Nabel

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Keyword: Nabel

Links: Bauch, Mitte, Nabelschnur, Selbst

Definition: Nabel (aus dem Ahd.) und Omphalos (griech.) gehen auf die indogermanischen Wurzeln nobh- und ombh- zurück und sind sprachverwandt mit der (Rad)nabe.

Information: Im Altertum hatte der Nabel kosmologisch eine magische und heilige Bedeutung als mythischer Mittelpunkt des Gesamtkosmos. In ihm berühren sich die drei kosmischen Ebenen: die obere Welt der Götter und Geister, die mittlere, irdische Welt und die Welt der Unterirdischen, der ToteNabel Der Nabel kann die Gestalt eines Steins, eines Berges, eines Tempels oder eines Baumes habeNabel In ihm fügen sich Immanenz und Transzendenz zusammeNabel Beispiele sind der Omphalos–Stein von Delphi, der „umbilicus urbis Romae“ auf dem Forum romanum in Rom und der Baum als imaginäre Weltachse der SchamaneNabel In der Bibel gilt der Berg Garizim als Nabel der Erde („Sieh, da kommen Leute vom Nabel des Landes.“ Ri. 9, 37). Der Stein, auf dem Jakob in der Wüste einschläft, ist der Ort der kosmischen Mitte, von dem aus über die Himmelsleiter die Verbindung zur göttlichen Welt hergestellt wird. Jakob nennt ihn „Bethel“ d. i. Haus Gottes. Der Nabel gilt als die Mitte des menschlichen Körpers (Mikrokosmos).

Interpretation: Sowohl Nabel (Omphalos) als auch Nabe symbolisieren die Mitte. Die biologische nährende Funktion der Nabelschnur wird ins Geistige übertragen; der Nabel ist gleichsam die Mitte, durch die sich eine Verbindung mit der Transzendenz (Makrokosmos) vollziehen kanNabel Die Vorstellung von der Geburt durch den Nabel identifiziert diesen mit dem weiblichen Schoß als Lebenszentrum. In der Meditation, die manchmal auch abfällig „Nabelschau“ genannt wird, findet eine Konzentration auf die Leibesmitte (N.) statt, die zu einem Einheitserlebnis (Aufhebung der Gegensätze) führen kann.

In sprachlichen Formulierungen klingt noch etwas von der Bedeutung des Nabel als Mitte nach, wenn auch in abwertender Konnotation. Sagt man z. B. von jemand „Er hält sich für den Nabel der Welt“, will man damit zum Ausdruck bringen, dass man ihn für egozentrisch und an Selbstüberschätzung leidend hält. Auch wenn jemand „Nabelschau“ betreibt, findet man, er sei weltabgewandt und egozentrisch.

In der Analytischen Psychologie kann der Nabel als Symbol der Mitte verstanden werden, als Ausdruck des Selbst. Beispiel: Eine Frau in mittlerem Alter imaginiert den „Ort, an dem sie sich sicher fühlt“: „Ich liege ausgebreitet auf einem flachen Stein. Ich schaue in den blauen Himmel über mir und spüre die verlässliche Sicherheit des Steines unter mir. Ich fühle mich in meiner Mitte und zugleich in der Mitte der Welt. Ich bin ganz ruhig."

Die Wirksamkeit dieses inneren Bild begleitete die Patientin in ihrer Therapie, in der es um die Aufarbeitung schwerster traumatischer Erlebnisse ging. Sie ermöglichte ihr immer wieder aufs Neue, ruhig zu werden, zu einem psychischen Gleichgewicht zu finden und Vertrauen zu fassen.

Literatur: Standard

Autor: Daniel, Rosmarie