Stall

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Keyword: Stall

Links: Analität, Haus, Höhle, Kuh, Schwein, Tier

Definition: Stall wurde ursprünglich von der Wurzel „sta“= stehen / Stand abgeleitet (germanisch „stalla“, altnordisch „stallr“= Sockel, Krippe). Stall bezeichnet den Standort, den Platz, die Stelle überhaupt, wie auch den Standort, „Stell“platz des Viehes, Behausung der Nutztiere (wie Kühe, Pferde, Schafe, Ziegen, Geflügel usw.) im Winter oder über Nacht, die vom Menschen traditionell zur landwirtschaftlichen Nutzung und zur Erzeugung von Nahrungsmitteln auf Bauernhöfen gehalten wurden.

Information: Der Stall war zunächst, wie die Urform der Scheune, nur eine umpfählte Hürde oder Pferch. Wegen der gemeinsamen Funktion des Bergens haben sich im Volksglauben viele Züge erhalten, die für Stall und für Scheune zutreffen, z. B. auch als Aufenthaltsort von Dämonen und Geistern. Als gute Geister bringen die Zwerge und „Stalloberchen“ dem Vieh Glück und Gesundheit. Hexen, wie aber auch böse Dämonen hingegen entziehen dem Vieh die Milch oder bringen Krankheit und Unglück, gegen die nur Heil- und Abwehrzauber hilft.

Interpretation: Der dunkle, bergende Stall ist nach C. G. Jung wie die Höhle ein Geburtsort, der mit der Symbolik des Mutterschoßes in Verbindung steht. (Jung, GW; Bd. 5 § 579)

Das bekannteste Beispiel für die Geburt im Stall ist die Geburt Jesus im Lukasevangelium der Bibel. Zwischen Tieren in einem Stall geboren zu werden könnte bedeuten, im Tierreich geboren zu sein, „niedrig“ wie die Tiere, als Mensch seine animalische Seite nicht zu verdrängen, nicht vergessen, dass wir aus der Tierwelt stammen, aber auch die Polarität, Jesus als Symbol des Selbst wurde in einem Viehgehege geboren. (Jung „Seminare Kinderträume“ S. 470) Die Stallgeburt kommt häufig in Tierfabeln vor, gelegentlich auch in Heldengeschichten: Im Mythos der Basuto wird geschildert, wie ein Ungeheuer alle Menschen verschlungen hat und nur eine Frau übrig bleibt, die in einem Stall den zukünftigen Helden gebärt. (Frobenius zitiert nach Jung Bd. 5, § 291, Fußnote 52)Der Stall, als Geborgenheit und Sicherheit spendender, magischer Ort für Vieh und Mensch wird gleichzeitig mit den Ausscheidungen, dem Mist (Analität, Kot) der Tiere in Verbindung gebracht. Kommen die Menschen, welche für die Versorgung der Tiere zuständig sind, ihrem Auftrag nicht nach „auszumisten“, so kann sich wie in den Ställen des Augeias, dem Sohn des Sonnengottes, eine Unmenge von Mist anhäufen. Eine der zu lösenden Aufgaben von Herakles war es, diese Ställe an einem Tag zu reinigen, was er dadurch bewältigte, fsdd er die Grundmauer des Gehöftes öffnete und zwei Flüsse durch die Ställe leitete.

Der Held in Mythen, der seinem Wesen nach ein Kulturerneuerer ist, wird häufig gezwungen, Veraltetes, Verdorbenes, Staub und Schmutz vergangener Zeiten zu beseitigen, was verstanden werden kann, eigene Dunkelseiten als zur eigenen Persönlichkeit gehörig anzuerkennen und somit Schattenaspekte zu integrieren. Gelegentlich kommt dieses Motiv auch in Märchen vor, hier muss die Heldin die Höhle einer Riesin auszumisten.

In den schwedischen Kindergeschichten über den Zwerg „Tomte Tommetot“, der das Vieh im Stall bewacht, wurde die winterliche „Stall-Atmosphäre“ von Astrid Lindgren zauberhaft festgehalten und vermittelt Kindern auch heute noch „Stallwärme“ („Tomte Tommetot“ und „Tomte und der Fuchs“) und Erinnerungen an vergangene Zeiten, während Ställe in unserer gegenwärtigen Gesellschaft immer mehr zu Nahrungsmittelfabriken werden. Der Stall als Stellplatz bspw. von Kühen wird einerseits mit ursprünglicher instinkthafter animalischer Wärme, Sicherheit und Geborgenheit („Stallwärme“), dem archaisch mütterlichen Raum in Verbindung gebracht, andererseits aber auch mit den Ausscheidungen, dem Mist der Tiere, dem „Verdauten“, Veralteten, Verdorbenen, von dem man sich trennen muss. In Träumen ist der Stall meist der Ort der tierhaften, animalischen Seite, der Trieb- und Instinktseite des Menschen. Wege oder Treppen führen, häufig auch als Abstieg ins Erdreich, hinein, wo sich Tiere z. B. in unterirdischen Höhlen befinden, die vom Träumer neu entdeckt und versorgt werden müssen. Eine junge Frau entdeckte bspw. nach einem unheimlichen Treppenabstieg zu ihrer Überraschung einen hellen Schweinestall, indem ein Schwein mit einem festen Panzer, der an ein Gürteltier erinnerte, gut versorgt lebte. Nicht immer sind die in ihren Ställen aufgefundenen Tiere im Träumen jedoch in einem guten Zustand:Eine Jugendliche träumte: „Lange Zeit habe ich neugeborene Kaninchen nicht gefüttert und deren Stall nicht ausgemistet. Mir wurde gesagt, sie kämen einen Winter auch ohne Pflege aus und die Starken würden überleben. Mir ist nicht wohl bei der Vorstellung, die Ställe sauberzumachen, da ich Angst habe vor den ausgehungerten Tieren, aber auch davor, die toten Kaninchen, die nicht überlebt haben, zu entfernen. Ich besorge große Kästen für die zum Glück quietschlebendigen Tiere, stelle sie ins Freie und versorge sie mit Heu, frischem Gras und Kräutern. Die Kaninchen waren braun, weich und sehr lebendig.“

Literatur: Standard

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette