 1959; Briefe III S. 238: "Müsste ich in einem fremden Land leben, so würde ich mir einen oder einige Menschen, die mir liebenswert erscheinen, aussuchen und mich ihnen nützlich erweisen, damit mir Libido von außen zukommt, wenn auch in einer etwas primitiven Form, wie zum Beispiel das Wedeln eines Hundes. Ich würde Tiere und Pflanzen aufziehen, die mir durch ihr Gedeihen Freude bereiten. Ich würde mich mit Schönheit umgeben - gleichviel, wie primitiv und einfältig - Gegenstände, Farben, Töne. Ich würde Gutes essen und trinken ".

Jung empfiehlt alle Dinge, die wieder ein Gefühl an den Menschen anschließen, die seiner Seele wohltun. Dasselbe ist es mit dem archetypischen Heimatgefühl. Diese Probleme werden sich wohl in der Zukunft mit der Migration noch verschärfen. Darum ist es wichtig, sie tiefenpsychologisch anzugehen aus einer intimen Kenntnis der Seele und nicht nur des Bewusstseins.

Literatur: Standard

Autor: Ribi, Alfred